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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Eifel morgens gegen halb fünf. Bis Koblenz ging es glatt, aber dann gerieten wir bald in die ersten Staus. Dummerweise hatte ich übersehen, daß in Nordrhein-Westfalen an diesem Tag die Ferien begannen. Es war hoffnungslos, und so fuhren wir kurz vor dem Autobahnkreuz Weinsberg ab, um uns über deutsche Landstraßen nach Süden zu quälen. Grob gesprochen hangelten wir uns über den Schwarzwald nach Süden, übernachteten in Basel und fuhren dann über Montreux weiter nach Genf.
    Immer wieder begannen wir unsere Überlegungen mit dem Satz: »Er gibt also der Nation sein Ehrenwort, ich wiederhole Ehrenwort, und entschwindet in den Urlaub …« Einmal fragte sie: »Nehmen wir einmal an, das Apartment ist der Tatort. Es war von einer Flasche Rotwein die Rede. Da sollen auch zwei Gläser gestanden haben. Dann ist nicht mehr von Rotwein und Gläsern die Rede, sondern von einer Flasche Whisky. Ist das Apartment nicht genau durchsucht worden?«
    Ich dozierte also: »Dieser Tatort, das Apartment, ist das dubioseste, was ich je erlebt habe. Du erinnerst dich, daß dieser Etagenkellner Vergori dem Watermann am Samstagabend gegen halb sieben eine Flasche Rotwein mit zwei Gläsern brachte? Gut. Es war eine Hausmarke namens: ›Gestiefelter Kater‹ von 1985. Watermann sagte Vergori, er solle nichts eingießen, das mache er selber. Als Watermanns Leiche gefunden wird, ist diese Flasche Rotwein verschwunden, buchstäblich verschwunden, denn Vergori hat nach eigenen Angaben die leere Flasche und die Gläser nicht wieder aus dem Apartment herausgeholt, er hat es nicht mehr betreten. Die beiden Gläser gab es noch. Eines lag zerdeppert, aber nachweislich ausgespült und ohne Fingerabdrücke, im Papierkorb, das andere stand unbenutzt auf einem Tischchen. Die Rotweinflasche war verschwunden, dafür lag in einem Papierkorb eine kleine Flasche Whisky der Marke ›Jack Daniels‹ aus der Mini-Bar. Sie war ausgetrunken und ebenfalls ausgespült und ohne Fingerabdrücke …«
    »Und trotzdem haben die schlauen Leute sich für Selbstmord entschieden?«
    »Sie wollten auf keinen Fall die Wahrheit wissen.«
    »Also hat Watermann zusätzlich zu den acht Medikamenten auch noch Alkohol getrunken?«
    »Eben nicht. Die Obduktion hat keine Spur von Alkohol ergeben. Das heißt, sowohl den Rotwein wie den Whisky hat jemand anderer getrunken. Oder, um verwirrende falsche Fährten zu legen, den Rotwein ausgegossen oder verschwinden lassen, und den Whisky ausgegossen.«
    »Die Staatsanwaltschaft in Kiel hat das Ermittlungsverfahren abgeschlossen, obwohl sie das alles wußte?«
    »Obwohl sie das alles wußte.«
    »Stimmt es eigentlich, daß dieser Gerber im benachbarten Hotel einquartiert war? Und wer genau ist Gerber?«
    »Manfred Gerber, Alter heute zweiundfünfzig, gibt als Beruf Privatermittler an, wurde jahrelang vom Bundeskriminalamt als privater Agent eingesetzt und gefördert. Machte sich einen Namen durch einige merkwürdige Dinge. Zum Beispiel sprengte er ein Loch in die Gefängnismauer in Celle, um dadurch in den inneren Kern der Rote-Armee-Fraktion zu gelangen. Arbeitete später für deutsche Industrieunternehmen in Südamerika. Ein sehr mysteriöser Mann. Er war nachweislich in Genf, als Watermann starb. Wohnte nur ein paar Meter weiter. Das sagt alles, aber gleichzeitig sagt es nichts, denn Genf ist die internationale Hochburg der Geschäftsleute, die mit Waffen reich werden. Gerber hat eine enge Anbindung an diese Leute, tummelt sich dauernd für Versicherungen im Untergrund. Insofern ist es auch logisch, daß Watermann ausgerechnet nach Genf gelockt wurde, denn Watermann wiederum wußte eine Unmenge über illegale Waffendeals. Er wußte genau Bescheid über den U-Boot-Deal mit Südafrika, er wußte über eine Unmenge von illegalen Waffengeschäften deutscher Unternehmen in kriegführende Drittländer Bescheid. Viele dieser Waffen sind zunächst in die DDR geschafft worden, um von dort verschifft zu werden. Der Knabe, der das arrangierte, heißt bekanntermaßen Schalck-Golodkowski und war nicht nur Geheimdienstoffizier, sondern der absolute Managerkönig der Ex-DDR.«
    »Also kann irgendein Waffenhändler Watermann ermordet haben …«
    »Kann, bestenfalls kann. Für Waffenhändler von internationalem Ruf war dieser Watermann nicht mehr als ein quersitzender Furz, ein unbedeutender Mensch.«
    Sie starrte mich von der Seite an und begann zu kichern.
    »Ihr seid doch bescheuert, ihr Männer. Glaubst du denn im Ernst, irgendein

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