Reid 2 Die ungehorsame Braut
dieser Erfahrung in Zukunft die Finger von ihr lassen?
»Wir werden bald wieder im Nest sein«, fügte er hinzu. »Aber ich muss Sie warnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es meiner Schwester verborgen bleibt, wer bei mir zu Gast ist, strebt gegen Null.«
»Sie haben es ihr nicht gesagt?«
»Ich habe mir größte Mühe gegeben, es vor ihr zu verheimlichen.«
»Weshalb? Wollten Sie, dass es ein Geheimnis bleibt?« »Nein. Es ist nur so, dass sie es vermutlich nicht versteht.«
»Dass Sie jemandem wie mir helfen wollen?«
»Nein, dass ich Sie noch nicht zu meiner Liebhaberin gemacht habe. Sie wird denken, ich hätte meine Wirkung auf Frauen eingebüßt.«
Ophelia lehnte sich zurück und bedachte ihn mit einem neugierigen Blick. »Dass Sie mich aber auch immer aufziehen müssen.«
»Wie kommen Sie denn darauf, dass ich Sie aufziehe?« Er warf ihr einen verschmitzten Blick zu. »Habe ich bereits erwähnt, dass ich eine hervorragende Methode kenne, damit Sie Ihren Hunger vergessen?«
Ophelia brach in schallendes Gelächter aus.
Kapitel einundzwanzig
D a seid ihr ja«, sagte Esmeralda ermahnend, als Raphael und Ophelia gemeinsam den Salon betraten. »Wer kommt nur auf die Idee, ausgerechnet bei solch einer Witterung eine Fahrt ins Blaue zu unternehmen? Wenigstens seid ihr zeitig zurückgekommen. Wir haben eigens mit dem Abendessen auf euch gewartet.«
Raphael lächelte seine Tante an, als sie sich erhob und in Richtung Speisezimmer ging. Wie putzig von ihr, Ophelias misslungene Flucht wie einen harmlosen Ausflug aussehen zu lassen. Er fürchtete nur, dass seine Schwester eine ganz andere Meinung vertrat. Amanda, die neben Esmeralda auf dem Sofa gesessen hatte, wirkte, als wäre sie zu Stein gefroren, und starrte Ophelia mit weit aufgerissenem Mund an.
Doch Ophelia schien derartige Reaktionen gewohnt zu sein, denn statt Amandas Mienenspiel zu kommentieren, sagte sie lediglich: »Hallo, Amanda. Wie nett von Ihnen, uns einen Besuch abzustatten.«
Amanda schien gar nicht bewusst zu sein, dass sie Ophelia förmlich angaffte. Raphael seufzte innerlich.
»Wie wäre es, wenn ihr beiden schon mal vorginget?«, sagte er, an seine Tante gewandt. »Da Phelia der Magen bis zu den Kniekehlen hängt, könnt ihr ruhig schon anfangen. Mandy und ich kommen gleich nach.«
Obwohl Ophelia gar nicht mehr im Raum war, starrte Amanda noch immer auf die Tür zum Speisezimmer. Raphael rollte mit den Augen und sagte: »Welch ein Glück, dass es um diese Jahreszeit keine Fliegen im Haus gibt.«
»Was?«, erwiderte Amanda, sprang auf die Füße und rief voller Entrüstung: »Gütiger Gott, Rafe. Ich liebe dich wie keinen anderen, aber das wäre doch nun nicht nötig gewesen, nur um mir zu helfen.«
Jetzt war es an Raphael, eine ungläubige Miene zu ziehen. Mit einer solchen Reaktion hatte er nun wahrlich nicht gerechnet. »Meine Liebe, ich würde alles tun, um dir zu helfen -vorausgesetzt, du hast Hilfe nötig. Aber ich habe keinen blassen Schimmer, wovon du da faselst.«
Mit einem Stirnrunzeln antwortete Amanda: »Da steckt also doch mehr dahinter, nicht wahr?«
»Ich verstehe noch immer nicht.«
»Na ja, das liegt doch auf der Hand. Du hast dieses Scheusal nach Alder’s Nest eingeladen, damit ich freie Bahn habe. Damit ich eine faire Chance habe, einen geeigneten Ehemann zu finden, ohne mit ihr konkurrieren zu müssen.«
Raphael schüttelte den Kopf. Die Art und Weise, wie das weibliche Gehirn zu funktionieren schien, erstaunte ihn immer wieder aufs Neue.
»Mandy, denk doch mal einen Augenblick darüber nach, was du gerade gesagt hast. Was wäre das denn für ein Kandidat, der sich von dir abwenden würde, sobald Ophelia in Erscheinung tritt? Möchtest du solch einen charakterschwachen Mann wirklich heiraten?«
»Nein, natürlich nicht, aber...«
»Kein Aber.«
»Es gibt Dinge, die einen Mann wider jeglichen Verstand in Versuchung bringen. Und diese Person gehört dazu.«
Nur zu gern wäre Raphael richtig in die Diskussion eingestiegen, entschied sich jedoch bewusst dagegen, weil er nur zu gut wusste, wie verführerisch Ophelia sein konnte. »Mag sein. Ich finde jedoch, du solltest wissen, ob ein Mann derart wankelmütig ist, ehe du ihn vor den Altar schleifst.«
»Vor den Altar schleifen?«
»Du weißt genau, was ich meine. Bevor er dir einen Antrag macht. Bevor du dich in ihn verliebst.«
Amanda warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. »Das wäre gar kein schlechter Test, nicht wahr?«
Raphael verdrehte die Augen
Weitere Kostenlose Bücher