Reid 2 Die ungehorsame Braut
deren Interesse augenscheinlich geweckt war. »Zumindest meine ich mich daran erinnern zu können.«
»Ich mag Naturburschen nicht so sehr«, antwortete Edith grinsend. »Ich sehe mich eher als Blaustrumpf.«
Stimmt, du würdest lieber die Nase in ein Buch stecken, statt zu einer Feier zu gehen«, zog Jane sie auf.
Und was dich betrifft, Edith, du solltest dich verstärkt um Lord Paisleys Aufmerksamkeit bemühen«, merkte Ophelia an. Sein Vorname ist mir entfallen, aber ich erinnere mich noch wie er mit seiner Bibliothek geprahlt hat, die mehr als dreitausend Bücher umfasst. Er meinte, er hätte wegen der vielen Werke extra anbauen lassen müssen.«
»Machst du Witze?«, empörte Edith sich mit weit aufgerissenen Augen.
»Wo denkst du hin? Ich hatte den Eindruck, dass er um die halbe Welt gereist ist, wann immer er von einem Buch in einem fremden Land gehört hat, das ihn interessierte.«
»Außerdem hat er einen hellen Teint, der gut zu dir passen würde, meine Liebe«, kicherte Jane.
»Weißt du, Pheli«, platzte es aus Edith heraus. »Ich hätte nie gedacht, dass... Hoppla, entschuldige bitte, der Name ist mir so rausgerutscht.«
»Schon in Ordnung«, versicherte Ophelia ihr. »Mein alter Spitzname stört mich nicht mehr.«
»Nein?«, meinte Jane und runzelte nachdenklich die Stirn. »Du hast dich verändert, Ophelia, und wie. Ernsthaft, ich habe dich noch nie so...«
»... entspannt erlebt«, beendete Edith den Satz an ihrer statt. »Mir geht es nicht anders. Auch auf die Gefahr hin, dass du mich vor die Tür setzt, aber ich freue mich über die neue Ophelia. Wer hätte je gedacht, dass du uns dabei behilflich sein würdest, geeignete Ehemänner zu finden? Fast wie eine beste..,«
Edith unterbrach sich und lief rot an. Das Wort Freundin hing unausgesprochen in der Luft. Ophelia war nicht minder beschämt. Schließlich hatte Rafe die ganze Zeit über recht gehabt. Die Verbitterung, die sie früher mit sich herumgetragen hatte, hatte sie zu einer Egoistin gemacht und sie davon abgehalten, sich den beiden zu nähern. Sie hatte stets ihren Reaktionen misstraut. Je intensiver Ophelia darüber nachdachte, desto mehr wurde ihr bewusst, dass die beiden im Grunde sehr liebenswürdige Menschen waren und sie ihnen nur nie eine echte Chance gegeben hatte. Bei Gott, was sie alles in ihrem Leben verpasst hatte - Freunde in die Flucht zu schlagen, damit sie sie nicht verletzen konnten, womit sie sich letzten Endes nur selbst ein Bein gestellt hatte.
Kapitel fünfundvierzig
I hr Gemahl ist hier und möchte Sie sprechen«, verkündete Sadie von der Tür her.
Die beiden Mädchen saßen mittlerweile bei Ophelia auf dem Bett. Gemeinsam hatten die drei eine Liste möglicher Kandidaten für Jane und Edith zusammengetragen. Die Stimmung war gut, es wurde viel gelacht. Es war lange her, dass Ophelia sich so köstlich amüsiert hatte.
Zwei von den drei Mädchen dachten bei Sadies Ankündigung daran, welch netten Klang das Wort Gemahl doch hatte, während sich Ophelias Laune schlagartig verschlechterte. Sie versuchte, ein freundliches Gesicht zu wahren, als ihre Freundinnen davonbrausten, um den Frischvermählten etwas Privatsphäre zu gönnen.
Ophelia ließ sich bewusst mit dem Ankleiden Zeit und beachtete Sadie, die sie zur Eile antrieb, erst gar nicht. Sie fand es angemessen, Rafe ein wenig schmoren zu lassen. Von ihr aus konnte er warten, bis er schwarz wurde. Es war schockierend, wie schnell ihre Wut sich wieder zurückgemeldet hatte. Ihr war, als könnte sie einfach nichts dagegen unternehmen.
»Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass Ihre Mutter wieder ins Bett gegangen ist«, merkte Sadie an, als sie Ophelia zur Tür hinausschob. »Ich habe gehört, sie sei heute Morgen auf dem Kriegspfad gewandelt, wegen der jüngsten Ereignisse.«
»Was für ein Blödsinn«, schnaubte Ophelia und blieb am oberen Treppenabsatz stehen. »Meine Mutter wandelt nie auf Kriegspfaden.«
»Dieses Mal schon, und Ihr Herr Vater hat sogar einen Rück-zieher gemacht, ob Sie es glauben oder nicht. Jerome hat an der Tür gelauscht. Er schwört, dass es so war.«
Ophelia glaubte Sadie dennoch nicht. Schließlich war besagter Jerome dafür bekannt, seine Geschichten auszuschmücken, um sich interessanter zu machen. Aber ihr stand nicht der Sinn danach, sich mit Sadie zu streiten, weil Rafe im Salon auf sie wartete. Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass er gekommen war, um sie zu holen. Jetzt, wo sie verheiratet waren,
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