Reine Glückssache
mitgebracht. Mit der Stablampe konnte man auch einen Schädel wie eine Nuss spalten, aber Nüsseknacken war natürlich nicht erlaubt, deswegen hob Ranger sich diesen Einsatz nur für ganz besondere Gelegenheiten auf.
»Ich will nur eben den Fernseher ausmachen«, sagte Pitch. Ruckartig drehte er sich herum, knallte die Tür zu und man hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde.
»Scheiße«, sagte Ranger.
Ranger fluchte nicht häufig, und nur selten hob er die Stimme. Dieses »Scheiße« kam wie im Plauderton daher, als müsste er jetzt nur eine kleine Unannehmlichkeit in Kauf nehmen. Er stemmte die Bates-Boots gegen die Tür, die Tür sprang auf, und man sah Pitch am anderen Ende des Flurs mit einer Pistole in der linken Hand.
»Amateurschlampen!«, beschimpfte er uns.
Ranger stieß mich kräftig gegen die Schulter, so dass ich von dem Abtritt vor der Haustür in einen zerzausten Hortensienbusch fiel. Dann trat er zur Seite und zog seine Waffe.
Pitch drückte einmal ab, aber er schoss mit der Linken, und er war nicht sonderlich geschickt, denn die erste Kugel ging in die Decke, und die nächste landete in der Wand.
»Verfluchter Mist«, kreischte Pitch. »Scheißknarre!«
Pitch hatte sich seinen Daumen mit einer Halbautomatik kaputtgemacht, und dieser eine Fehlschuss reichte ihm offenbar, denn jetzt griff er plötzlich zu einem Revolver. Der Revolver hatte sechs Schuss, und Pitch feuerte sie alle auf uns ab.
Ranger und ich zählten mit, ich versuchte derweil, mich aus dem Hortensienbusch zu befreien. Nach dem sechsten Schuss herrschte Stille. Ranger trat mit gezückter Waffe über die Türschwelle und sagte Pitch, er solle den Revolver fallen lassen. Ich stieg auf den Abtritt und sah, dass Pitch dabei war, neue Kugeln in die Kammer einzulegen. Das Problem war nur, dass er es mit seiner verbundenen Hand nicht schaffte, deswegen klemmte er die Waffe zwischen seine Beine und hantierte mit der linken Hand.
Ranger schüttelte ungläubig den Kopf, von Mitleid ergriffen, ganz so, als wäre Pitch eine Schande für die Kleinverbrecher dieser Welt.
Pitch gab auf, warf mit der Knarre nach Ranger und lief in die Küche.
Ranger drehte sich zu mir um und sagte: »Und das soll keinen Spaß machen?«
»Vielleicht wäre es besser, wenn du ihn abknallst«, schlug ich ihm vor.
Ranger schlenderte gemächlich in die Küche, Pitch wühlte in einer Schublade mit lauter Krimskrams, vermutlich nach einer neuen Waffe. Er förderte einen Schraubenzieher zu Tage und ging damit auf Ranger los. Ranger packte ihn am Hemdkragen und schleuderte ihn quer durch den Raum. Pitch knallte gegen die Wand und sackte wie ein Schleimbeutel zu Boden.
Ranger band ihn mit Handschellen an den Kühlschrank und rief Tank an. »Schick jemanden vorbei«, sagte Ranger.
»Ich habe hier eine Lieferung.«
Wir blieben solange da und sahen zu, wie Pitch von einem weiteren Vertreter aus Rangers unerschöpflicher Riege von Chorknaben abgeholt wurde. Dann schlossen wir die Haustür ab und gingen zum Auto.
»Du hättest mir auch einfach sagen können, ich soll zur Seite treten, statt mich in die Büsche zu stoßen«, klagte ich.
»Es geschah instinktiv. Ich wollte dich aus der Schusslinie bringen.«
»Komm mir nicht damit. Ich würde eher sagen, du wolltest es mir heimzahlen, weil ich dir die Apusenjas auf den Hals gehetzt habe.«
Ranger hielt mir die Beifahrertür auf. »Wenn ich es dir heimzahle, dann mit was Lohnenderem als so einem Stoß in die Büsche.«
Ich schnallte mich an und sah auf die Uhr. »Meine Schwester ist heute mit dem Baby nach Hause entlassen worden. Ich müsste mal vorbeifahren und gucken, wie es ihr geht.«
»Wenn Tank erfährt, wie ich meinen Tag verbracht habe, wird er froh sein, dass er sich ein Bein gebrochen hat.«
»Magst du keine kleinen Kinder?«
»Ich komme aus einer großen Familie. Ich bin mit Kindern aufgewachsen.«
»Was ist es dann?«
»Meine Oma ist eine kleine Frau aus Kuba, die den ganzen Tag nichts anderes macht als kochen und Spanisch plappern. Deine Oma sieht sich Pornos im Pay-TV an.«
»Früher hat sie immer den Wetterbericht geguckt, aber sie meinte, da gäbe es nicht genug Action.«
»Überprüf mal ihren Hormonspiegel. Als ich sie das letzte Mal sah, hat sie versucht, sich vorzustellen, wie ich nackt aussehe.«
Ich prustete vor Lachen. »Das hat man davon, wenn man ein geiler Typ ist. Frauen stellen sich vor, wie du nackt aussiehst. Lula stellt sich vor, wie du nackt aussiehst. Connie stellt sich vor,
Weitere Kostenlose Bücher