Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
Vom Netzwerk:
unnötig zu verkomplizieren. »Tja, sehr gut. Wann wollen wir hingehen?«
    Der Staatsanwalt stand auf. »Wie wär’s mit gleich? Ein bisschen Bewegung wird uns guttun.«

25
    distance ≠ odstup
    Distanz ≠ Abstand.
    »Wir sind fast da«, sagte Agáta Abrhámová, »es ist Zeit, sich über Ihre Unterkunft Gedanken zu machen.«
    »Hm. Ich habe ehrlich gesagt noch nicht darüber nachgedacht. Ich wollte eigentlich nach Eva suchen, aber die ist in Prag …« Er konnte seinen Blick nicht von seinem Spiegelbild in dem kleinen Kosmetikspiegel auf der Rückseite des heruntergeklappten Sonnenschutzes losreißen. Sie hatten in einer kleinen Stadt auf dem Weg gehalten, und er hatte sich in einem Friseursalon die Haare und den Bart färben lassen. Und nun sah ihm ein Typ mit blondem Haar und ebensolchem Bart aus dem Spiegel entgegen. Ein Fremder, der mit seiner Stimme sprach. Er fuhr sich mit der linken Hand über die lange Narbe an seinem Wangenknochen. Noch etwas Fremdes, aber das würde bleiben, selbst wenn er irgendwann in sein Leben als David Anděl zurückkehren sollte – nein, würde.
    »Ich habe einen Vorschlag. Während Sie beim Friseur waren, habe ich in dem Yoga-Zentrum angerufen und gefragt, ob sie noch einen Platz freihätten. Sie haben. Ich bin sonst der einzige Gast, die anderen Kursteilnehmer kommen nur zum Training, die wohnen in den Kurhäusern. Was meinen Sie?«
    Er plusterte die Wangen auf und stieß die Luft geräuschvoll wieder aus. »Yoga, ja? – Ach, warum nicht? Ich bin sowieso nicht mehr ich selbst. Vielleicht ist ein bisschen Überwindung der Körpergrenzen nicht verkehrt.« Er lachte. »Bringt mich vielleicht wieder auf den richtigen Kurs.«
    »Fein. Haben Sie etwas in der Art schon mal gemacht? Die erste Stunde ist gleich heute Nachmittag.«
    »Ich wusste, dass da ein Haken dran ist … Nein, mit Yoga habe ich keinerlei Erfahrung. Nur mit Aikido – aber ob das hilft … Vielleicht sollte ich doch einfach gleich in eine Pension gehen.«
    »Ich sehe, Sie sind bestens vorbereitet, da Sie das Prinzip der ideal koordinierten Energie bereits beherrschen«, erwiderte Agáta.
    Er sah sie an und schmunzelte. »Gibt es eigentlich irgendetwas, das Sie nicht studiert haben, Agáta? Sie werden mir langsam unheimlich, wissen Sie.«
    »Ach, daran ist überhaupt nichts Unheimliches. Ich war die letzten fast sechzig Jahre allein, David, und ich bin seit über zwanzig Jahren in Rente. Außerdem habe ich keine Neigung zum Nichtstun und bin sehr … sagen wir, wissensdurstig – ich lerne für mein Leben gern. Und wer viel Zeit hat, kann viel lernen. Sie könnten mir etwas Aikido zeigen, während wir hier sind. Ich wollte das schon lange mal ausprobieren.«
    »Sie sind ein Phänomen, Agáta. – Also gut, ich komme mit. Jedenfalls für eine Nacht, dann suche ich mir etwas.«
    Kurz darauf fuhren sie von einem Feldweg auf ein großes Gehöft. Im quadratischen Innenhof des alten, in Renovierung begriffenen Bauernhofs standen drei weitere Wagen. Während sie ausstiegen und David ihre zwei Taschen aus dem Kofferraum holte, trat eine Frau aus dem Haus heraus und kam auf sie zu.
    »Frau Abrhámová? Wie schön, Sie endlich persönlich kennenzulernen. Es freut mich, dass Sie noch einen Freund mitgebracht haben.«
    David schlug den Kofferraum zu und ging um den Wagen herum auf die Frau zu. Sie mochte etwa in seinem Alter sein, eine zierliche Person mit kurzem dunklen Haar, großen Augen und einem ironischen Zug um den Mund. Einen Moment lang fühlte er sich schmerzhaft an Magda erinnert: die gleichen anmutigen Bewegungen, eine ähnliche Stimme.
    Die Frau streckte ihm die Hand entgegen und stellte sich mit einem charmanten Lächeln vor: »Ich bin Valeska Axamit. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    David starrte sie fassungslos an. »Äh … ja, ganz … ganz meinerseits«, stammelte er und reichte ihr die Hand, »mein Name ist … äh … Trojan. Martin Trojan.« Wie viel Pech, fragte er sich, kann ein einzelner Mensch eigentlich haben?

26
    Náš život (tohle totalitní slovo je nevyhnutelné)
je příběhem našich zranění – těch, která utržíme,
těch která způsobíme.
    Unser Leben (unvermeidbar, dieses totalitäre Wort)
ist die Geschichte unserer Verwundungen:
jener, die wir erleiden, jener, die wir zufügen.
    Nachdem John Ketchum gegangen war, hatte Larissa sich an eines der Fenster gesetzt, die zur Straße und zum See hinausgingen, da sie die Heimkehr des Försters nicht verpassen wollte. Sie starrte in

Weitere Kostenlose Bücher