Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)
richtig. Ich meine, wieso lassen sie das alles einfach so zu? Dass sie wahrscheinlich auch Angst vor denen haben, kann ich verstehen, aber es kann doch nicht unmöglich sein, was gegen die Großeltern zu machen!? Sie haben doch schon einen Sohn verloren, wollen sie den Zweiten auch noch verlieren? Ich bezweifle es, denn eigentlich machten sie einen wirklich netten Eindruck ...Ich weiß es nicht und werde durch meine Gedanken da jetzt wohl auch nicht weiterkommen, weshalb ich mich dazu entschließe, mir darüber jetzt keine weiteren Gedanken zu machen. „Was soll ich dazu sagen? Es tut mir unglaublich leid, was passiert ist, aber na ja ... Vielleicht wird ja jetzt alles besser?! Hast du eine Ahnung, was wir jetzt überhaupt machen können? Ich meine, wir können ja nicht ewig wegrennen!“, wende ich mich also wieder an Tom, während ich weiter mit etwa 200 km/h über die Autobahn fege.
Im Augenwinkel kann ich Tom mal wieder den Kopf schütteln sehen und ihn seufzen hören. „Ich weiß nicht. Ich dachte, dass wir wie gesagt erst mal Richtung Süden fahren, wo es ein bisschen wärmer ist und dort dann weiter schauen, vielleicht eine Weile an einem Ort bleiben, bis sich irgendwas tut. So leicht dürften sie uns ja nicht mehr finden, jetzt, wo der Peilsender weg ist. Wenn Fabio auch noch wirklich ausgeschaltet ist, dann wäre es natürlich am besten“, murmelt er und hält seine Schulter noch immer so, dass sie nichts berührt. „Du meinst, ich hab ihn vielleicht umgebracht?!“, frage ich geschockt und muss aufpassen, dass ich vor Schreck keinen Unfall baue. Ich wollte den nicht umbringen! „Nein … Nein, ich denke nicht, dass du ihn umgebracht hast, aber möglich ist es! Barry, mach dir keine Gedanken! Selbst wenn er tot ist, er wollte uns umbringen und hat schon viele Menschen umgebracht, also brauchst du dich so oder so nicht schämen, oder traurig sein oder dir Gedanken machen!“, versucht mich Tom zu trösten. Mit einem kurzen und kritischen Blick mustere ich ihn einen Moment, lüpfe dabei mehr als ein bisschen meine Augenbraue, was Tom sofort versteht. Beschämt senkt er seinen Kopf und seinen Blick und murmelt ein kaum verständliches „Ich weiß, dass ich nicht besser bin ...“Sofort tut es mir wieder leid, weshalb ich noch mal auf den Standstreifen fahre und kurz anhalte. Besorgt schaue ich zu meinem Beifahrer rüber, der noch immer nicht seinen Blick wieder gehoben hat und nervös seine Finger knetet, auch wenn das wahrscheinlich seine Verletzung wieder mehr schmerzen lässt. „Hör zu, Tom! Du sagtest selber, dass du das nicht wolltest! Ich weiß zwar genauso, dass es dir wirklich kaum was ausmacht, Menschen umzubringen, aber das ist doch genauso wie dein Umgang mit anderen Leuten! Du kannst nichts dafür, du bist da so rein gewachsen! Dennoch musst du zusehen, dass du dich in der Hinsicht änderst! Du musst lernen, dass man nicht einfach so Menschen umbringen kann bzw. sollte! Alle haben genauso Familie und Freunde wie ich und du! Du weißt wohl spätestens seit deinem Bruder, dass so ein Verlust nicht schön ist und echt fertigmachen kann! Außerdem haben die Leute sich am Ende schon so viel aufgebaut und sind glücklich und werden dann für nichts umgebracht! Du musst den Wert der Menschen mehr sehen und nicht einfach irgendwelche Gegenstände oder so was in der Art, in ihnen sehen!“, erkläre ich Tom und warte nicht mal mehr auf eine Antwort, ehe ich wieder das Auto starte und auf die richtige Spur wechsle.
Wir fahren schon wieder ein paar Minuten, als Tom doch wieder den Mund aufmacht und erst seufzt, bevor er anfängt zu reden. „Ich weiß, dass Menschenleben wertvoll sind. Ich weiß eine Seele zu schätzen und weiß auch, dass es wehtut, jemanden zu verlieren. Ich nehme das schon längst nicht mehr auf die leichte Schulter jemanden umzubringen, aber ich hab gelernt, die Menschen in meinem Umkreis mehr zu schätzen, als die, die mir unbekannt sind“, versucht er sich zu rechtfertigen und starrt danach stumm auf die Straße, hat anscheinend nicht vor weiter zu reden und sich weiter zu erklären. „Ja und das heißt, dass du letztendlich ein Menschenleben nicht zu schätzen weißt! Nicht nur die Leute, die du kennst, sind wertvoll! Für dich mögen sie nicht wertvoll sein, aber für andere sind sie das und dann musst du dich rein versetzen können, wie es ist, jemanden zu verlieren. Du weißt, wie das ist, nur musst du das auch begreifen!“, antworte ich ihm also wahrheitsgemäß und
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