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Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)

Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)

Titel: Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Reddas
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Er muss unglaubliche Schmerzen haben, was auch seine schwere Atmung und sein verschwitztes Gesicht zeigt. Dennoch muss ich jetzt wenigstens die Wunde versorgen, ich kann ihn jetzt nicht einfach so hier sitzen lassen. Also atme ich tief durch und schnappe mir dann das Desinfektionsspray und ein paar Taschentücher. Zum Glück blutet die Wunde nicht wieder so stark, aber ein bisschen tut sie es, weswegen ich erst einmal ein Taschentuch drauf drücke und kurz warte, hoffe, dass es die Blutung etwas stillt, auch wenn mein Gegenüber deswegen gepeinigt aufstöhnt. Mir tut es ja leid, aber das muss sein, er soll nicht noch mehr Blut verlieren!

    Nach kurzer Zeit nehme ich dann auch schon das Taschentuch runter und bin froh, dass es tatsächlich wieder mit bluten aufgehört hat. Zufrieden entferne ich also das restliche Blut um die Wunde herum und sprühe dann etwas von dem Desinfektionsspray auf die Verletzung, was Tom wieder aufkeuchen lässt. „Die Kugel war nicht mal weit drin, ich will gar nicht wissen, wie es ist, einen Schulterdurchschuss zu haben, oder einen, der weiter rein geht!“, beißt er sich auf die Lippen und scheint sich von dem Schmerz ablenken zu wollen, was ich beim besten Willen nachvollziehen kann. Ich sage dennoch nichts darauf, mir ist es ja auch mehr als unangenehm, dass ich ihm die Verletzung zugefügt hab, auch, wenn es nicht mit Absicht war. Nachdem ich die Wunde desinfiziert hab, wickle ich noch den Verband um die Schulter und Brust, damit er richtig hält, und sehe dann zufrieden auf mein Werk an. Ich denke, das sollte erst mal reichen und auch halten! „Danke!“, lächelt Tom mich schwerfällig an, hat schon wieder einige Schweißperlen auf der Stirn stehen, die ich mit einem Taschentuch abtupfe und dann meine Hand an seine Stirn lege. Er hat ziemliches Fieber … Ich reiche ihm die Schmerztabletten und den Orangensaft von gestern Abend, worauf Tom auch gleich zwei Tabletten herausholt und sie runterschluckt, mit dem Saft nachspült und sich etwas zurücklehnt. „Die sind auch fiebersenkend, dürfte dir also hoffentlich bald besser gehen!“, teile ich ihm mit, während ich wieder alles zusammenpacke und hinter den Beifahrersitz lege, damit wir es griffbereit haben, sollten wir das Zeug nochmal brauchen. „Ja, danke“, lächelt Tom wieder und sieht mich abermals lächelnd an. Aber ich schüttle den Kopf … „Du musst dich nicht dafür bedanken, immerhin hab ich dich angeschossen!“, brumme ich beschämt und steige wieder aus dem Auto. „Ja und ich habe dich hier rein gezogen!“, ist Toms Antwort und er steigt ebenfalls aus. Natürlich hat er recht, aber abgesehen davon, dass er anscheinend nichts dafür kann, bezweifle ich, dass er es wollte, mich hier rein zu ziehen. „Das lässt sich nicht mehr ändern! Wir sind quitt!“, antworte ich trocken und schaue kurz auf seine Schulter, ehe ich das Auto die letzten fünf Meter zur Tankstelle neben eine Zapfsäule befördere und schon mal tanke, während Tom auf mich zugewankt kommt, wieder mit Schweißperlen, die auf seiner Stirn funkeln. Ich weiß nicht, was gerade los ist, aber das geht mir gerade zu sehr in die falsche Richtung. Ich will jetzt nicht drüber reden, dass ich ihn mittlerweile nett finde und dass er mir leidtut und alles.

    Ich weiß nicht, wieso, aber es ist im Moment so, dass ich mich da einfach nur in die Ecke gedrängt fühle. Ich will bestimmen, wann wir emotionale Gespräche führen und nicht er! Ich weiß, dass es egoistisch klingt, aber ich hab mindestens genauso sehr an der Situation zu knabbern, wie Tom ...„Ich geh bezahlen!“, murmelt er neben mir, als ich den Zapfschlauch wieder herausziehe und an die dafür vorgesehene Halterung hänge. Er gibt mir nicht mal den Hauch einer Chance etwas zu erwidern, denn er ist schon in der Tankstelle verschwunden. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat mit seiner Verletzung regelrecht zu hasten, aber er hat es ...Seufzend lasse ich mich wieder auf den Fahrersitz fallen und starre durch die Windschutzscheibe, auf den kleinen Rand der Motorhaube, den ich von hier aus sehen kann. Ich fühle mich gerade so scheiße ...Tu ich ihm Unrecht? Sollte ich offener sein und bei Gesprächen auch mal auf ihn eingehen? Gesprächen, die er anfängt? Eigentlich ja, aber ich kann das irgendwie nicht. Ich hab das Gefühl, als sei ich dann ein kleiner Junge, der Scheiße gebaut und was zu verbergen hat. Ich hab gewiss nichts zu verbergen, aber eben genauso einengend und erdrückend fühlt

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