Reise im Mondlicht
romantische
Inszenierung. Daher die Komödie mit dem Mädchen, deren Ende abgewartet werden mußte. Es konnte sein, daß er in Trastevere
eine Einbrecherbande organisierte und das Mädchen und die Kneipe dazugehörten, zumindest als Dekor. Doch Mihály wußte auch,
daß Szepetneki nicht gekommen war, um eine Einbrecherbande zu organisieren, sondern weil er etwas von ihm wollte, und es beunruhigte
ihn in höchstem Grad, nicht zu wissen, was das war.
»Laß jetzt diese Frau, und sag doch endlich, warum du mir gefolgt bist und was du von mir willst. Ich habe keine Zeit und
auch keine Lust, bei deinen Komödien zu assistieren.«
»Wieso?« fragte Szepetneki unschuldig. »Gefällt dir das Mädchen etwa nicht? Oder die Kneipe? Ich dachte, wir könnten es doch
ein bißchen lustig haben, wenn wir uns ja schon so lange nicht mehr gesehen haben …«
Und wieder wandte er sich der Frau zu.
Mihály stand auf und wollte gehen.
»Nein, Mihály, geh um Gottes willen nicht, ich bin doch nach Rom gekommen, um mit dir zu reden. Bleib noch einen Augenblick.«
Und er sagte zu dem Mädchen: »Du, halte jetzt ein wenig den Mund.«
»Woher wußtest du, daß ich in Rom bin?« fragte Mihály.
»Ach, mein Bester, ich weiß doch immer alles von dir. Und das seit Jahren. Doch bis jetzt hat es sich gar nicht gelohnt, etwas
von dir zu wissen. Erst jetzt beginnst du interessant zu werden. Deshalb treffen wir uns neuerdings öfter.«
»Na schön. Und jetzt sei so gut und sage, was du von mir willst.«
|197| »Wir müssen eine Unterredung führen.«
»Nichts Geringeres? Und worüber?«
»Du wirst lachen. Über Geschäftliches.«
Mihálys Miene verdüsterte sich.
»Hast du etwa mit meinem Vater gesprochen? Oder mit meinen Geschwistern?«
»Nein. Vorläufig nicht. Vorläufig habe ich mit ihnen nichts zu tun, nur mit dir. Aber sag wirklich, ist das Mädchen nicht
toll? Schau, was sie für feine Hände hat, bloß schade, daß sie so dreckig sind.«
Und wieder wandte er sich dem Mädchen zu und begann auf italienisch zu schwadronieren.
Mihály sprang auf und lief hinaus. Eilte hügelaufwärts. Szepetneki rannte hinter ihm her und holte ihn bald ein. Mihály wandte
sich nicht um, sondern ließ Szepetneki von hinten über die Schulter zu ihm reden – wie der Versucher.
Ein bißchen atemlos vom Steigen redete János rasch und leise auf ihn ein.
»Mihály, hör zu. Ich habe zufällig einen Herrn Zoltán Pataki kennengelernt, von dem sich herausgestellt hat, daß er der Mann
deiner Frau ist. Aber das ist noch nichts. Es hat sich auch herausgestellt, daß er die Gnädige immer noch heiß liebt, ob du’s
glaubst oder nicht. Er will sie wieder heiraten. Er hofft, daß sie, nachdem du sie ja sitzenlassen hast, vielleicht doch Vernunft
annimmt und zu ihm zurückkehrt.Was für euch drei zweifellos die beste Lösung wäre. Du sagst nichts? Naja. Du verstehst nicht,
wo das Geschäft ist und was mich das Ganze angeht. Aber du weißt ja, daß ich mir längst jeden Takt abgewöhnt habe. In meiner
Tätigkeit … Also, hör zu. Deine geehrte Frau Gemahlin will sich nicht nur nicht scheiden lassen, sondern sie hofft immer noch, daß ihr
einmal glückliche, friedliche Ehegesponse werdet, wobei der Himmel euren Bund vielleicht sogar mit Kindern segnet. Sie weiß,
daß du anders bist, hat aber keine Ahnung, was das bedeutet. Sie denkt sehr viel an dich, ärgerlich viel, und auch noch in
den unpassendsten Momenten. Aber du brauchst trotzdem kein Mitleid zu haben. Es geht ihr ganz ordentlich, ohne daß ich jetzt
weitere Einzelheiten |198| nennen möchte. Es geht ihr auch ohne dich ganz ordentlich …«
»Was willst du?« rief Mihály und blieb stehen.
»Nichts. Es handelt sich um ein kleines Geschäftchen. Herr Pataki denkt sich die Sache so, daß deine Frau, falls du einen
definitiven Schritt machst, einsehen würde, daß von dir nichts mehr zu erwarten und die Angelegenheit abgeschlossen ist.«
»Was für einen definitiven Schritt meinst du?«
»Zum Beispiel, wenn du die Scheidung einreichst.«
»Wie zum Kuckuck könnte ich das? Ich habe sie doch verlassen. Und überhaupt, auch wenn sie mich hätte sitzenlassen, würde
ich es nicht tun. Das ist die Sache der Frau.«
»Naja. Klar. Doch wenn die Frau nicht will, mußt du es tun. Zumindest ist das Herrn Patakis Standpunkt.«
»Was geht mich Patakis Standpunkt an, und überhaupt geht mich das Ganze nichts mehr an. Redet mit Erzsi. Ich bin mit allem,
Weitere Kostenlose Bücher