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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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»Wohin?« Wurden Gebete doch erhört, dachte sie überrascht.
    »In den Wilden Westen.«
    Larissa sah ihn verwirrt an. »Wie bitte?«
    Steve lachte. »Nicht der Wilde Westen, nur ins Böhmische Bäderdreieck …«
    »Du meinst wegen dieser Raubüberfälle in Franzensbad?«, fragte Larissa, der der kurze Artikel einfiel, den sie eben erst gelesen hatte, und verzog das Gesicht. »Ich glaube nicht, dass …« Mit Raubüberfällen, Mord oder Totschlag wollte sie nichts mehr zu tun haben. Nie wieder. So hatte sie sich die Antwort auf ihr Stoßgebet nicht vorgestellt.
    »Raubüberfälle? Nicht, dass ich wüsste, nein, es geht um Prostitution diesseits der Grenze. Scheint dort noch immer ein großes Geschäft zu sein.«
    »Das ist es schon seit der Wende, Steve. Wo ist da die Neuigkeit?« Mit Prostitution wollte sie noch weniger zu tun haben als mit all den anderen Grausamkeiten.
    »Stimmt, aber bisher ging es immer nur um große Mädchen, die sich auf die Straße schicken lassen – jetzt heißt es, es gebe dort auch Kinderprostitution. Und das ist eine Nachricht wert. Der Kollege von der BBC hat mich heute Morgen angerufen und gefragt, ob wir auch jemanden hinschicken. Offenbar ist die Hälfte der Presse auf dem Weg in die Provinz.«
    Larissa sah ihn angewidert an. »Das meinst du nicht ernst, oder? Und warum soll ausgerechnet ich dort hin?« Angesichts dieses widerlichen Themas wären ihr diese Raubüberfälle doch wesentlich lieber gewesen.
    »Die Kollegin, die ich dafür eigentlich im Visier hatte, ist schwanger. Ich möchte ihr das unter den Umständen nicht zumuten.«
    »Ehrlich gesagt möchte ich mir das auch nicht zumuten, Steve«, erwiderte Larissa. »Kann nicht einer von den Jungs hinfahren?« Wenn möglich, wollte sie nicht darauf hinweisen müssen, dass sie das Herumstochern in diesen perversen Kreisen abgesehen von dem beträchtlichen Ekelfaktor auch für ziemlich gefährlich hielt. Immerhin bedeutete Recherche in diesem Milieu, dass man abends und nachts allein auf der Straße unterwegs war. Allein mit äußerst zweifelhaften und unter Umständen gemeingefährlichen Kriminellen.
    »Das von der Frau, die sich wissentlich mit einem kaltblütigen Mörder verabredet hat?«, fragte Steve und grinste.
    Woher wusste er davon, fragte sie sich irritiert. Sie hatte niemandem bei der Post davon erzählt. »Ich bin zwar manchmal naiv, aber blöd bin ich nicht. Was glaubst du, erzählen die Zuhälter ausgerechnet einer Frau? Spaß beiseite, Steve, ich glaube nicht, dass ich die …«
    »Die Zuhälter vermutlich nichts, die erzählen allerdings auch einem Mann nichts. Aber die Prostituierten sehen das vielleicht anders. Und Kinder erst recht.«
    Larissa sah ihn missbilligend an. Die Vorstellung, über Kinderprostitution zu recherchieren, verursachte ihr Übelkeit. Andererseits, dachte sie, wenn niemand darüber berichtet, ändert sich auch nichts. Aber warum ausgerechnet ich ? Du wolltest doch gerade noch unbedingt weg von hier, meldete sich eine wohlbekannte Stimme in ihrem Kopf, nun hast du den Salat.
    »Zur Belohnung gibt es einen festen Vertrag als Redakteurin, Larissa. Ich habe schon alles mit Bernstein besprochen. Es ist alles in trockenen Tüchern.« Er wedelte fröhlich mit einem ausgefüllten Vertragsformular.
    Larissa fühlte sich wie ein unwilliger Esel, dem man einen schwierigen Bergpfad mit einer vorgehaltenen Karotte schmackhaft zu machen versuchte. Sie funkelte ihn mit zusammengekniffenen Augen böse an. Ein fester Vertrag – da war er, ihr Traum. Aber um welchen Preis! Nicht mehr pro Artikel bezahlt werden, sondern ein festes Gehalt pünktlich jeden Monat auf ihr Konto. Der Mann kannte ihre Schwachstelle. Und Bernstein, der Chefredakteur, auch. Oder wusste der womöglich gar nichts von diesem fast sittenwidrigen Geschäft? Sie seufzte. »Das ist hundsgemein – und du weißt es!« So ist das mit den frommen Wünschen, dachte sie verärgert, man sollte gründlich überlegen, was man sich wünschte – immerhin könnte es in Erfüllung gehen.
    »Also abgemacht. Sobald du zurück bist, wird unterschrieben.« Er legte zufrieden den Vertrag beiseite. »Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen.« Er reichte ihr einen ausgeschnittenen Artikel aus einer der großen tschechischen Tageszeitungen. »Letztendlich ist es bisher ohnehin nichts weiter als ein Gerücht. Ich will, dass du herausfindest, ob etwas dran ist. Du kannst dich ja an den Kollegen von der BBC hängen, der hat bestimmt nichts gegen charmante

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