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Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea M Ben Habibi
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Jahren kam meine Mutter mit mir auf einer Wohnzimmercouch nieder. Sie melkte unsere Kuh im Stall, als ihre Fruchtblase platzte. Unaufgeklärt dachte sie, sie hätte in die Hose gepullert. Sie lief rasch ins Badezimmer, um sich einen frischen Slip anzuziehen. Meine Oma merkte sofort, dass ich hinaus ins wilde Leben drängte und somit gebar mich meine Mutter am Freitag, den 13. November 1959 um 13.13 Uhr Ortszeit in Schleswig-Holstein. Was daraus geworden ist, lesen Sie in diesem Buch.

Monastir
     
    Ich geselle mich zu meinem Schwiegervater, der unbeteiligt mit seiner Gebetskette spielt. Nach ein paar Minuten spricht er ein Machtwort. Voilà, die Damen winken dem Baby zu und folgen uns nach draußen. Anstatt den Weg nach Hause einzuschlagen, steuert Ali das Zentrum von Monastir an. Ich freue mich auf einen Stadtbummel, doch meine Familie steht mehr auf Kultur. Wir besichtigen das Bourguiba-Mausoleum. Bourguiba, der 1903 in Monastir geboren wurde, hat seinen Tempel für die Ewigkeit 1963 bauen lassen. Er führte das Land in eine Unabhängigkeit. Sein Mausoleum wuchs jährlich prächtiger und größer voran.
    Bourguiba setzte sich dafür ein, den Gesichtsschleier abzulegen. Er wollte nicht, dass sich eine Hälfte der tunesischen Bevölkerung versteckt. Leider stieß er auf viele taube Ohren, wie man heute sieht.
    Anno 2000 verstarb Bourguiba mit sechsundneunzig Jahren.
    Über eine weite, mit Palmen gesäumte Gasse gehen wir zum Portal, das einem kunstvoll verzierten Eisengitter gleicht. Ein Schild verkündet, dass der Zugang zum Mausoleum heute geschlossen ist. Wir riskieren einen Blick durch die verschnörkelten Eisenstäbe und sehen einen Wärter, der im Hof seine Runden dreht. Ali Baba ruft ihm etwas zu. Dreimal fällt der Name Olivia. Also ist von mir dir Rede, denn Baba ist der Einzige, der mich nicht Olive nennt. Der Aufseher fordert uns auf, um die Ecke zu gehen. Wir schlendern an den kunstvoll verzierten Eisenstangen entlang und geraten an ein pompöses Nebentor. Ali hat dem Aufseher erzählt, dass ich eine bekannte deutsche Moderatorin sei, die im Fernsehen über das Grab von Bourguiba berichten will.
    Aufgrund Ali Babas blasierter Schilderung sowie einigen spendierten Münzen öffnet der Bewacher einen Spaltbreit das Tor. Wir schlüpfen durch die schmale Lücke. Im Eingangshof säumen zwei hohe Minarette das Baugrabmal des ehemaligen Präsidenten. Die mit Gold überzogene Kuppel beschreibt sein Grab. Die zwei kleinen, grünen Kuppeln charakterisieren das Grab seiner Eltern und seiner zweiten Frau. Um das Mausoleum herum verläuft ein Bogengang. Im Inneren wird die rundliche Mitte, in der sich das Grabmal von Bourguiba und seine Amtsecke befinden, seitlich von kleinen Räumen umgeben. In diesen Kammern stehen Glaskästen, die mit Bildern und mit Bourguibas Garderobe bestückt sind. Die Grabstätte wirkt wie ein Museum. Allein der Kronleuchter über seine Gruft zeugt von unglaublichem Luxus.
    Bourguiba wird nicht an Hunger gelitten haben. Im Gegensatz zu mir, der gerade der Magen knurrt. Auch Jadda schnalzt mit der Zunge und reibt ihre Lippen aufeinander.
    »Ribat«, befiehlt Ali Baba.
    »Lä«, protestiere ich. »Jiana.«
    Jadda stimmt mir zu, indem sie ihren Daumen hebt. Die alte Dame traute sich bisher nicht, ihrem Schwiegersohn Kontra zu bieten.
    Aus Erbarmen geht Baba mit uns in ein vornehmes, italienisch-tunesisches Touristenrestaurant, das mit Vierertischen ausstaffiert ist. Ali flirtet mit der Kellnerin, die ihr rotes Haar unbedeckt zur Schau trägt. Sie rückt problemlos zwei Tische zusammen.
    Jadda und Walda fühlen sich in der edlen Atmosphäre unwohl. Zum allgemeinen Desaster legt die Bedienung Besteck auf den Tisch. Jadda schiebt ihre Gabel zu mir herüber. Wir bestellen uns Pizzen, die mit Thunfisch, Oliven und Tomaten belegt sind. Nur Jamila fällt aus der Reihe und ordert eine überteuerte Gemüselasagne. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, meine Pizza mit diesem stumpfen Messer zu schneiden. Beherzt greife ich zur Pizza und beiße ein Stückchen davon ab. Die anderen Augenpaare starren mich ungläubig an. Ich lächele süßsauer zurück. Gegen stumpfe Schneidwerkzeuge ist eben jedes Mittel recht. Jadda beginnt, mir nachzueifern. Auch meine Schwiegereltern nehmen ihre Pizzen in die Hände.
    Erst als Jamila anfängt, mit den Fingern den Käse von den Nudelblättern zu pflücken, schreite ich ein. Ich reiche ihr Messer und Gabel, damit sie ihr Gericht zivilisiert zu Munde führen kann. Wenn die

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