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Rein Wie Der Tod

Rein Wie Der Tod

Titel: Rein Wie Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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zwischen ihnen ausdrückte. Er war ein Kind. Ein Kind, dessen Brustkasten sich hob und senkte wie nach einem langen Sprint. Der Schweiß ließ die silberfarbenen Haare auf seiner Brust glitzern. Er war zufrieden. Sie hob den Kopf und küsste ihn aufs Kinn, obwohl sie es eigentlich nicht wollte. Ließ ihre Finger über den harten Bauch und die Brustmuskeln wandern. Fast verwundert jetzt, dass dies alles sie so erregt hatte. Fleisch unter sonnengebräunter Haut. »Du musst dich anziehen«, flüsterte sie.
    »Vielleicht will ich, dass du es noch einmal tust«, antwortete er.
    Seine Worte verstärkten ihr Unbehagen, und sie küsste ihn auf den Hals, um das Gerede zu verhindern. Es drohte, den letzten Rest von Zärtlichkeit in ihr zu zerstören.
    Geschmeidig richtete sie sich auf und setzte sich neben ihn. Holte ihren Rucksack vom Rücksitz, nahm ihre Kleider heraus und zog sich an. Er holte Luft und wollte etwas sagen.
    »Ich muss dich um einen Gefallen bitten«, sagte sie schnell. »Jetzt.«
    »Und welchen?«
    »Transportauftrag. Du hast doch frei.«
* * *
    Eine halbe Stunde später bog der Mustang auf den leeren Platz vor dem Reifenhandel Dekkmekk ein. Sie blieb ein paar Sekunden sitzen und sah hinaus, dann sagte sie: »Obwohl wir hier bisher nahezu keine Aktivität beobachtet haben, schafft er es, seine Mutter, seinen Vater, seine Schwestern und seine Brüder mit dem Laden zu unterhalten. Keines der Geschwister geht einer bezahlten Arbeit nach. Sie schlafen am Tage und machen nachts die Stadt unsicher. Jeder der vier Brüder besitzt mindestens zwei Autos. Alle haben Garderoben, um die sie jeder Fußballstar beneiden würde. Die Eltern wohnen das halbe Jahr in Peshawar, wo ihnen eine der protzigsten Villen der Stadt gehört.«
    »Man hat die Wahl«, sagte Ståle . »Wenn man einen Rolls oder Ferrari fährt, braucht man dreißig Liter auf hundert. Fährt man einen Micra, braucht man fünf.«
    Sie sah lächelnd zu ihm hinüber. »Und was willst du damit sagen?«
    Er grinste zurück. Sie sahen sich in die Augen. »Ich glaube, du musst bald wieder den engen Anzug anziehen.«
    Schnell öffnete sie die Tür und setzte einen Fuß auf die Straße. Die Hitze von draußen schwappte herein. Der Luftzug brachte ihn aus dem Konzept.
    »Wo sind wir hier eigentlich? Mitten am Tag und kein Mensch zu sehen?«, fragte
    er.
    »Hier sind nur zweimal im Jahr Menschen«, erklärte sie. »Und zwar in der Übergangszeit zwischen Herbst und Winter und zwischen Winter und Frühling. Dann kommen seine Brüder und wechseln die Reifen vereinzelter Kunden, die sich hierher verirrt haben. Aber diese Leute sind nicht billig, deshalb kommen die Kunden nie wieder. Die Aktivitäten halten nur die Buchhaltung und die Spesenproduktion für Mehrwertsteuer und die Einkommensteuererklärung am Leben.«
    »Meine Frau sagt, sogar Leute, die nur zu zweit sind, fahren einen fünfsitzigen Wagen. Man fährt einfach keinen Zweisitzer. Das ist nun mal so.«
    Lena sah ihn an. »Denk nicht so viel, Ståle «, sagte sie leise.
    Das war gemein von ihr. Sie sah, dass er wütend wurde, und als sie seine Reaktion wahrnahm, fragte sie sich selbst, warum sie so boshaft war.
    Er wollte etwas sagen, aber sie hielt ihm den Zeigefinger vor den Mund. Dann beugte sie sich vor und streifte seinen brutalen Mund mit ihren Lippen.
    Ein dunkelblauer Audi fuhr an ihnen vorbei auf den Platz.
    »Wer ist das?«
    »Der Inhaber«, sagte Lena. »Er hält den Laden rund um die Uhr bewacht. Jetzt hat er weniger als fünf Minuten gebraucht. Nicht schlecht. Wenn man bedenkt, dass wir in einem Zivilfahrzeug vorfahren.«
    Sie stieg ganz aus dem Wagen. »Warte auf mich«, sagte sie.
    Der Audi hatte vor einem der automatischen Tore gehalten. Ein Mann in Shorts und Polohemd stieg aus.
    Lena zeigte ihm ihren Ausweis. »Kadir Zahid?«
    »Lena«, sagte Zahid grinsend, »wir sind uns schon öfter begegnet. Warum so förmlich?« Er warf einen Blick auf Ståles Mustang-Veteran. »Du kommst mit einem schicken Wagen, Lena. Ist das dein Liebster?«
    »Das ist Ståle Sender, Polizeioberwachtmeister. Er ist mein Backup, wie wir das in unserer Sprache nennen.«
    »Schade, dass er ein Bulle ist. Ich rede gern mit Jungs, die was von Autos verstehen.«
    »Ich bin gekommen, um mit Ihnen über Veronika Undset zu sprechen«, sagte Lena.
    »Was ist denn mit ihr?«
    »Sie ist tot. Veronika ist die Frau, von der in den Nachrichten die Rede ist. Sie wurde in einem Abfallcontainer gefunden - ermordet.«
    Kadir Zahid drehte

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