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Reihe der Versuche 05 - Versuch über den Pilznarren

Reihe der Versuche 05 - Versuch über den Pilznarren

Titel: Reihe der Versuche 05 - Versuch über den Pilznarren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Handke
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die Stockschwämmchen, all die japanischen »Takes« undsofort, die konnten doch gezüchtet und gepflanzt werden? Sogar die Trüffeln, wenn auch auf Umwegen, durch Pflanzen bestimmter Bäume? Keine Pilze das? – »Sonnenklar zum dritten«: Das Züchtenkönnen war nicht das Abenteuer, das er meinte; einzig die Wildwüchslinge galten; die gezüchteten »Wiesenchampignons«, Austernpilze, Stockschwämmchen, Samtfußrüblinge, Chinesische Morcheln, Hallimasch waren ein Trompe-l’œil, geklont, und wurden gehandelt unter falschem Namen, nicht bloß grundanders in Farben und Gerüchen, sondern, im Gegensatz zu ihren Namensleihgebern, von Alpha bis Omega wesenlos, »null und nichtig sowohl in der Hand als auch dann im Mund«. Und außerdem: Das Hauptvolk der Pilze, nicht bloß die Hongos, auch die anders köstlichen Täublinge, die Schirmpilze, die Nelkenschwindlinge (alias Senderuelas alias Bergnymphen ), die Setas de los caballeros , die Kaiserlinge, die Morcheln, die Ritterlinge des Heiligen Georg, die Setas de San Juan , die Mönchsköpfe , die Herbst- oder Totentrompeten, die Judas- oder Wolkenohren, die Graublättrigen Schwefelköpfe, die Habichtspilze, die Krausen Glucken, die Eichhasen – sie alle blieben unzüchtbar, und solange diese letzten der Weltgewächse der Zucht widerstünden, »solange wird mein und unser In-die-Pilze-Gehen Teil dieses Widerstands und Abenteuer des Widerstands bleiben!«
    Die Zeit des Aufbrechens, Suchens, Findens und Weitersuchens: »Eine Weise von Ewigkeit«. Und auf ihn selber bezogen: Ins Buch des Lebens sah er nicht etwa alle seine beim Tribunal erwirkten Freisprüche eingetragen, sondern einzig seine Expeditionen kreuz und quer durch dir Wälder.
    Die Zubereitungsarten sollten in dem Pilznarrenbuch aus dem Spiel bleiben. Erst einmal gehörte das nicht zu seinem Vorhaben, und außerdem setzte er insgeheim darauf, dereinst von den Lesern, so wie zuerst er sie überrascht hätte, im Gegenzug seinerseits mit Ideen und Geschichten aus den Küchen und jenseits der Küchen überrascht zu werden.
    Zum Geschmack, auf den er mit den Jahren und Jahrzehnten mehr und mehr gekommen war – im Unterschied zu vielem, dem meisten anderen Eßbaren, an dem er den Geschmack eher verloren hatte –, gab es in seinem Schreibplan kleine Andeutungen, auch sie ausgehend vom Wort »überrascht«: Ein jeder der Tausende und mehr der eßbaren Pilze sei »für eine Überraschung gut«, selbst die in den sonstigen Pilzbüchern als geschmacklich »mittelmäßig« oder gar »wertlos« umlaufenden. »Wild«, wie auch immer, schmecke kein einziger, gerade dasWilde, in Gestalt, Farbe, Duft, verwandle sich im Mund verläßlich in Sanftes – je wilder nach außenhin, desto sanfter, so die Regel, im Innern, über die Mundhöhle hinaus. Alles andere, auch das sogenannt mürbste Fleisch, der frischeste der Fische, selbst Kaviar, gerade der, schmecke, verglichen mit so einem Wildwüchsling, vulgär-ordinär. Einzig seltene Wildpflanzen kämen an solch einen Geschmack heran, in dem aber noch etwas Zusätzliches wirke, eine Zusatzkraft über alles bloß Pflanzliche hinaus – man müsse sich nur darauf einlassen (und dürfe, solle, sich nicht vorher den Gaumen mit was anderem verderben). »Sich einlassen – und das Munden verlangsamt das Essen zum Speisen, das Speisen zum Kosten, und das Munden, Speisen, Kosten gehen über ins Beherzen und Beseelen wie, ach, gar zu selten, das Essen, das Mahlzeiten, und kraft all dessen zusammen zu guter Letzt das Herabsinken und zugleich, herrje!, seltener als selten, Pulsen der Ruhe, gepaart mit dem,weh, nur zu den heiligen Zeiten, Aufsteigen des Gottnächsten in dir und mir, lieber Leser: des bestirnten Himmels der Phantasie! Sag ehrlich: In welchem Ein-, Zwei-, Drei- Stern-Restaurant ist dir das je zugestoßen? Und ist es nicht seltsam, wie eine Nahrung aus dem tiefsten Erdreich den Kopf himmelwärts heben kann?«
    Ob mein Pilznarr mit einem derartigen Pilzbuch tatsächlich reich geworden wäre? Wie auch immer: Es ist nichts daraus geworden. In den Anfangsjahren – und die dauerten lange, indem er immer wieder neu anfing, Neues entdeckte – trug seine Leidenschaft bei zum Erfolg in seinem Beruf. Zwar fühlte er sich jedesmal seltsam reich vor etwas bislang Unbekanntem. Aber zu Reichtümern kam er so nicht. Und immerhin konnte er sich einen Wunschtraum erfüllen. Und so kaufte er sich, weit weg von der Metropole, wo das Land noch Land war, einen Wald, einen kleinen, der eineArt

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