Reigen des Todes
die Moravec von ihrer uncharmanten Seite kennen. Sie fuhr ihm mit einigen bissigen Bemerkungen über den Mund, wünschte ihm einen schönen Abend sowie viel Vergnügen und ließ ihn wie einen dummen Buben vorm Eingang der Kunstschau stehen. Sie erinnerte sich noch an seine großen Augen, mit denen er sie wie ein waidwund geschossenes Tier ansah. Seit damals hatte sie nichts mehr von ihm gehört. In dieser misslichen Lage hatte Steffi die rettende Idee. Sie musste den Hansi Popovic finden. Schließlich hatte er ihr nach dem letzten Zusammensein einen Heiratsantrag gemacht. Damals war sie in der glücklichen Lage gewesen, ihn ablehnen zu können. Nun war die Situation eine andere. Steffi sehnte sich danach, für den Hansi das liebende Eheweib zu spielen. Mit ihm in einer kleinen Wohnung in der Vorstadt zu leben, ihm in der Früh Kaffee zu kochen, untertags die Wohnung in Schuss zu halten und ihm am Abend, wenn er hungrig heimkäme, ein anständiges Papperl 56 auf den Tisch zu stellen. Davon träumte sie nun. Und da ihr klar war, dass Träumen alleine nicht ausreichte, erinnerte sie sich, dass er ihr bei dem Tête-à-tête im Hotel Orient von seiner Arbeit bei einem Produzenten von pikanten Filmen erzählt hatte. Auch den Namen der Firma hatte er ihr gesagt, doch der fiel ihr partout nicht ein. Deshalb besuchte sie nach Dienstschluss eine Café-Konditorei. Sie bestellte sich eine Melange und einen Apfelstrudel. Hungrig verschlang sie die gebotenen Genüsse und blätterte wie besessen in den Zeitungen, die hier auflagen. Schließlich fand sie unter der Rubrik Kinematografen eine Vorstellung, die pikante Herrenabend-Films der Firma Saturn ankündigte. Steffi fragte nun den Ober, ob es hier in der Café-Konditorei auch einen Lehman – ein Adressverzeichnis – gäbe.
»Selbstverständlich, gnädiges Fräulein«, schnurrte der Ober. Die erotischen Reize der Moravec wirkten auch bei ihm. Kurze Zeit später brachte er ihr aus dem Büro seines Chefs das gewünschte Nachschlagewerk, wo sie die Adresse von Hansis neuem Arbeitgeber fand: Wien III, Fasangasse 49. Alles Weitere war nun ein Kinderspiel …
VIII/3.
Der Exleutnant war in Feierlaune. Schließlich war gestern Abend die Steffi Moravec plötzlich im Atelier der Saturn-Film gestanden. Zuerst hatte er an eine Halluzination geglaubt. Als die Steffi ihm aber scheu die Hand gereicht, »Servus, Hansi« gesagt und ihm ein zartes Busserl auf die Wange gegeben hatte, wusste er, dass das kein Traum war. Stolz nahm er sie bei der Hand und stellte sie seinem Chef, dem Johann Schwarzer, vor. Der fand sie äußerst sympathisch und erlaubte ihr, im Atelier zu bleiben.
»Allerdings nur, wenn sich das Fräulein Moravec nicht sittlich gefährdet fühlt. Denn wir machen hier sehr freisinnige Kunst-Films.«
Die Moravec, um keine Antwort verlegen, bemerkte trocken: »Glauben S’, ich hab noch nie nackerte Manns- oder Weibsbilder gesehen?«
»O, das Fräulein hat Erfahrung. Gratulation, Popovic! Mit gschamigen Weibern hat man eh keinen Spaß …«
Nach Drehschluss hatte Hansi Popovic die Steffi in ihr Quartier begleitet und ihr geholfen, die Koffer zusammenzupacken. Dann gingen sie zu seiner Wohnung, wo sie eine wunderbare Nacht miteinander verbracht hatten. In der Früh begab sich die Moravec noch einmal in das Café der Kunstschau, um dort zu kündigen und sich den Rest ihres schwer verdienten Lohns auszahlen zu lassen. Popovic hingegen lockte das schöne Wetter in den Prater, wo er schließlich in der Gastwirtschaft ›Zum wilden Mann‹ landete. Das Leben war einfach schön! Und weil es so schön war, trank er zwei Krügeln Bier und stieg danach auf vollmundigen Vöslauer Rotwein um. Davon hatte er nun auch schon vier oder fünf Gläser genossen, weswegen er schließlich das Pissoir aufsuchen musste. Sein Erlebnis dort erinnerte ihn daran, dass er nun etwas essen musste. Natürlich lud er auch seinen neuen Bekannten, den Schöberl, auf eine Mahlzeit ein. Da dieser schon zu Mittag gegessen hatte, bestellte er sich etwas Süßes, und zwar gebackene Mäuse 67 . Popovic hingegen verzehrte mit einem Riesenappetit ein gewaltiges Stück Zwiebelrostbraten. Danach bestellte er einen weiteren Liter Rotwein und erzählte dem Schöberl die ganze Geschichte mit der Steffi. Schöberl seinerseits ließ den Popovic an dem Gspusi mit der Frau seines Chefs teilhaben, in dessen Folge er Arbeitsstelle und Wohnung gleichzeitig verloren hatte. Er erwähnte auch, wie er dem bladen Johann geholfen und
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