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Reise mit Hindernissen nach England und Schottland

Reise mit Hindernissen nach England und Schottland

Titel: Reise mit Hindernissen nach England und Schottland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Edinburgh and Glasgow und die North-British; sie fuhrt zur Bank von Schottland, einem Gebäude mit einem herrlichen Standort, und mündet in den Lawn Market, eine Verlängerung von High Street und Canongate, die einen direkt zum Schloß bringt. Hier reckte der Glockenturm von Victoria Hall seine gotische Spitze in die Lüfte, und ein paar Schritte weiter oben machte Mister B. die Stadtbesucher auf das Haus des Dichters Allan Ramsay aufmerksam, der, obwohl zunächst Friseurgehilfe, den Beinamen »der schottische Theokrit« erhielt. Er war im 18. Jahrhundert der hiesige Jasmin. Die Häuser in diesem Teil von Castle Hill gehörten einst dem Edinburgher Adel und dienten ihm als Wohnsitz oder beinahe als Festung. Vor dem Schloß liegt eine großflächige Esplanade, die eine Bronzestatue des Herzogs von York im Prunkgewand eines Ritters des Hosenbandordens schmückt.
    Das Schloß von Edinburgh erhebt sich einhundertfünfzehn Meter über den Meeresspiegel; Jacques mit seinen falschen Vorstellungen von den verschiedenen Höhenverhältnissen wollte es zunächst nicht einsehen, doch er mußte die wohlbegründeten Argumente seines freundlichen Cicerone anerkennen. Dieser gab ihnen, während er sie durch die Innenhöfe führte, einen geschichtlichen Überblick über diese alte Festung, die in der Zeit der Dichterkönige Burg der Mädchen,
Castrum Puellarum,
geheißen hatte. Sie gehört mit jenen von Dumbarton, Stirling und Blackness zu den vier Schlössern, die seit der Vereinigung der beiden Königreiche immer befestigt sein müssen. Die Terrasse der Bastionen ist ein beliebter Ort für die Spaziergänge der Altstadtbewohner, und der Blick, der sich übers Meer und die umliegenden Berge erstreckt, ist einfach großartig. In der Königsbastion machte Mister B. sie auf eine gewaltige Kanone aus dem 15. Jahrhundert aufmerksam, bestehend aus Eisenstäben, die durch dicke Ringe aneinandergefügt sind. Man hätte meinen mögen, ein riesiges Metallfaß vor Augen zu haben. Doch sie ist bei einem öffentlichen Fest explodiert und trägt immer noch eine klaffende Wunde in ihrer zerfetzten Flanke zur Schau. Die Schloßbesucher waren zu müde, um noch in die Innenräume vorzudringen, und mußten also darauf verzichten, die schottischen Kronjuwelen zu sehen; von einem der Paradeplätze aus zeigte Mister B. ihnen das Fenster jenes berühmten Zimmers, in dem Maria Stuart James VI. zur Welt brachte, aus dem später James I. von England wurde. Noch heute ist das Bild der armen Königin in diesen Mauern lebendig, und das Herz dreht sich einem im Leibe herum, wenn man an diejenige denkt, die in ihrem Jahrhundert die schönste und am meisten geliebte Frau war.
    »Außerdem«, sagte Jacques, »war sie eine halbe Französin, und jeder Franzose muß die ergreifende Nichte der Herzöge von Guise durch sein Gedenken ehren.«
Sechsundzwanzigstes Kapitel
Neue Ausspracheübungen
    »Nun, meine Herren«, sagte Mister B., »müssen wir nur noch in die Inverleith Row zurückkehren, wo uns sicherlich schon das Abendessen erwartet.«
    »Mit Vergnügen«, antwortete Jacques, »doch ich möchte Sie um die Erlaubnis bitten, einen Wagen zu nehmen, denn ich bin todmüde.«
    »Nichts leichter als das, am Droschkenplatz in der Prinzenstraße; zum Glück brauchen wir nur abwärts zu gehen.«
    Nach wenigen Minuten hatten sie die Parkanlagen hinter sich, und ein Wagen fuhr zum Haus von Mister B. Das Dinner wurde mit derselben Liebenswürdigkeit serviert wie am Vorabend, es unterschied sich nur durch ein gewisses Haggis, eine Art Pudding aus Fleisch und Gerstenmehl, der sehr typisch für Schottland ist und in gebührender Weise gewürdigt wurde. Nach den verschiedenen Dessertzeremonien schickte Miss Amelia sich an, das Programm für die Exkursion zu den Seen zusammenzustellen. Sie hatte diese Künstlerreise bereits selbst unternommen, und ihr Gedächtnis eignete sich vorzüglich dafür, Abfahrtszeiten und Verkehrsmittel miteinander in Einklang zu bringen.
    Die beiden Touristen mußten durch den Forth geradewegs nach O. fahren, von dort mit der Eisenbahn über Stirling nach Glasgow reisen und über den Loch Lomond und den Loch Katrine zurückkommen. Zwei Tage würden für diesen traumhaften Ausflug genügen. Miss Amelia notierte diese Marschroute eigenhändig mit jener zarten, länglichen Schrift, die das einzig Elegante ist, was die Engländerinnen jemals erfunden haben. Jacques bat sie um dieses kostbare Dokument, und um mit seinen Kenntnissen zu glänzen, sagte er unter

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