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Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea M Ben Habibi
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sie sich oben herum. Khalid guckt diskret in die Röhre. Wie ich später mitbekomme, ist der Fernseher nur sporadisch auf aus programmiert, er flimmert täglich vor sich hin.
    Ich klopfe Jaddas Rücken mit dem Franzbranntwein ab. Sie genießt die Fürsorge.
    »Uih, bon, ah, oh, oh«, stöhnt sie wohlig auf.
    Danach behandele ich ihren Kopf mit dem Rührstab von Lafer, so sieht das Kopfmassagegerät zumindest aus.
    Die Massage gefällt ihr so sehr, dass sie meine linke Hand ergreift und Küsse darauf haucht. Sie zieht einen goldenen Ring von ihrem Finger und hält ihn mir als Belohnung hin. Ich wehre ihren Schmuck ab, aber da schaltet sich Khalid ein.
    »Bitte steck dir den Ring an, ansonsten denkt sie, du magst sie nicht.«
    Dankbar streife ich mir den Ring auf meinen freien Mittelfinger, aber sogar dort ist er noch zu weit. Ich glaube, Jadda bereut ihr Geschenk, sie schaut so sehnsuchtsvoll auf meinen Finger. Gemächlich zieht sie sich das Hemd und die Bluse über ihre nackte Brust.
    Zwanzig Minuten später tippt mir Walda auf die Schulter. Sie will auch mit Lafers Rührstab bearbeitet werden. Als ich ihren Kopf durchwalke, jault sie voller Wonne. Zum Glück sind die Schwägerinnen mit ihren Handys beschäftigt, sonst wäre ich noch stundenlang am massieren.
    Jadda guckt mich wissbegierig an und sagt: »Ahlan wa sahlan, Almaniya.«
    Ich glaube, sie fragt nach meinem Namen. »Ich heiße Olivia und wie heißt du?«
    »Uuund wie heißt duuuuu?«
    Jadda plaudert mir alles nach. Ihre deutsche Aussprache ist perfekt.
    »Ich heiße Olivia und du heißt Nesrin.«
    »Iiich heiße Olivia und du heißt Nesrin.«
    »Nein, ich bin Olivia und du (ich tippe auf ihr Herz) bist Nesrin.«
    Ich verliebe mich in die bezaubernde, alte Dame.
    Bisweilen ruft sie: »Asslema Almaniya.«
    »Was will sie von mir?«, frage ich Khalid, der mit seinen Schwestern die Handys ausprobiert.
    »Willkommen Deutschland, sagt sie. Aber störe dich nicht weiter dran, sie tickt nicht richtig.«
    Dieser Satz regt mich mächtig auf. Ich werde Khalid heute Abend die Leviten lesen. Er soll seine Großmutter achten und nicht übles Zeug über sie reden.
    Die Minuten rasen vorbei, als unerwartet ein stattlicher, älterer Herr mit Halbglatze und ein jüngerer Bursche in Jeans und mit braunem Umhang im Wohnzimmer stehen.
    »Baba, mein Baba.«
    Schon liegen sich Khalid und sein Vater, der einen Blaumann trägt, in den Armen.
    Der kleine Mehdi schlüpft unter den Poncho des jüngeren Mannes. Daraus schließe ich, dass dieser Mehdis Vater ist und Sofienne heißt. Nun fehlt noch der Ehegatte von Alisha.
    »Saboor arbeitet bis abends in einer Jeansfabrik«, murmelt Khalid, als ich nach dessen Verbleib frage.
    Beide Männer freuen sich über hochmoderne, elektrische Markenrasierer.
    Während Jadda deutsche Wörter nachspricht, kochen Walda und Shirin einen stattlichen Topf mit Couscous, Hammel und Gemüse. Extrascharf.
    Ali Baba schleppt einen großen, niedrig ovalen Metalltisch ins Wohnzimmer. Auf diesen stellt Walda eine große Schüssel mit Couscous und darüber angerichtetes Hammelsoßengemüse. Ein Topf - Eintopf. Die Speise sieht gewöhnungsbedürftig aus.
    Vierzehn Leute, die enganeinander gepresst auf dem Boden sitzen, um Essbares zu ergattern, habe ich bisher noch nie gesehen. Mich beunruhigt, dass Teller und Besteck fehlen. Soll ich etwa mit der Hand essen?
    Ich habe gelesen, dass es in Tunesien nicht sittlich ist, die linke Hand zu verwenden. Oder war es die rechte Pranke? Ich atme auf, als Shirin mir einen kunstvoll verschnörkelten Blechlöffel bringt.
    Gebannt beobachte ich Walda, die das Couscous mit der rechten Hand zu einer Kugel formt, damit etwas Fleisch aufnimmt und sich in den Mund steckt.
    Ringsum sind verklebte Finger in der Schale, sodass keine Chance besteht, mit meinem Löffel Couscous zu erbeuten.
    Ich warte geduldig ab, bis die Meute gesättigt ist. An Jaddas Lautstärke und ihren Gebärden bemerken die anderen, dass sie nicht mit ihnen konform geht. In Windeseile ziehen sich alle Finger aus dem rötlichen Couscousbrei zurück. Für wenige Sekunden gehört mir die Schüssel allein.
    Ich greife hastig zu und schaufele mir einen übervollen Couscouslöffel in den Mund.
    »Hui, hui.« Beim Ausatmen spucke ich Feuer, so dämonisch scharf ist das nordafrikanische Gericht.
    »Harissa«, erklärt Walda kichernd. Mir ist eher zum Weinen zumute. Ich habe das Gefühl, ich befinde mich mutterseelenallein in der Hölle anstatt in der geliebten Heimat

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