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Reise im Mondlicht

Titel: Reise im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antal Szerb
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Jahre Ehe kann man nicht ungeschehen machen. Mit keinem anderen Menschen auf der Welt hätte
     ich von Mihály gesprochen.
    Meine Zeit ist noch nicht gekommen, dachte Zoltán. Sie liebt diesen Trottel immer noch. Zum Glück wird Mihály früher oder
     später alles verderben.
    »Was hast du von Mihály gehört?« fragte Pataki.
    »Nichts. Ich habe einfach das Gefühl, daß er in Italien ist. Ein guter Freund von ihm, den ich auch kenne, ein gewisser Szepetneki,
     ist hier. Der sagt, er habe schon eine Spur und würde demnächst herausfinden, wo Mihály ist und was er macht.«
    »Wie will er das herausfinden?«
    »Ich weiß es nicht.Szepetneki ist ein ganz eigenartiger Mensch.«
    »Ach ja?« Zoltán schaute abrupt auf und blickte Erzsi durchdringend an. Sie hielt seinem Blick trotzig stand.
    »Ja. Ein ganz eigenartiger Mensch. Der eigenartigste, den ich je getroffen habe. Und dann ist hier auch noch ein Perser   …«
    Pataki senkte den Kopf und trank einen großen Schluck Tee.
    Welcher von den beiden? Oder gleich beide? O Gott, o Gott, sterben, es bleibt nichts anderes   …
    Daraufhin saßen sie nicht mehr lange beisammen. Erzsi hatte zu tun. Was, das sagte sie nicht.
    »Wo wohnst du?« fragte sie zerstreut.
    »Im Edouard VII«, sagte er.
    »Na, servus, Zoltán. Eigentlich hat es mir sehr gut getan, dich zu sehen. Und   … lebe ganz ruhig, und denk nicht an mich«, sagte sie leise und mit einem traurigen Lächeln.
    An dem Tag nahm Pataki eine kleine Pariserin mit aufs Zimmer.Wenn man doch schon einmal da ist, dachte er, und war dann von
     der parfümierten kleinen Fremden, die neben ihm im Bett geräuschvoll schlief, unsäglich angewidert.
    Am Morgen, nachdem die Frau gegangen war und Pataki sich zu rasieren begann, klopfte es an der Tür.
    »Entrez!«
    |190| Ein großgewachsener, auffallend gekleideter Mann mit markanten Zügen trat ein.
    »Ich suche Herrn Direktor Pataki in einer wichtigen, für ihn äußerst wichtigen Angelegenheit.«
    »Ich bin es. Mit wem habe ich die Ehre?«
    »Ich bin János Szepetneki.«

|191| Vierter Teil
Das Höllentor
    V.   A porta inferi
    R.   Erue, Domine, animam eius.
    Officium defunctorum

|193| 1
    Es ging auf den Abend. Mihály überquerte langsam und ein Bein nachziehend den Tiber. Er wohnte schon seit längerem auf dem
     Gianicolo, in einem verlotterten alten Zimmer, das Waldheim entdeckt hatte, bei einer verlotterten alten Frau, die ihm meistens
     das Mittagessen kochte,
pasta asciutta
, zu dem Mihály ein bißchen Käse beisteuerte oder eine Orange. Das Zimmer war seinem lamentablen Zustand zum Trotz viel mehr
     ein Zimmer als das im Hotel. Das Mobiliar bestand aus alten, echten Möbeln, die groß und richtig proportioniert und nicht
     solche Pseudo-Dinger waren, wie sie in den Hotelzimmern zu stehen pflegen. Mihály hätte das Zimmer ganz gern gemocht, wenn
     die hygienischen Nebenumstände ihm nicht immer wieder quälend vor Augen geführt hätten, wie weit er gesunken war. Er beklagte
     sich bei Waldheim, doch der lachte ihn aus und hielt einen nicht sehr appetitlichen langen Vortrag über seine Erfahrungen
     in Albanien und Griechenland.
    Solcherart klopfte die Armut an. Jetzt mußte er wirklich jeden Centesimo zweimal umdrehen, bevor er ihn ausgab. Er trank keinen
     Kaffee mehr, rauchte so schlechte Zigaretten, daß man gar nicht viele rauchen konnte, und auch so spürte er ständig ein Kratzen
     im Hals. Und immer häufiger fiel ihm ein, daß auch dieses Geld bald zu Ende sein würde. Waldheim redete ihm zu, sagte, er
     würde ihm eine Stelle verschaffen, es liefen ja genug verrückte alte Amerikanerinnen hier herum, eine von ihnen würde ihn
     schon anstellen, als Sekretär oder als Erzieher für ihre Enkel oder eventuell als Portier, was ein besonders bequemer Posten
     sei – doch die Amerikanerin lebte vorläufig nur in Waldheims Phantasie, und Mihály schauderte es beim Gedanken an eine Beschäftigung
     ohnehin, denn die hätte er in Budapest ja auch gehabt.
    |194| Auch so hatte er zwei Beschäftigungen, und die genügten ihm vollauf. Die eine bestand darin, daß er sich nach Waldheims Anweisungen
     in die Wissenschaft von den Etruskern »einlas«, Bibliotheken und Museen besuchte und abends Waldheim und zuweilen dessen Gelehrtenfreunden
     zuhörte. Die wahre, große, Waldheimsche Begeisterung für das Fach verspürte er keinen Augenblick, doch er hielt sich eisern
     an ein methodisches Lernen, denn das milderte ein bißchen das bürgerliche Schuldgefühl, das

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