Reise in die arabische Haut
denn meine restliche Verwandtschaft interessiert sich sowieso nicht für den unnützen Mitfresser.
Hammam de Luxe
Ende April offenbart uns Walda, dass sie im Mittelmeer baden will. Das glaube ich zumindest, denn Alternativen zu ihren Schwimmbewegungen kommen mir nicht in den Sinn.
Ich zwänge mich zu meinen fünf Gleichgesinnten in den Mercedes-Oldtimer, und freue mich darauf, baldigst im Mittelmeer zu schwimmen. Irren ist menschlich.
Wir düsen nicht ans Meer, sondern nach Hammam Zriba. Hammam ist mir ein Begriff, aber dieser Hammam ist eine besondere Badeoase. Baba steuert den Wagen durch die Bergwelt. Vor dem Schwimmbad haben zwei jugendliche Wärter die Straße mit einem Sperrgitter verbarrikadiert. Sie verlangen fünf Dinar für Durchfahrt und Parkplatzsuche.
Ali Baba verflucht die Jungs aufs Übelste. Die Verwünschungen zeigen Wirkung. Die Bengel heben die Blockierung ohne Bezahlung auf. Wir passieren reibungslos die Zufahrtstraße.
Reine Abzocke, was hier abläuft. Ali Baba hat sich wenigstens gewehrt, was man nicht von allen Hammambesuchern behaupten kann.
Ein Parkplatz ist flott gefunden. Jadda holt einen Eimer und zwei kleine Schüsseln aus dem Kofferraum. Mit Seife im Kübel und Handtuch über der Schulter schlendern wir durch die farbenfrohen, beeindruckenden Marktstände links und rechts des Pfades.
Am Badehaus trennen wir uns. Walda, Shirin und Jamila gehen ins Frauen-Hammam. Ali badet im Männerbad.
Jadda geht mit mir in ein exquisites Familien-Hammam. Nachdem wir zehn Dinar Eintritt bezahlt haben, stiefeln wir eine Treppe hoch und befinden uns in einer kleinen, warmen Wandelhalle. Der Badehelfer bittet uns, ihm zu folgen. Unser Badezimmer liegt im linken Flügel. Klein und höllisch temperiert. Wir setzen uns auf die heiße Bank, die im Vorraum eingemeißelt ist. Unsere Klamotten hängen wir an Haken, die aus der nackten Felsenwand herausragen. Das tropische Klima verursacht Schwindel und durchweicht unsere Kleidung. Jadda badet in Unterwäsche. Ich habe vorausschauend heute Morgen meinen Bikini angezogen. Die aus Stein gemeißelte Wanne gleicht einem arabischen Whirlpool für mindestens vier Personen. Ich klettere in die Tiefe, stöpsele den Pfropfen ein und drehe den Wasserhahn auf. Aus dem Hahn fließt heißes, naturreines Quellwasser. Ein biologisches Vollwertbad. Die Temperatur ist nicht zu steuern. Ich erinnere mich an den Kochbrunnen in Wiesbaden, der dampfend heißes Wasser aus einem Springbrunnen plärren lässt. Heute baden wir im Kochbrunnen von Tunesien.
Jadda steht am Pool und nörgelt über den hohen Einstieg. Ich stelle das Wasser ab und helfe ihr, in unseren Badepool zu kraxeln. Sie stöhnt und fuchtelt grantig mit den Armen. Letztendlich landet sie ohne Blessuren im Pool. Sie setzt sich auf die kleine, eingemeißelte Sitzbank und freut sich über die Bezwingung der nassen Angelegenheit. Das kochend heiße Wasser raubt mir den Atem. Ich kann die Beendigung unserer Badesession kaum erwarten. Jadda quiekt entzückt. Sie ist das Wörtchen heiß gewöhnt. Ich liebe das Sauna- Klima nicht.
Zeitnah jammert Jadda über die vergessenen Behälter, die noch auf der Bank liegen. Ich klettere aus dem heißen Sumpf und sammle ihre Utensilien ein.
»Hey, was geht ab, wir brühen den ganzen Tag«, singe ich gutgelaunt, als mich von hinten ein Schwall kochendes Wasser trifft. Jaddas nervige Anmache, mir immer wieder heißes Wasser über den Leib zu schütten, verursacht meinerseits mehrere gefühlte Herzstillstände. Der Wasserstand erreicht unsere Brust. Konsequent drehe ich den Wasserhahn zu, obwohl Jadda mault. Allmählich passe ich mich der heißen Lava an. Als ich mich vollständig akklimatisiert habe, fischt Jadda mit einem Zeh den Pfropfen aus dem Abfluss und lässt Wasser ablaufen. Sie stellt das heiße Wasser wieder an, welches mein Herz zwingt, die Arbeit erneut auszusetzen. Ich gleite zu Jadda auf die eingebaute Wassersitzbank. Anders ist der Schwindel nicht zu ertragen.
Meine Begleitung fühlt sich pudelwohl und schöpft mit ihrem Bottich Wasser. Sie lockt mich mit einem Stückchen traditioneller Seife in ihre Nähe. Ungern stelle ich ihr mein Rückgrat zur freien Verfügung. Sie bearbeitet meinen Körper mit einem harten, kratzigen Tuch. Ich flenne, weil meine Haut grausam schmerzt. Jadda stört sich nicht daran, sondern schrubbt meine Schwarte ab, die sich peu à peu im Wasser auflöst. Meine Hautpartikel schwimmen auf der Oberfläche und bilden eine speckige
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