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Rein Wie Der Tod

Rein Wie Der Tod

Titel: Rein Wie Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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seine Nachrichten, ohne sie vorher zu lesen.
    Der Bus kam. Sie stieg ein. Fand einen freien Platz und lehnte den Kopf ans Fenster. Ließ den Blick auf den Autos und den Häusern im Tronsheimsveien ruhen. Fiel in eine sonnenschwere Busluft-Trance.
    Aker Krankenhaus. Umsteigen. Sie stellte sich ganz vorn in die Schlange, um einen Sitzplatz zu bekommen. Der Bus war überfüllt und heiß, die Luft einschläfernd. Sie schlief ein. Träumte von Ståles verschwitzter Brust und spürte den Geschmack von Salzwasser und Sperma im Mund.
    Abrupt wachte sie auf und dachte: Das Leben ist wie eine Schaukel, die hin und her schwingt und niemals stillsteht.
    Zuhause angekommen, loggte sie sich ins Internet ein, schrieb Berichte, die schon längst hätten fertig sein sollen, und schickte sie ab. Als sie aufstand, um Teewasser aufzusetzen, sah sie aus dem Fenster.
    Auf dem Gästeparkplatz stand ein grünes Auto.
    Was sie sah, jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken, und sie drehte sich langsam vom Fenster weg. Blieb still stehen und betrachtete den zischenden Wasserkocher. Als das Wasser endlich kochte, schaltete sie ihn aus, holte eine Tasse und goss sich einen Tee auf.
    Ihre Hände zitterten nicht. Sie grub einen Löffel voll Honig aus dem Glas und tat ihn in die Tasse. Ging wieder ans Fenster und betrachtete das grüne Autodach, während sie mit langsamen Bewegungen den Honig im Tee verrührte.
    Lena ließ ihre Stunde bei Valeur noch einmal Revue passieren. Was sie gesagt hatte, was er gesagt hatte. Sein Blick. Trotzdem konnte sie nicht verstehen, was diese Reaktion ausgelöst hatte. Höchstwahrscheinlich tat er so etwas mit anderen Patientinnen auch. Er spionierte ihnen nach. Wahrscheinlich hatte er genau das auch mit Veronika getan. Genau das musste Sivert Almeli beobachtet haben. Ein fremder Wagen vor dem Haus. Ein Mann im Wagen. Etwas war geschehen. Etwas, das Almeli dazu gebracht hatte, sich das Autokennzeichen aufzuschreiben und den Halter ausfindig zu machen, ihn zu fotografieren.
    Was war geschehen?
    Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Sie musste rausgehen. Jetzt war Lena die Patientin, der nachspioniert wurde.
    Jetzt war sie Veronika Undset.
    Lena trat vom Fenster weg vor den Spiegel. Sie war nicht Veronika. Sie war vorbereitet, sie war darauf trainiert, solchen Männern zu trotzen - sowohl mental als auch körperlich.
    Sie sah sich selbst in die Augen und fühlte sich kalt und entschlossen. Ging ins Badezimmer und zog sich Joggingkleidung und Laufschuhe an. Blieb noch einmal stehen und betrachtete sich im Spiegel. Möglicherweise würde sie Unterstützung brauchen, aber noch nicht.
    Trotzdem brauchte sie einen Notausgang - falls etwas passierte. Falls.
    Sie ging ins Schlafzimmer, öffnete den Schrank und holte den Gürtel mit der Bauchtasche heraus. Hängte ihn sich um und zog ihn fest. In der Küche lag ihr Handy. Sie überprüfte auf dem Display, dass der Akku voll war, stellte den Ton aus, steckte das Handy in die Tasche und zog den Reißverschluss zu. Sie war bereit.
    Sie lief die Treppen hinunter. Weiter über den Gehweg, ohne einen Blick zum Parkplatz zu werfen. Machte die ganze Runde um den Platz herum und lief dann den Hügel zur Hauptstraße hinauf. Lief leicht, zielbewusst.
    Nach ein paar Hundert Metern hörte sie den Wagen. Er kam langsam hinter ihr her.
    Es war so weit. Sie blieb stehen.
    Der Wagen hielt.
    Sie drehte sich um. Es war Valeurs Mercedes. Die Scheibe wurde runtergelassen.
    Sie trat an das Fenster.
    »Hei, Lena.« Erik Valeur sah sie vom Fahrersitz her an. Mit der Sonnenbrille sah er aus wie ein Schurke in einem schlechten Film.
    »Hei«, sagte sie. Und obwohl sie sich vorgenommen hatte, das Merkwürdige an dieser Situation nicht mit dummem Gerede zu überspielen, hörte sie sich selbst wie einen Teenager drauflosplappern: »Na so was, was machen Sie denn hier? Das ist aber eine Überraschung.«
    Er antwortete nicht auf ihr Geplapper. Die schwarze Sonnenbrille war undurchdringlich. »Springen Sie rein.«
    »Ich will gerade eine Runde laufen und bin ziemlich verschwitzt«, antwortete sie und dachte bei sich: Warum stehe ich hier und lächle wie ein Schulmädchen? »Glaube, das passt nicht so gut im Auto.«
    »Sie sind noch nicht mehr als eine Minute gelaufen«, sagte er. »Ich habe Sie gesehen.« Seine Lippen waren trocken. Er leckte sich den Mund. Irgendetwas Ekliges spielte sich in diesem Kopf ab.
    Er lehnte sich weiter vor und zeigte durch das offene Fenster. »Sie wohnen da, im

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