Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea M Ben Habibi
Vom Netzwerk:
gelangen wir zu den einzelnen Rängen. Ich schleife Jadda hinter mir her. Mein Allah, was ist sie behäbig.
    Nach knapp zwei Stunden sind wir quer durch das Gelände gestolpert. In einem unterirdischen Gang befinden sich Kerker, Verliese und Gewölbe. Ich versetze mich in frühere Zeiten zurück und male mir aus, wie die Gladiatoren sich für den Kampf rüsteten. Fiktiv schwinge ich mein imaginäres Schwert.
    Jadda reißt mich aus meiner Gedankenwelt: »Moschee, Moschee.«
    In Deutschland besuche ich nur alle Jubeljahre die Kirche.  Deshalb muss ich mir in Tunesien nicht zwangsläufig jede Moschee vor Augen führen, zumal ich täglich in Herrgottsallahfrühe vom Muadhin geweckt werde. Mittlerweile überhöre ich die Gebetsaufforderungen. Ich bin gegen die Aufrufe immun.
    Kirche und Gott, Allah und Moschee. Ich glaube an Gott, ich glaube aber nicht an die Kirche. Ich bin ausgetreten, um die Kirchensteuer zu sparen, zumal ich niemals etwas von dem Geld gesehen habe. Bisher benötigte ich weder einen Pfarrer für eine Hochzeit noch für eine Beerdigung. Sogar für Taufe und Co. muss man noch draufzahlen. Ob Spenden für die Entwicklungs- und Kriegsländer angekommen sind, hat mir niemand belegt. Kirche ist für mich ein zweiseitiges Schwert. Die linke Seite zieht dir das Geld aus deiner Tasche. Die andere Seite wirft dir ein Kirchenblatt in den Briefkasten und schaltet Werbung für den rundumerneuerten Kirchturm, den du mitfinanziert hast.
    Ich finde Gott überall, nicht nur in der Kirche. Ich finde IHN in dem Eichhörnchen, das Tag für Tag seine versteckten Walnüsse sucht. Auch auf Pfarrer Flieges Seite im Internet ist ER präsent, wo ich kontinuierlich eine Kerze für eine friedliche Welt anzünde. Oft hockt Gott in meinem Khalid, der noch nicht mal aufstöhnt, wenn ich ihn um Mitternacht zur nächsten Tankstelle schicke, um mir ein Mars zu besorgen. Mars macht mobil …
    Jaddas Gezeter zeigt Erfolg. Wir gondeln zur großen Moschee. Allah zeigt ein Einsehen und schließt das monumentale Gebäude, bevor wir eintreffen. Enttäuscht rappelt Jadda vehement am Tor. Das Entree bleibt dicht. Ein Schild weist darauf hin, dass die Moschee von Touristen nicht betreten werden darf. Das tangiert mich nur peripher. Durch meine extreme Verschleierung erkennt mich niemand als deutsche Touristin. Und nicht vergessen, die Moschee ist heute Nachmittag unpassierbar.
    Nahe den Bahnschienen liegt ein Museum. Der Zugang zum Garten gestaltet sich in farbiger Natur. Ich erfreue mich an den Blumen und Kräutern, die in Tunesien infolge Wassermangels nicht überall aus der Erde sprießen.
    Bevor wir heimfahren, kurvt Baba ein zweites Mal zur Einkaufsstraße. Im Auto vergleichen Walda und er die diversen Kostenaufstellungen für zehn Kinderräder und sechs Laufhilfen.
    Reibach macht der vorletzte Kiosk auf der linken Straßenseite. Der Inhaber sucht die kleinen Bikes zusammen. »Wie will Baba die Räder und Babygehhilfen transportieren?«, frage ich mich, als Ali seine Geldbörse zückt und mehrere Scheine hinblättert.
    Meine Überlegungen bezüglich des Transportes erübrigen sich. Fix verladen der Händler und Ali die Fahrräder auf das Autodach. Der hohe Fahrradberg, der an den Gepäckstangen sicher verschnürt ist, neigt sich leicht nach rechts. Ob die Bikes unbeschädigt Waldas Krämerladen erreichen werden, ist ungewiss. Nachdem die Drahtesel ordentlich verstaut sind, bemerkt Ali, dass die sechs Gehhilfen noch am Straßenrand liegen. In aller Seelenruhe schnürt Ali Baba die Fahrräder wieder ab und legt die Laufhilfen, zusammengefaltet, auf die Räder. Wiederholt zieht er die Mobile mit grauen Stricken fest. Die Aktion dauert länger als eine Stunde. Jadda guckt mich vielsagend an.
    Gestresst frönen wir der Langweile auf dem Rücksitz. Jede Straßenschwelle schürt die Angst, dass die Kinderfahrzeuge herunterpurzeln. Ich sehe mich am Boden herumkriechen, um die Kleinteile einzusammeln. An einer belebten Kreuzung werden wir von der Polizei angehalten und kontrolliert. Sie beanstanden weder unseren krönenden, instabilen Aufbau noch den schrottreifen Oldie. Sie sind nur an unseren Personalien interessiert. Mit einem freundlichen Au revoir wünschen sie uns eine gute Weiterfahrt. Die erbitte ich mir auch.
    Das Verkehrsaufkommen in Tunesien ist eines Blickes wert. Alte Schrottlauben mit einem Stern oder einem VW-Emblem, die durch jeden TÜV fallen, besiedeln hier die Highways to the Moschee. Verbeulte Opels, Fiats und Peugeots sausen

Weitere Kostenlose Bücher