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Reise im Mondlicht

Titel: Reise im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antal Szerb
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redet nicht, sondern kommt einfach   …« Hingegen die Aktien auf Hanf & Leinen aus Váralja, das war etwas, dagegen ließ sich nichts einwenden, da ging es
     ums Geld, da hörte der Spaß auf. Pataki lachte in sich hinein. Hanf & Leinen aus Váralja, ach Gott   … wenn Mihály und seine Gesinnungsgenossen wüßten   … Da war sogar die Lyrik etwas Ernsthafteres.
    Und jetzt wollen wir in aller Ruhe zum zweiten Punkt unseres kleinen Programms übergehen, dachte Pataki. Er hatte Erzsis Pariser
     Adresse von Mihálys Familie erfahren. Denn er hielt mit Mihálys Familie, wie mit jedermann, die guten Beziehungen aufrecht
     (schließlich konnten die wirklich nichts dafür),und er brachte von Mihálys Schwester sogar Geschenke für Erzsi mit. Er hatte
     erfreut festgestellt, daß Erzsi nicht mehr am linken Ufer wohnte, in jenem verdächtig bohèmehaften Stadtteil, sondern am nüchternen
     rechten Ufer, in der Nähe der Étoile.
    Es war zwölf Uhr. Er ließ durch den Kellner eines Cafés Erzsis Hotel anrufen, da er das seinen eigenen Französischkenntnissen |185| nicht zutraute. Madame war nicht zu Hause. Pataki ging das Terrain erkunden.
    Er betrat das kleine Hotel und verlangte ein Zimmer. Da er ohnehin schlecht Französisch sprach, war es nicht schwer, den idiotischen
     Fremden zu spielen. Mit Gesten gab er zu verstehen, daß er das Zimmer zu teuer fand, und er ging wieder weg. Doch bis dahin
     hatte er festgestellt, daß es ein anständiges, gutes Hotel war, wahrscheinlich wohnten sogar Engländer da, auch wenn man irgendwie
     eine leichte Anrüchigkeit spürte, vor allem auf den Gesichtern der Zimmermädchen,bestimmt gab es hier auch Zimmer, die von
     alten Franzosen als Pied-à-terre benutzt und für den ganzen Monat bezahlt, aber wöchentlich nur zwei Stunden in Anspruch genommen
     wurden. Warum war Erszi vom anderen Ufer hierher gezogen? Wollte sie eleganter wohnen oder hatte sie einen eleganteren Liebhaber?
    Am Nachmittag rief er sie wieder an. Diesmal war Madame zu Hause.
    »Hallo, Erzsi? Hier ist Zoltán.«
    »Ach, Zoltán   …«
    Pataki meinte zu hören, daß es Erzsi vor Herzklopfen die Stimme verschlug. War das ein gutes Zeichen?
    »Wie geht’s, Erzsi? Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, Zoltán.«
    »Ich bin hier in Paris, weißt du, es gab Komplikationen mit dem Hanf & Leinen aus Váralja, ich habe kommen müssen.
     Ich habe unglaublich viel zu tun, seit drei Tagen laufe ich mir die Füße wund. Mir ist diese Stadt schon rasend verleidet   …«
    »Ja, Zoltán.«
    »Und ich dachte, wenn ich schon hier bin und heute eine kleine Verschnaufpause habe, da frage ich kurz nach, wie es dir geht.«
    »Ja   … sehr lieb von dir.«
    »Geht’s gut?«
    »Ja.«
    »Sag mal   … hallo   … könnten wir uns vielleicht treffen?«
    »Wozu?« fragte Erzsi aus riesiger Distanz. Pataki geriet ein we-
    |186| nig ins Wanken und lehnte sich gegen die Wand. Doch dann fuhr er munter fort:
    »Was heißt wozu? Warum sollten wir uns nicht treffen, wenn ich schon mal hier in Paris bin. Oder?«
    »Stimmt eigentlich.«
    »Kann ich zu dir kommen?«
    »Ja, Zoltán. Nein, komm nicht. Treffen wir uns irgendwo.«
    »Prima. Ich kenne hier ein sehr nettes Lokal. Weißt du, wo Smith ist, die englische Buchhandlung an der Rue de Rivoli?«
    »So ungefähr.«
    »Also, es gibt dort im ersten Stock einen englischen Tea-Room. Man geht durch die Buchhandlung hinauf. Komm dorthin, ich erwarte
     dich dort.«
    »Gut.«
    Er hatte den Ort gewählt, weil ihm im Zusammenhang mit Erzsi alles Französische verdächtig war. Paris und das Französische,
     so stellte er sich vor, bedeuteten für Erzsi wahrscheinlich all das, was ihm fehlte, was er nicht bieten konnte. In einem
     der französischen Cafés (die er sowieso haßte, weil die Kellner frech waren und zum Kaffee kein Wasser brachten) hätte sie
     bei ihrem Kampf gegen ihn ganz Frankreich im Rücken gehabt. Sie wäre in der Übermacht gewesen. Das kühle, neutrale Niemandsland
     des englischen Tea-Rooms hatte er aus Gründen des Fairplay gewählt. Erszi stellte sich tatsächlich ein, sie setzten sich,
     und Pataki war
    bemüht, sich zu verhalten, als wäre zwischen ihnen nie etwas gewesen, weder eine Ehe noch eine Scheidung. Zwei intelligente
     Budapester, eine Frau und ein Mann, die sich in Paris trafen. Er trug ausführlich und schmackhaft den neusten Budapester Klatsch
     vor. Erzsi hörte ihm aufmerksam zu.
    Pataki dachte unterdessen:
    Das hier ist Erzsi. Sie hat sich nicht wesentlich

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