Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reise ohne Ende

Reise ohne Ende

Titel: Reise ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
den Wechselzeremonien. Doran, unter uns: Ich bin auch froh, daß der Wechseltag da ist. Gilharrad ist einfach zu alt für das Amt des Jahreskapitäns. Ich hatte schon vor zwei Jahren damit gerechnet, daß er zurücktritt und den Wanderstatus annimmt. Ich weiß nicht, wie wir es geschafft hätten, wenn wir dieses Jahr einen neuen Planeten gefunden hätten.«
    Gildoran nickte nur – es wäre schlechtes Benehmen gewesen, wenn jemand in seinem Alter einen Kommentar über die Kompetenz oder Nichtkompetenz des Jahreskapitäns abgegeben hätte, besonders wenn er so alt und ehrwürdig wie Gilharrad war. Gildoran hatte noch nicht einmal die Qualifikation für die Kapitänswürde, und seine Identitätsscheibe wurde an der jährlichen Verlosung noch nicht beteiligt. Er konnte Gilrae aber zustimmen, ohne unhöflich zu sein.
    Wie das oft vorkam, schien Gilrae seine Gedanken lesen zu können. »Es dauert nicht mehr lange, dann stehst du auch auf der Kapitänsliste«, sagte sie. »Ich glaube, du wirst eines Tages einen guten Kapitän abgeben.« Sie sah auf die Reihe von Schälchen, die er aufstellte. »Eigentlich ist es schade, daß du die Zeremonie verpaßt …«
    »An der Zeremonie liegt mir nichts, ich will jetzt sofort wissen, was ich im nächsten Jahr für Aufgaben haben werde«, brummte Gildoran. Er sah nicht ein, warum nicht die Puhbären den Kindern ihr Essen geben konnten.
    »Na ja, es gibt noch mehr Jahre«, sagte Gilrae gut gelaunt. Ihm gegenüber war sie immer so gutgelaunt, dachte er mißmutig. Sie behandelte ihn genauso, als sei er noch einer von den Kleinen! Sie sah sich noch einmal in der Kinderstation um. »Ich gehe ungern hier weg. Es macht mir Spaß, hier mit den Kindern und den Ärzten zu arbeiten. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte mich auf Medizin spezialisiert.« Rae war in diesem Jahr biologischer Offizier gewesen, und wenn in der Kinderstation kleine Kinder waren, verbrachten die Biologen, wie die Mediziner, den größten Teil ihrer Zeit damit, die Kinder zu pflegen und für sie zu sorgen. Sie sagte noch: »Die Gruppe hier habe ich richtig liebgewonnen, jetzt, da ich weiß, daß sie alle überleben werden. Ich denke, es ist an der Zeit, ihnen ihre Namen zu geben, meinst du nicht auch?«
    »Noch ein paar Wochen, dann sind sie ein volles Jahr alt«, sagte Gildoran. Nach Schiffszeit war es nun fast ein Jahr her, daß sie den Planeten verlassen hatten, auf dem er aufgewachsen war. Er konnte nun ohne allzu große Schmerzen an Janni denken. Er dachte kaum noch an sie. Wenn sie heute einen Planeten finden und zurückkehren würden, dann wäre sie alt, eine alte Frau, oder tot.
    Weit öfter als an Janni dachte er an Merrik, der den Weltraum gewollt hatte und wußte, daß er ihn nie bekommen konnte. Er hatte Merrik nur so kurz gekannt und war ihm in dieser kurzen Zeit nähergekommen als Janni in einem ganzen Jahr. War ein Freund einem immer näher als eine Geliebte?
     
    Vielleicht kommt das daher, dachte er, daß mir Gilmarin noch immer fehlt. Die ganze Zeit, jeden Tag. Gilmarin wird mir immer fehlen. Oder Giltallen.
     
    Er schaute Rae an und dachte daran, daß ihr Giltallen ebenso fehlte wie ihm sein Freund, sein erster Freund, Gilmarin fehlte. Er sagte impulsiv: »Vielleicht sollte unter den Kindern dort ein Giltallen sein, wenn wir ihnen die Namen geben, Rae. Oder vielleicht eine Giltallena.«
    Er sah, wie sie zusammenzuckte, und erkannte den nackten Schmerz in ihren Augen. Sie schluckte und konnte ihm einen Moment nicht antworten. Dann sagte sie: »Noch nicht, meine ich. Das ist zu früh, Doran. Laß mir … laß uns allen noch ein bißchen Zeit.« Ihre Stimme war ruhig, aber er hatte gesehen, wie sie zusammengezuckt war. Sie sagte schnell: »Ich muß hoch zu der Zeremonie. Ich schicke dir sofort jemanden herunter, sobald ich Bescheid weiß, der dir sagt, was du als nächstes zu tun hast. Kopf hoch – noch drei Jahre, und du bist alt genug, dir dein erstes Spezialgebiet auszusuchen.«
    Sie ging weg, und Gildoran machte damit weiter, den Kindern das Besteck für das Abendessen hinzustellen. Es war nicht so, daß er den Dienst in der Kinderstation nicht mochte. Nein, aber er hatte die Strampelhosen der Kinder und ihre Rasseln ein wenig satt, und er war es müde, die Spielsachen aufzulesen, die sie von einem Ende der Station zum anderen verstreuten. Die Vierjährigen waren gerade dabei, die Schiffsdisziplin zu lernen, die eiserne Regeln darüber einschloß, alles wieder dorthin zu bringen, wo es hingehörte,

Weitere Kostenlose Bücher