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Reigen des Todes

Reigen des Todes

Titel: Reigen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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stellte sich vor, dass Collredi nicht in diesem vermaledeiten Duell umgekommen wäre. Mit ein bisschen Glück hätte sie jetzt vielleicht schon ihr eigenes Hotel. Und wenn sie ganz nett zu ihm gewesen wäre, hätte er ihr vielleicht auch ein kleines Paket von diesen Anleihen geschenkt. Dann würde sie zwei Mal pro Jahr ein Sümmchen Geld bekommen. Einfach so. Wie ein reicher, jüdischer Bankier … Vielleicht hätte sie auch den einen oder anderen reichen Juden kennengelernt? Und vielleicht wäre das sogar interessant gewesen? Schließlich hatte die Moravec die Erfahrung gemacht, dass reiche Leute in der Regel wesentlich interessanter waren als arme. Habenichtse, arme Schlucker und Kleinbürger waren schrecklich langweilig. Die Moravec seufzte. Leider war Collredi tot und leider lag sie nicht in einem Zimmer ihres eigenen Hotels, sondern in Hansi Popovics Untermietzimmer. Daran wurde sie nun durch energisches Klopfen an der Zimmertür erinnert. Mit schwacher Stimme rief sie: »Ja, bitte …«
    Die Zimmertür wurde einen Spalt breit geöffnet und das von unzähligen Runzeln und Falten gezeichnete Gesicht der Zimmervermieterin lugte herein. Ihre schmalen Brillengläser blitzten im Sonnenlicht und sie sagte in vorwurfsvollem Tonfall: »Wollen das Fräulein nicht aufstehen? Es ist schon halb zwölf.«
    Die Moravec dachte sich: Was geht die das an? Da sie aber keinen Streit provozieren wollte, murmelte sie nur: »Danke schön, Frau Videtzky. Mir ist heute gar nicht gut … Ist es wirklich schon fast Mittag? Ich steh gleich auf …«
    Zustimmend nickend zog sich die Vermieterin zurück. Mit großem Ärger erinnerte sich Steffi daran, wie die Alte ihr ursprünglich verweigern wollte, bei Popovic zu wohnen: ›Ich führe einen anständigen Haushalt. Deswegen werde ich ein schlampertes Verhältnis keinesfalls dulden. Was sollen sonst die Leute in dem Haus da von mir denken?‹
    Hansi Popovic musste also umgehend Verlobungsringe kaufen und eine Verlobungs-Annonce in der Zeitung aufgeben. Erst dann hatte die Alte einen Frieden gegeben. Kaum dass die Videtzky die Tür hinter sich geschlossen hatte, schoss Steffi einen Pantoffel in ihre Richtung. Am liebsten hätte sie die Alte übers Knie gelegt und ihr den faltigen Hintern versohlt. Missmutig kleidete sie sich an und überlegte, ob sie nun auf den Markt gehen sollte oder nicht. Als sie vor dem Waschtisch stand und in den Spiegel blickte, kam ihr plötzlich eine Idee. Eine Eingebung, die ihr völlig neue Perspektiven eröffnete und sie zu einem maliziösen Lächeln veranlasste.

X/3.
    Sie klopfte leise. Niemand antwortete. Sie öffnete die Eingangstür und betrat den Vorraum des Ateliers der Saturn-Film. Da nirgendwo ein Mensch zu sehen war, ging sie auf die nächstbeste Türe zu. Sie öffnete sie vorsichtig und spähte in ein sehr unordentliches Büro, in dem sich unzählige Kartons stapelten. Aus einigen lugten Filmrollen. Aber auch fotografische Glasplatten lagen überall herum. Das wird das Büro vom Schwarzer sein, dachte sich die Moravec und schloss die Tür wieder. Nun ging sie quer durch den Vorraum auf eine Doppeltür zu, hinter der sie Geräusche vernahm. Sie öffnete diese Tür vorsichtig und trat auf Zehenspitzen ein. Vor sich sah sie den gebeugten Rücken Johann Schwarzers. Konzentriert sah er durch die Filmkamera, die auf einem Stativ stand und durch die eine Filmrolle ratterte. Seine rechte Hand kurbelte wild, um die Filmrolle in Bewegung zu halten. Vor der Kamera agierten in den Kulissen, die einen Schuhsalon darstellen sollten, ein Mann und eine Frau. Der Mann – anscheinend ein Schuhmacher – kniete vor seiner Kundin und zog ihr einen Schuh an. Die Kundin hatte ihren hellen, bodenlangen Rock hochgerafft, sodass man ihre dunklen Strümpfe sah. Da sich der Schuhmacher außerordentlich ungeschickt anstellte, waren die erotischen Beine der Kundin ausführlich im Bild. Plötzlich brach Schwarzer den Dreh ab. Er richtete sich auf und raunzte: »Nein, das is nix! Das sieht man doch heute schon jedes Mal auf der Straße, wenn ein bisserl ein Wind weht. Lena, du musst den Rock einfach weiter raufheben und die Haxen ein bisserl weiter auseinandergeben.«
    Die Angesprochene errötete. »Aber Herr Schwarzer, das ist ja ausgesprochen ordinär, was Sie da von mir wollen …«
    »Siehst, jetzt hast du es übernasert 70 . Erotisch muss der Film werden. Sehr erotisch. Weil wir drehen hier Herrenabend-Films und keine Films für Mädchenpensionate.«
    »Aber i genier mich

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