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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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Bekannten haben – hatten …« Sie räusperte sich, versuchte den Kloß, der sich bei ihren Worten in ihrem Hals gebildet hatte, zu lösen.
    »Ach, was Sie nicht sagen, Sie kannten David?« Er setzte sich. »Schreckliche Sache. Sinnlos. Aber das ist es ja immer.« Er reichte ihr eine Tasse. »Etwas Rum? Vertreibt die Kälte, konserviert aber den Kummer. Na, man kann nicht alles haben, nicht wahr?«
    Larissa nickte und setzte sich ihm gegenüber. »Ja, eine Tragödie. Ich kann es noch immer nicht fassen, dass er nicht mehr da ist …« Tränen stiegen ihr in die Augen, sie blinzelte sie schnell weg.
    Mottls Blick wanderte zu dem Foto auf dem Kaminsims. »Ich hatte mich gewundert, dass ich ihn nicht erreichen konnte«, sagte er mit zitternder Stimme. »Zurückgerufen hat er auch nicht … und dann habe ich es in der Zeitung gelesen … Was für ein Ende! Dass es immer die Guten erwischen muss …« Mottl schloss die Augen, schüttelte den Kopf, atmete tief ein und aus, um Fassung bemüht. Schließlich öffnete er die Augen wieder und sah Larissa an. »Wissen Sie warum? In der Zeitung stand nichts davon.«
    Larissa schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass er vor seinem Haus in Prag erschossen wurde. Warum, weiß ich auch nicht. Die Polizei ermittelt wohl noch, glaube ich.« Sie hatte keine Ahnung.
    »Schrecklich. Er war ein guter Junge. Möge seine Seele in Frieden ruhen.« Er bekreuzigte sich. »Haben Sie ihn gut gekannt?«
    »Doch, schon, über die Arbeit, ein paar Mordfälle in Prag …«, stotterte Larissa. »Mein Beileid, Herr Mottl. Sie kannten ihn offenbar sehr gut.«
    Mottl nickte. »Danke. Ja, er war in einer Art Pfadfindergruppe bei mir. Ist schon viele Jahre her. Und dann habe ich ihm das Schießen beigebracht, als er bei der Polizei anfing. Guter Schütze. Echtes Talent. War eine Freude, ihn zu unterrichten. Nur Spaß gemacht hat es ihm nicht. Sagte damals, er hoffe, den Schießprügel nie benutzen zu müssen.« Er lächelte versonnen, dann wandte er sich wieder Larissa zu. »Sie sagten, Sie wollten mich etwas fragen, nicht wahr? Worum geht es denn?«
    Larissa stellte ihre Tasse ab. »Ja, es geht um dieses Gerücht über die Kinderprostitution …« Sie erklärte ihm kurz, warum sie nach Cheb gekommen war. »Können Sie mir irgendetwas dazu sagen?«
    Mottl ließ sich mit einem lauten Seufzer in das Sofa sinken. »Ein böses Gerücht. Nichts weiter. Der Inspektor hat vollkommen recht. Keine Ahnung, wer das in die Welt gesetzt hat. Oder warum. Vielleicht ist es tatsächlich so, wie die Jandová sagte, man traut den Zigeunern alles zu, auch das Schlimmste. Und die Leute haben immer Bedarf an Sündenböcken. Prostitution gibt es hier viel, aber so was – nein. Nicht, dass ich wüsste, jedenfalls. Und ich bin viel in den Wäldern hier unterwegs. Glauben Sie mir, wenn es da so was gäbe, wüsste ich es. Ich kenne alle diese Lumpen, die die Frauen auf die Straße schicken. Aber Kinder habe ich nie gesehen. Junge Frauen, vielleicht nicht alle schon ganz volljährig, das mag sein, aber keine Kinder im engeren Sinne.«
    Larissa nickte. »Das ist beruhigend.« Damit, dachte sie zufrieden, ist das Thema gestorben. Sie hatte mit drei Leuten, die etwas darüber wissen konnten, gesprochen und von jedem die gleiche Antwort erhalten. Mit Prostituierten oder gar Zuhältern zu reden, hatte sie keine Lust. Und ehrlicherweise zu viel Angst davor. Das war zwar kein ordentliches journalistisches Vorgehen, aber sei’s drum. Sie war schließlich nicht lebensmüde. Sollte Steve der Sache doch selbst nachgehen, wenn sie ihn so brennend interessierte. »Und diese zusammengeschlagenen Touristen, die man im Straßengraben gefunden hat?«
    »Touristen? Pah! Wohl kaum. Freier eher. Abschaum. Haben bekommen, was sie verdienen, wenn Sie mich fragen.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wer dahinterstecken könnte? Da Sie ja viel im Wald unterwegs sind, meine ich. Haben Sie nie jemanden gesehen?«
    »Gesehen habe ich viel – und viele. Keine Ahnung, wer das macht. Aber meinen Segen hat er.« Er schwieg einen Moment nachdenklich, dann lächelte er. »Vielleicht unser Waldgeist. Der Alte mit dem Raben. Das wäre ein möglicher Kandidat.«
    »Wer ist das?«, fragte Larissa.
    »Keine Ahnung. Zum ersten Mal habe ich den Alten Mitte der Fünfzigerjahre gesehen. Nachts im Wald. Seither immer mal wieder. Aber ich weiß weder wer er ist, noch wo er wohnt. Er kommt und geht wie ein Gespenst – wahrscheinlich ist er eines. Hat sich nicht verändert in

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