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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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üppigen Summe, die ich für das Zimmer berappe, 14,50 Pfund für ein Spiegelei und einen Haferkeks hinlegen soll?«
    Er gab zu, daß das im wesentlichen zutreffe. Da widerrief ich meine Bestellung und bat statt dessen um eine Tasse Kaffee. Also, ehrlich.
    Vielleicht lag es daran, daß mein Glück so plötzlich so früh getrübt und ich grantig wurde, oder an dem tröpfelnden Regen, jedenfalls sah Edinburgh bei Tageslicht nicht halb so schön aus wie am Abend zuvor. Nun schleppten sich die Leute mit Schirmen durch die Straßen, und die Autos zischten so durch die Pfützen, daß es gereizt und ungeduldig klang. Die George Street, das Herz der New Town, bot mit ihren Statuen und imposanten Plätzen einen fraglos feinen, wenn auch feuchten Anblick. Doch bei weitem zu viele georgianische Gebäude waren durch moderne Fassaden grob verschandelt worden.
    Auf der Suche nach einem Café oder Bistro, in dem ich frühstücken konnte, landete ich schließlich wieder in der Princes Street. Auch sie schien sich über Nacht verändert zu haben. Als gestern hier die Werktätigen hindurchgeeilt waren, hatte sie betörend vital gewirkt, richtig aufregend, aber jetzt im faden Licht des Tages kam sie mir nur lustlos und grau vor. Ich schlurfte daher, doch mit Ausnahme von ein paar wahrhaft trübseligen Billigläden für Strickwaren, wo die Sachen anscheinend mit Fallrückzieher auf die Theken gekickt worden waren oder spontan aus Mülleimern krabbelten, hatte die Princes Street nichts als die üblichen Kettenetablissements zu bieten – Boots, Littlewoods, Virgin Records, British Home Stores, Marks & Spencer, einen Burger King und ein McDonald’s. Was in der Stadtmitte fehlte, war eine ehrwürdige, allseits beliebte Institution wie zum Beispiel ein Kaffeehaus oder ein Tea Room, jedenfalls ein Lokal mit Zeitungen an Holzstangen, Topfpalmen und vielleicht einer kleinen, dicken Lady, die Klavier spielte.
    Ungeduldig und verdrossen ging ich schließlich in einen vollen McDonald’s, wartete hundert Jahre in einer langen, unordentlichen Schlange, in der ich noch ungeduldiger und verdrossener wurde, und bestellte dann eine Tasse Kaffee und ein Egg McMuffin.
    »Wollen Sie eine Apfeltasche dazu?« fragte der picklige Jüngling, der mich bediente.
    »Verzeihung«, sagte ich, »sehe ich aus, als hätte ich einen Hirnschaden?«
    »Wie bitte?«
    »Korrigieren Sie mich, wenn ich unrecht habe, aber ich habe keine Apfeltasche bestellt, oder?«
    »Hm … nein.«
    »Na also. Oder sehe ich so aus, als litte ich an einer Geisteskrankheit, die es mir unmöglich macht, eine Apfeltasche zu bestellen, wenn ich eine wollte?«
    »Nein, wir soll’n eben nur jeden danach fragen.«
    »Dann sind Sie also der Auffassung, in Edinburgh hätten alle einen Dachschaden?«
    »Wir soll’n bloß alle fragen.«
    »Gut, ich will aber keine Apfeltasche, und deshalb habe ich auch keine bestellt. Wollen Sie sonst noch etwas wissen, das ich nicht will?«
    »Wir soll’n bloß alle fragen.«
    »Wissen Sie noch, was ich möchte?«
    Verwirrt schaute er auf seine Kasse. »Hm, ein Egg McMuffin und eine Tasse Kaffee.«
    »Glauben Sie, ich kriege es heute morgen noch, oder sollen wir uns noch ein bißchen unterhalten?«
    »Schon gut, ich hole es sofort.«
    »Danke schön.«
    Also wirklich.
    Danach war ich nur ein winziges bißchen weniger verdrossen, und als ich das McDonald’s verließ, regnete es in Strömen. Ich hechtete über die Straße und flüchtete intuitiv in die Royal Scottish Academy, einen noblen pseudohellenistischen Bau, zwischen dessen Säulen Banner hingen, wodurch er ein wenig wie ein verlorener Außenposten des Berliner Reichstags aussah. Ich entrichtete 1,50 Pfund für eine Eintrittskarte, schüttelte mich wie ein Hund trocken und schlurfte hinein. Sie hatten ihre Herbstausstellung oder vielleicht ihre Winter-ausstellung, oder vielleicht war es auch ihre Jahresausstellung. Ich konnte es nicht erkennen, weil ich keine Schilder sah und die Bilder mit Nummern bezeichnet waren. Um herauszufinden, was was war, hätte man zusätzlich 2 Pfund für einen Katalog hinblättern müssen – was mich, ehrlich gesagt, ärgert, wenn ich mich gerade schon von 1,50 Pfund getrennt habe. (Der National Trust pflegt diese Unsitte auch. Er versieht die Pflanzen und Bäume in seinen Parks und Gärten mit Nummern, so daß man einen Katalog kaufen muß, wenn man wissen will, wie sie heißen. Übrigens ein Grund, warum ich mein Vermögen nicht dem National Trust vererbe.) Die Ausstellung

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