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Reise nach Ixtlan.

Reise nach Ixtlan.

Titel: Reise nach Ixtlan. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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prächtig. Aber gleichgültig, ob seine Kraft gering oder herrlich ist, der Tod muß innehalten, um seiner letzten Begegnung auf Erden beizuwohnen. Der Tod kann den Krieger nicht mit sich nehmen, der ein letztes Mal von den Mühen seines Lebens berichtet - bis er seinen Tanz beendet hat.«
    Don Juans Worte ließen mich zittern. Die Stille, die Dämmerung, die großartige Landschaft, all dies schien nur da zu sein, um das Bild von des Kriegers letztem Tanz der Kraft zu unterstreichen. »Kannst du mich diesen Tanz lehren, obgleich ich kein Krieger bin?« fragte ich.
    »Jeder, der die Kraft jagt, muß diesen Tanz lernen«, sagte er. »Aber ich kann ihn dich nicht lehren. Bald wirst du einen würdigen Gegner haben, und dann werde ich dir die erste Bewegung der Kraft zeigen. Die übrigen Bewegungen mußt du selbst im Lauf deines Lebens hinzufügen. Jede muß in einem Gefecht der Kraft neu errungen werden. Genauer gesagt, die Haltung, die Figur des Kriegers ist also die Geschichte seines Lebens; ein Tanz, der sich in dem Maß ausdehnt, wie seine persönliche Kraft zunimmt.«
    »Hält der Tod wirklich inne, um den Tanz des Kriegers zu beobachten?«
»Ein Krieger ist nur ein Mensch. Ein bescheidener Mensch. Er kann die Pläne seines Todes nicht ändern. Aber sein unbeugsamer Geist, der in ungeheuren Mühen Kraft aufgespeichert hat, kann den Tod gewiß einen Augenblick aufhalten; einen Augenblick, der lang genug ist, um ihn im Gedenken an seine Kraft frohlocken zu lassen. Man könnte sagen, es ist ein Zeichen, das der Tod mit denen hat, die einen unbeugsamen Geist haben.« Ich war von Angst überwältigt und redete drauflos, nur um sie zu dämpfen. Ich fragte ihn, ob er Krieger gekannt habe, die gestorben sind, und wie ihr letzter Tanz ihr Sterben beeinflußt habe. »Laß das«, sagte er trocken. »Das Sterben ist eine erhabene Sache. Es ist mehr als nur die Beine strecken und steif werden.«
»Werde auch ich in den Tod tanzen, Don Juan?«
»Gewiß. Du jagst persönliche Kraft, auch wenn du noch nicht wie ein Krieger lebst! Heute schenkte die Sonne dir ein Omen. Die besten Werke deiner Lebensarbeit werden dir am Ende des
    Tages gelingen. Offenbar hast du nichts für den jugendlichen Glanz des frühen Lichtes übrig. Am Morgen zu reisen hat keinen Reiz für dich. Aber deine Sache ist die sterbende Sonne, mattgelb und reif. Du liebst nicht das Feuer, du liebst die Glut. Und so wirst du hier auf diesem Gipfel am Ende des Tages in den Tod tanzen. Und in deinem letzten Tanz wirst du von deinem Kampf berichten, von den Schlachten, die du gewonnen hast, und von denen, die du verloren hast; du wirst von deinen Freuden und Verwirrungen bei deinen Begegnungen mit der persönlichen Kraft erzählen. Dein Tanz wird von den Geheimnissen und Wundern erzählen, die du gespeichert hast. Und dein Tod wird hier sitzen und dich beobachten. Die sterbende Sonne wird auf dir glühen, ohne dich zu verbrennen, wie sie es heute tat. Der Wind wird sanft und mild sein, und dein Berggipfel wird erbeben. Wenn dein Tanz zu Ende geht, wirst du in die Sonne blicken, denn du wirst sie nie wieder, weder im Wachen, noch im Träumen sehen, und dann wird dein Tod nach Süden weisen, in die Weite.«

14. Die Gangart der Kraft
Samstag, 8. April 1962
    »Ist der Tod eine Person, Don Juan?« fragte ich, als ich auf der Veranda Platz nahm. Don Juans Blick drückte Bestürzung aus. Er hielt eine Tüte mit Lebensmitteln in der Hand, die ich ihm mitgebracht hatte. Er legte sie vorsichtig zu Boden und setzte sich mir gegenüber. Dadurch ermutigt, erklärte ich, daß ich wissen wolle, ob der Tod eine Person oder wie eine Person sei, wenn er den letzten Tanz eines Kriegers beobachtete. »Was besagt das schon?« fragte Don Juan.
    Ich sagte ihm, daß dieses Bild mich fasziniere und daß ich wissen wolle, warum er es gewählt habe. Ich fragte ihn, woher er wisse, daß dies so sei.
    »Das ist alles ganz einfach«, sagte er. »Ein Wissender weiß, daß sein Tod sein letzter Zeuge ist, denn er sieht.«
»Willst du sagen, daß du selbst Zeuge beim letzten Tanz eines Kriegers warst?«
    »Nein. In diesem Sinn kann man nicht Zeuge sein. Das kann nur der Tod. Aber ich habe meinen eigenen Tod gesehen, der mich beobachtete, und ich habe für ihn getanzt, als würde ich sterben. Am Ende meines Tanzes wies der Tod nicht in eine bestimmte Richtung und der Platz meiner Liebe erbebte nicht, um mir Lebewohl zu sagen. Also war meine Zeit auf Erden noch nicht um, und ich starb nicht. Als dies

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