Rein Wie Der Tod
dem Feld, als ein Auto anhielt und ein Typ sie fragte, ob sie einen Transportjob übernehmen könnten - einen Kastenwagen mit leeren Erdbeerkisten füllen und ihn nach Nes in Hedmarken fahren. Als sie sahen, was sich tatsächlich in der Garage befand, waren sie total schockiert.
Lena rief den Kollegen an, der die drei auf der Polizeistation in Manglerud verhört hatte.
»Glaubst du ihnen ihre Aussage?«
»Nicht eine Sekunde. Aber sie haben dieselbe Story serviert, alle drei.«
»Was ist mit dem Wagen?«
»Stammt von einer Autovermietung und wurde zwei Stunden vor unserem Zugriff von einem der drei Typen gemietet.«
»Und was ist mit dem Gabelstapler, den sie in Zahids Werkstatt ausgeliehen haben?«
»Dafür hatten sie keine überzeugende Erklärung. Der eine behauptete, man habe ihm gesagt, dass sich in der Garage Hebegeräte befänden, die sie brauchten, also sei er reingegangen und habe danach gesucht, bis er merkte, dass sie an die falsche Adresse geraten waren, wie er sich ausdrückte, also in einem Lager, das vollgestopft war mit elektronischen Geräten und nicht eine einzige leere Erdbeerkiste enthielt.«
»Das Vorhängeschloss«, fragte Lena. »Wie haben sie das geschafft?«
»Sie haben behauptet, es sei nicht verschlossen gewesen, und wir können ihnen nicht das Gegenteil beweisen, weil wir keinen Schlüssel bei ihnen gefunden haben.«
Genau, dachte Lena, dankte ihm für die Hilfe und legte auf. Alle wussten, dass die drei Männer logen, aber es gab keine gesetzliche Handhabe gegen Lügen. Die drei waren nach einer Nacht in Untersuchungshaft wieder freigelassen worden. Es lag nichts Konkretes gegen sie vor. Jetzt ging keiner von ihnen ans Telefon. Höchstwahrscheinlich waren sie schon wieder zurück in Estland.
Lena Stigersand lochte die neuen Papiere fein säuberlich, sortierte alles in die Ordner ein und stellte sie ins Regal. Der Arbeitstag war vorbei. Lena ging nach Hause.
Sie musste sich noch seelisch und geistig auf ihren Termin beim Psychologen vorbereiten.
* * *
Der Mann vom Schlüsseldienst saß auf der Treppe und wartete, als Frølich am Straßenrand vor dem alten Schaufenster hielt. Er hatte kurze Haare und einen lockigen Pony. Seinen kantigen Kopf schmückte ein kurzer Kinnbart. Er erinnerte an Abraham Lincoln.
Frølich unterschrieb den Auftragsschein und sah zu, wie der Mann wegfuhr. Dann ging er hinein.
Auf den ersten Blick sah Veronika Undsets unordentliches Büro genauso aus wie beim letzten Mal: Der flache Schreibtisch war noch immer überhäuft mit Papieren und alten Zeitungen. Die Wischmopps in der Ecke, die Stapel von Plastikeimern, die Pappkartons mit Putzmitteln ...
Er sah sich im Raum um. Auf dem Schreibtisch fehlte etwas.
Da stand kein Telefon.
Er trat zum Schreibtisch, öffnete Schubladen und sah unter die Tischplatte, um sicherzugehen, dass es nicht auf den Boden gefallen war.
Aber dort war es auch nicht. In Gedanken ging er noch einmal durch, was an dem Nachmittag geschehen war. Er hatte eine verschlossene Tür vorgefunden und ein paar Minuten gewartet. Dann hatte ein Taxi vor dem Haus gehalten. Veronika war ausgestiegen. Sie hatten sich begrüßt, sie hatte die Tür aufgeschlossen, sie waren hineingegangen ...
Er selbst war unsicher gewesen, was er sagen sollte. Weil sie mit Karl Anders verlobt war, weil ...
Er konnte sich daran erinnern, als wäre es nur wenige Minuten her. Veronika ging zum Telefon und fingerte daran herum, und er hatte gedacht, sie würde auf dem Display überprüfen, wer in ihrer Abwesenheit angerufen hatte.
Jetzt war das Telefon entfernt worden. Es gab keinen Zweifel. Er erkannte sogar ein glänzendes Viereck in der feinen Staubschicht auf dem Schreibtisch.
Derjenige, der das Telefon entfernt hatte, musste einen Schlüssel gehabt haben. Und es gab nur einen Ort, wo er die Schlüssel hatte finden können - Veronikas Handtasche.
Frank Frølich ließ seinen Blick die Wände entlangwandern. Wie bei dem Spiel ›Ich sehe was, was du nicht siehst‹, dachte er und ging in dem engen Büroraum umher, vorsichtig darauf bedacht, nichts anzurühren. Falls außer dem Telefon noch andere Gegenstände entfernt worden waren, hatte er keine Ahnung, welche das sein könnten.
Er nahm sein Handy und rief Gunnarstranda an.
Es klingelte drei Mal, bevor der am Apparat war.
»Es ist sieben Uhr, Frølich, und ich bin auf dem Weg nach Hause.«
»Wir brauchen Unterstützung von Telenor «, sagte Frølich.
»Warum?«
»Veronika Undsets Bürotelefon wurde
Weitere Kostenlose Bücher