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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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die Leuten wie Karl-Heinz keine Chance geben.
    »Das war knapp, wie?« sagte Alfred.
    »Es sind Kinder«, sagte ich. »Maßlos gefährliche Kinder. Die Treibhausluft bei uns tut ihnen gut.«
     
    Zu Hause legte ich mich nackt auf mein Bett, es war sehr warm im Zimmer. Nach einer Weile kam Krümel maunzend ins Haus, die Treppe hoch und legte sich quer über meine Beine. Irgendwann schellte das Telefon, und die ungläubige Stimme des Tierarztes Schneider sagte: »Ich habe obduziert. Der Kater hat sich bei seinen Freiheitsbemühungen selbst das Genick gebrochen.«
    »Wie schön. Ich komme gelegentlich vorbei.«
    »Das habe ich umsonst gemacht«, sagte er.
    »Danke«, sagte ich und schlief gleich darauf wieder ein. Als ich wach wurde, brannte die Sonne, es war drei Uhr nachmittags, und ich ging daran, einen Haufen altes Geschirr zu spülen. Ich hatte es noch zusammen mit Theresa benutzt, und einmal muß man anfangen aufzuräumen.
    Dann hockte ich mich in den Garten unter die zwei kleinen Birkenbüsche und dachte darüber nach, ob es sich lohnen könne, dem merkwürdigen Tod des Watermann ein paar Tage zu opfern. Das Wetter war schön genug, langsam nach Genf zu gondeln, sich ein wenig umzuhören und umzusehen. Die Frage war, ob die bloße Ahnung, daß der Mörder sein Opfer höchstpersönlich nach Genf lockte, ausreichte. Vor allem, wenn man die Auswahl zwischen mindestens acht Gruppen und also sehr vielen Menschen hatte.
    Ich entschloß mich für Genf, denn alles war jetzt besser, als in der Eifel zu bleiben und zu erleben, daß die Menschen in Urlaub fuhren oder braungebrannt und gutgelaunt zurückkehrten. Dann fiel mir ein, daß spätestens in achtundvierzig Stunden Minna Tenhövel auf den Hof rollen würde, und ich schalt mich einen Narren. Das war keine gute Entscheidung gewesen.
    Ich rief die Kripo in Kiel an. Ich ließ mich mit dem Diensthabenden verbinden und erklärte: »Mein Name ist Siggi Baumeister, ich bin ein Journalist. Ich war gerade in Kiel, um mich ein wenig um den Fall des toten Ministerpräsidenten Watermann zu kümmern. Bei der Gelegenheit lernte ich in einem abhörsicheren Haus des Verfassungsschutzes einen älteren Mann kennen. Man nennt ihn Opa. Er hat, direkt oder indirekt, eine Gruppe jugendlicher Rechtsradikaler auf mich gehetzt. Sagen Sie ihm bitte, er soll das lassen, sonst bekommt er Schwierigkeiten, und zwar gewaltige, denn ich …«
    »Moment, Moment, Sie sind hier falsch. Hier ist die Kriminalpolizei, hier ist …«
    »Sagen Sie Opa, daß die Jugendlichen zugegeben haben, auch noch dafür bezahlt zu werden. Ich danke Ihnen.«
    Dann legte ich auf, wohlwissend, daß sie sich nicht mochten, die Männer von der Kripo und die vom Verfassungsschutz. Sie würden sich einen Spaß daraus machen, Opa ein Feuer unter den Hintern zu setzen. Wenn man ein Ei legen will, sollte man das gründlich tun.
    Dann fuhr ich in die »Tasse« und aß ein großes Joghurteis mit Früchten. Als ich zurückkam, stand da ein Golf vor der Tür, und auf den Stufen hockte Minna und sagte: »Ich habe mir gedacht, daß ich sofort hierherfahre. Du hast es aber hübsch hier.«
    »Ab in den Garten. Da liegt ein Schlauch. Mach die Beete gründlich naß. Anschließend gibt es eine Forelle in Niederehe. Trag dein Gepäck rauf in das erste Zimmer. Wir fahren morgen früh um vier.«
    »Wieso hast du nach Karl-Heinz gefragt?«
    »Er war vor ein paar Stunden noch hier. Ich erzähle es dir. Aber erst den Garten sprengen.«
    Ich berichtete ihr alles bei der Forelle, und sie war tief betroffen und wollte nicht aufhören, darüber zu sprechen.
    Sie fragte: »Wie kann denn irgendein Geheimdienst so dumm sein, sich mit der Mitarbeit von solchen Kindern zu belasten?«
    »Das ist überhaupt nicht dumm und zuweilen die einzige Möglichkeit, herauszufinden, welche Stimmung unter den Extremen herrscht.«
    »Aber dann noch mitarbeiten lassen …« Sie verstand das nicht.
    »Diese Mitarbeit läßt sich in der Regel nicht beweisen. Um die Mitarbeit zu beweisen, müßte ein Richter die wahrheitsgemäße Zeugenaussage von Beamten verlangen können. Kann er aber nicht, denn diese Beamten erhalten von ihrer vorgesetzten Behörde in der Regel keine Aussagegenehmigung. Das bedeutet in unserem Fall: Ich kann so oft behaupten, wie ich will, daß die Kids auf mich angesetzt und bezahlt wurden. Beweisen kann ich das nie und nimmer.«
    »Das ist Machtmißbrauch.«
    »Stimmt.«
     
    Wir schliefen ein paar Stunden, luden das Gepäck ein und verließen die

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