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Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea M Ben Habibi
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meines Mannes.
    Als der letzte Rest der großen Terrine von Baba ausgeschleckt wird, schafft Shirin Orangen und frischen Fenchel herbei. Die Orangenschale lässt sich schwer abpellen. Als die Frucht frei gelegt ist und in meinem Mund verschwindet, stoppt sie das Feuer in mir. Auch die Fenchelknolle stillt meinen Durst.
    Nach der Mahlzeit geht Jadda in ihr Zimmer, um sich auszuruhen. Unsere drei Männer relaxen in den unbequemen Plastikstühlen, die in der linken Hofecke unter einem Sonnendach deponiert sind. Die blausilberne Shisha, die aromatisch nach Erdbeeren duftet, gibt der Stimmung eine orientalische Atmosphäre. Die Kinder toben und versuchen, sich gegenseitig die Rucksäcke zu mopsen.
    Ich denke, wir Frauen werden jetzt die chaotische Küchenschlacht beseitigen. Falsch gedacht.
    In der Küche stört sich niemand an der schmutzigen Unordnung. Statt aufzuräumen, kocht Walda arabisch gezuckerten Kahwa.
     
    Arabischer Kaffee für vier Espressotässchen:
    Vier Teelöffel Kaffeepulver,
    ein halber Liter Wasser,
    drei Teelöffel Zucker
    verrühren und in einem Töpfchen aufkochen,
    eine Prise Kardamom hinzufügen,
    fünf Minuten köcheln lassen,
    sobald sich Schaum bildet, in jeder Espressotasse wenig von dem Gebräu abgießen,
    dann kommt alles wieder auf den Herd,
    beim zweiten Aufschäumen, den Topf hochnehmen und schwenken,
    nach dem dritten Aufschäumen etwas Rosenwasser hinzugeben, umrühren und die Tassen voll gießen,
    Bekömmlicher als jeder Magenbitter.
     
    Walda serviert den Kaffee auf einem quadratischen, delfinblauen Kunststofftisch.
    Meinen Geschmack trifft der Kahwa nicht. Zu stark, zu süß. Zusätzlich mit Kaffeesatz, der zwischen den Zähnen knirscht.
    Kein Vergleich zu unserem leckeren Milchkaffee in Deutschland. Seit Khalid die Senseo-Maschine gesponsert hat, gehe ich in kein Café mehr, um Kaffee zu schlürfen. Stattdessen schäume ich mir warme Milch mit einem Quirl auf und vermische diesen Schaum mit einem frisch aufgebrühten Kaffeepad. An das arabische Gebräu muss ich mich noch gewöhnen.
    Walda schlürft mit schmatzenden Geräuschen ihre heiße Bohnenbrühe. Die Damen schwätzen im tunesischen Dialekt, dabei liebäugeln sie mit mir.
    Ob sie mich diffamieren?
    Bei Inshallah habe ich gelesen, dass die Bezzi-Familien im Beisein der fremden Frau ungünstig über sie reden. Über sie, mit deren Gefühlen gespielt wird. Das Opfer tappt im Dunkeln, denn der tunesische Dialekt ist schwer verständlich. Während über die dumme ungläubige Ausländerin getratscht wird, lächeln sie der Dame charmant ins Gesicht, um sich nicht zu verraten. Wo bin ich hier gelandet?
    Jadda steht in ihrem Zimmereingang und reißt mich mit heftigem Winken aus meiner Gedankenwelt. Da sich niemand an ihren Gebärden stört, fängt sie an zu jodeln.
    »Allahu akbar, Allah rahim.«
    Sie ruft: »Almaniya, Almaniya!«
    Ich distanziere mich von der fröhlichen Kaffeerunde und folge Jaddas Einladung. Ihre Wohnstätte setzt sich aus einem abgewohnten, dürftigen Raum mit wenigem Mobiliar zusammen. In der rechten Ecke steht ein antiker, kastanienbrauner Kleiderschrank aus der Barockzeit. Im Schwarzweißfernseher vor dem Fenster dudeln islamische Volksgesänge. Auf dem Bett gegenüber der Eingangstür liegen eine nussbraune Wolldecke und mehrere mit goldenen Pailletten bestickte Kissen. Hinter dem Bett lehnt eine Matratze. Somit dient die Bettstatt zugleich als Sofa für erscheinende Gäste. Auf dem wackeligen  Nachttischchen sehe ich den geschenkten, deutschen Kleinofen, der warme Luft ins Zimmer bläst. Die herumstehenden Wasserflaschen und Aluminiumbecher beleben diesen Raum. Gemüseschalen wirbeln durch das Zimmer und malen Farbe in die Luft.
    Selbst hier fehlen jegliche Dekorationsgegenstände sowie schmückender Zierrat an den Wänden. Später erfahre ich von Jamila, warum in tunesischen Wohnstätten eine emotionale Kälte herrscht.
    Jadda erhitzt Wasser mit dem antiken Tauchsieder, der schon bessere Tage erlebt hat. Sie zeigt auf Walda und schüttelt missbilligend ihren Kopf. »Samahni. Kahwa mush bon.«
    Sie gibt grünen Tee ins Glas und gießt diesen aus luftiger Höhe mit kochendem Wasser auf. In die Gläser wirft sie tunesische Pfefferminze.
    Die Teezeremonie dauert eine Viertelstunde. Jaddas Teezubereitungskunst geht zügig vonstatten. Wochen später erfahre ich, dass diese Verrichtung bei älteren, tunesischen Herren eine Ewigkeit dauert.

Wenn der Muadhin ruft
     
    Andächtig schlürfen Jadda und ich den

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