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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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an.
    »Sollten Sie nicht etwas unternehmen, wenn Sie diesen Verdacht haben? Oder wenigstens den Inspektor informieren?«
    Netušil lachte. »O nein. Nein, nein. Erstens ist es mir persönlich ganz recht, wenn diese Lumpen eines auf die Zwölf kriegen, und zweitens würde ich damit beim Inspektor auch auf taube Ohren stoßen. Dem ist das ebenso recht wie mir. Er kann ja gegen die Prostitution nicht viel unternehmen.«
    »Wieso das denn?«, fragte Larissa überrascht.
    »Na ja, ein nicht unbeträchtlicher Teil dieses Geschäfts liegt in den Händen seines Schwagers. Aber das bleibt bitteschön auch unter uns, ja? Damit hat der nach der Revolution den Grundstock seines nicht unbeträchtlichen Vermögens gelegt. Man konnte ihn nur leider nie drankriegen. Weder für die Prostitution noch für seine anderen krummen Geschäfte. Inzwischen ist er ganz der seriöse Unternehmer. Alles ganz legal inzwischen. Haben Sie vom Restaurant aus das gelbe Anwesen auf dem Hügel bemerkt? Feinster Unternehmerbarock. Das ist seins. Kohle ohne Ende. Und nun hat er sogar die letzten Weihen gekriegt – ist bei den vergangenen Wahlen Abgeordneter in Prag geworden.«
    »Und das wissen hier alle?« Larissa war ehrlich entsetzt.
    »Gott, ja, mehr oder weniger. Interessiert wohl keinen.« Er zuckte die Achseln. »Ich verstehe es auch nicht. Aber ich habe gelernt, die Klappe zu halten.«
    »Hm. Verstehe. Tja. – Und wenn es doch nicht der Förster ist? Das mit den verprügelten Touristen oder Freiern?«
    »Dann weiß ich auch nicht. Vielleicht der hiesige Waldgeist. Keine Ahnung, aber meinen Segen hat er.« Er schwieg einen Moment und fuhr dann amüsiert fort: »Ist schon eine komische Type, unser Waldgeist. Keiner weiß, wer er ist oder wo er wohnt. Läuft nachts durch den Wald mit einem schwarzen Cape und einem sprechenden Raben auf der Schulter. Ich bin ihm mal nachgegangen – aber plötzlich war er futsch … wie weggehext, einfach so.« Er schnippte mit den Fingern. »Nicht mal Mottl weiß, wer der Kerl ist – und das mag was heißen. In Gustavs Revier kann man keinen Zweig abbrechen, ohne dass er es merkt. Deshalb nennen wir den Typen den Waldgeist. Wahrscheinlich haben wir einfach Halluzinationen.« Er gluckste wieder. »Muss die frische Waldluft sein, die uns nachts nicht bekommt.«
    »Wo war das denn, wo der Waldgeist plötzlich verschwunden ist?«
    »Ach, drüben beim Kammerbühl. Das ist unser kleiner erloschener Vulkan hier. Den hat schon der alte Goethe erforscht.«
    »Aha, interessant. – Sagen Sie«, wechselte Larissa das Thema, »was hat es eigentlich mit diesem Gerücht über die Kinderprostitution auf sich?« Ein letzter Versuch, ihren Auftrag zu erfüllen. Wirklich der allerletzte.
    Netušil warf ihr einen amüsierten Blick zu. »Wollen Sie das wirklich wissen?«
    »Äh, ja. Klar. Warum?« Bitte nicht, dachte sie, sag mir jetzt nicht, dass da doch was dran ist … Warum nur konnte sie ihren Mund nicht halten? Oder war sie am Ende doch so pflichtbewusst? Sie sandte ein Stoßgebet zum Himmel.
    »Weil Sie es nicht werden schreiben können. Sie werden kein einziges Zitat kriegen, von niemandem. Auch von mir nicht .« Er warf ihr einen eindringlichen Blick zu.
    »Na schön, dann nur, damit ich es weiß. Großes Indianerehrenwort, ich schreibe kein Wort davon.« Sie lächelte zufrieden und hob feierlich die rechte Hand zum Schwur. Endlich ein ordentlicher, plausibler Grund, warum sie nicht mit einem Artikel über diese unappetitliche Sache nach Prag zurückkommen würde. Um Längen besser, als Steve sagen zu müssen, sie habe leider nichts erfahren. Sie verbeugte sich im Geiste vor dem Polizisten.
    »Eine miese kleine Geschichte, eigentlich. Nichts Weltbewegendes. Es ist natürlich ein Gerücht, nichts weiter. Damit will ich nicht sagen, dass es nicht auch Leute geben mag, die selbst ihre Kinder verkaufen würden, wenn sie die Gelegenheit bekämen, das gibt es vermutlich überall, leider. Aber es ist zumindest hier in der Gegend kein Geschäftsmodell.«
    »Und wer hat dieses Gerücht gestreut? Und vor allem warum?«
    »Eine Frau, die bei dieser Hilfsorganisation für Prostituierte gearbeitet hat. Sie war nicht von hier, deshalb kannte sie die pikanten Verstrickungen des einen oder anderen ehrenwerten Bürgers nicht. Irgendwann hat sie spitzgekriegt, was hier so unter der Hand läuft und ist zum Inspektor gelaufen. Als der sie abgewimmelt hat, weil er keine Lust hat, sich mit seinem Schwager anzulegen, ist sie zur Chefredakteurin

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