Reise til helvete
die Dinge sprechen, die passieren?“ Dylan stöhnte verzweifelt. „Das muss doch möglich sein …“
Er erhielt keine Antwort. Thor starrte wieder auf den Fernseher, nicht gewillt, zu den Anschuldigungen Stellung zu nehmen.
Ein Verhalten, das Dylan zunehmend verunsicherte. Er kannte Thors lange Sprechpausen, seine nachdenklichen Schweigeminuten. Doch irgendwie war diesmal alles anders. Fahlstrøm war abweisender, regelrecht teilnahmslos. Er ließ Dylan stehen, wie eine Witzfigur, wie eine überflüssige Angelegenheit.
Ein ungutes Gefühl überkam Dylan. Es wurde nahezu unerträglich, als er Thors finstere Miene dazu betrachtete. Er konnte folgende Worte kaum aussprechen:
„Du machst doch nicht etwa Schluss, oder?“
Die Anspannung im Zimmer war spürbar. Thor drehte seinen Kopf. Sein Blick war emotionslos.
„Hatten wir je einen Anfang?“
Dylan überkam sofortige Ohnmacht. Er presste die Lippen fest aufeinander, Tränen drangen in seine Augen. Ganz unbeabsichtigt.
„Du bist so ein verdammtes Arschloch!“, brach es aus ihm heraus, dann stürmte er aus dem Zimmer.
Im Flur sackte er in sich zusammen. Seine Knie gaben nach. Er rutschte an der Wand zu Boden und kaschierte sein Gesicht hinter den Händen. „Verdammte Scheiße!“
Ungnädig hämmerten Fahlstrøms Worte in seinem Kopf. „Das kann er nicht machen, das kann er nicht … Scheiße!“
„Entschuldigen Sie, können wir helfen? Ist Ihnen nicht gut?“
Dylan sah auf. Ein älteres Ehepaar stand vor ihm und sah ihn verwundert an. Schwerfällig kam er auf die Beine, dabei fuhr er sich flüchtig über die feuchten Augen. Wimperntusche blieb an seinen Händen kleben.
„Nein, danke, alles in Ordnung!“ Umständlich wischte er die Farbe von den Fingern.
„Tatsächlich?“ Die Frau in vornehmer Robe musterte ihn genau. Er war leger gekleidet mit Shirt und einer ¾-Cargo-Hose sowie schwarzen Sneaker. Was sie wohl von ihm dachte? „Aber Sie sind verletzt.“ Sie deutete auf seine Wange.
Er winkte ab. „Das ist eine Skarifizierung!“ Bei dieser Äußerung musste er selbst lachen. Wie konnte er jetzt bloß Witze reißen? Das Ehepaar blieb skeptisch. „Ein Cutting!“, formulierte er es anders. „Ist im Trend.“
Die Eheleute sahen sich kopfschüttelnd an und gingen weiter.
Doch dieser erheiternde Moment dauerte nicht lange an. Kaum war Dylan alleine, holte ihn die Realität wieder ein.
Er griff nach seinem Handy und wählte Eriks Nummer. Es dauerte eine Weile, bis jemand abnahm.
„Na? Wie ist es gelaufen?“ Eriks Frage klang locker. Im Hintergrund waren lebhafte Stimmen zu hören. Er befand sich offensichtlich noch immer im Speisesaal.
„Beschissen war es!“ Dylan lehnte erneut gegen die Wand. Zum Glück war niemand im Gang unterwegs. „Was soll ich denn jetzt machen?“
„Wo bist du?“
„Vor der Kabine.“
Erik zögerte nicht lange. „Bin gleich bei dir.“
Dylan blieb wie versteinert stehen. Aus der Suite drangen noch immer die Laute des Fernsehers. Er war richtig erleichtert, als Erik am Ende des Flures auftauchte.
„Hat Tony was bemerkt?“, rief er ihm entgegen. Erik schüttelte den Kopf und eilte herbei, so schnell, dass seine langen Haare hinter seine Schultern glitten. „Nein, der denkt ich bin für kleine Jungs.“ Tiefgründig sah er Dylan an und dessen wässrige Augen entgingen ihm nicht. „Was ist passiert?“
„Es war genau, wie ich vermutet habe“, schilderte Dylan. „Er lässt nicht mit sich reden. Ignoriert mich als wäre ihm alles scheißegal.“ Erschöpft blinzelte er die Tränen weg. „Sieh mich an?“ Er deutete auf sein entmutigtes Gesicht. „Der Kerl bringt mich zur Weißglut!“
„Bleib ruhig, bitte!“ Erik fasste nach seinem Arm, doch Dylan konnte sich nicht mehr beherrschen und jammerte weiter:
„Was hat der bloß mit mir gemacht? – Ich heule ! Wegen ihm – und nicht das erste Mal!“ Er sah an Erik vorbei und stierte planlos in den Flur. Seine Fingerkuppen, die von Wimperntusche geschwärzt waren, glitten über die Hose. „Ich habe früher nie geweint, ganz im Gegenteil.“
Ein verzweifeltes Lachen folgte. Ja, früher hatte er lieber um sich geschlagen und gebrüllt, anstatt zu heulen. War er wirklich zum Schaf geworden?
Erik suchte händeringend nach Worten. „Na ja, mit Thor ist es auch nicht einfach …“
„Ich glaube, es ist aus“, entwich es Dylan in Gedanken. Er sah zu Boden und kämpfte nochmals mit den Tränen, doch die liefen einfach aus seinen Augen heraus. Wie
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