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Reise zu Lena

Reise zu Lena

Titel: Reise zu Lena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Neven DuMont
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reden.«
    »Und ich war voller Zorn. Ich habe dieses Kind gezeugt, es vom ersten Tag an geliebt. Und dann: Ein Totenschein! Das war's! Was hatte ich getan? Wo sollte ich mit meiner Liebe hin? Warum wurde ich so hart bestraft? Das war mein einziger Gedanke. Aber kein Abschied, kein kleiner Gedanke, nein, nichts. Ja, wo soll ich mit meiner Liebe hin? Ein billiges Papier: Tod durch Ertrinken . . . die Leiche im Meer irgendwo. Das alles musst Du glauben, wie Du an Gott glauben sollst. Du verfügst über keine weitere Information. Deine Tochter ist eine gute Schwimmerin, aber sie ist ertrunken. Alles macht keinen Sinn, aber Du musst es glauben. Und Du, Christie, Du hast geschwiegen.«
    Stille lag über dem Raum. Lena, die weiter abseits saß, reckte sich auf ihrem Stuhl:
    »Muss man Dir alles sagen? Verstehst Du so wenig?«
    »Ja, ich verstehe so wenig. Es ist so.«
    Sein Kopf sackte nach vorne.
    Lena war aufgestanden und fuhr mit ausgestreckter Hand langsam über seinen Scheitel. Er saß gekrümmt auf seinem Sessel, die Tränen liefen über sein Gesicht.
    »Gut, ich habe geschwiegen!« Christies Stimme klang jetzt fast schrill. »Das ist wahr. Aber wahr ist auch, dass mir jedes Wort in der Kehle steckengeblieben war. Ich habe Deine Tochter in den Tod begleitet . . . Und Du sagst zu mir: Du hast geschwiegen. Was verlangst Du von mir?«
    Er hob den Kopf nach oben, dann zur Seite, der Blick streifte Christies Gesicht:
    »Nein, nein! Ich meinte nicht Dich, ich bringe alles durcheinander: Ich meinte . . . Hör nicht auf mich . . .«
    Lena ging zu Christie hinüber:
    »Christie, dann beende jetzt Deine Geschichte. Dann hast auch Du es hinter Dir. Dazu bist Du doch eigens von so weit zu uns gekommen. So ist es doch?«
    »Ja«, antwortete Christie, jetzt wieder gelassen, »das habe ich gesagt. Und Du hast recht, Lena, die Geschichte ist jetzt gleich zu Ende, es sind nur noch wenige Seiten.« Und sie fuhr fort:
    »Mit steifen Gliedern stiegen wir aus dem Riesenvogel um in die winzige, klapprige Maschine. Nur noch ein Sprung und George stand schon da, erwartete uns mit seinem Jeep vor der Holzbude hinter der schmalen Graspiste. Ich glaube heute, er wusste Bescheid, ahnte schon, was passieren würde. Unsere kleine Insel, verschlafen wie immer und fernab von allem, hatte uns wieder. Wir wohnten wie damals in unserem vertrauten Bungalow, nur George kam nun nicht mehr in der Nacht zu uns. Glorie lag unter dem funkelnden Sternenhimmel und sprach mit sich selbst, während ich drinnen versuchte, Schlaf zu finden.
    Obwohl wir nicht geredet hatten, nicht Glorie mit mir, noch sie mit George, wussten wir es. Wir mussten keine überflüssigen Worte verlieren. Aber ich hoffte noch, noch immer: Vielleicht würde sich alles in Luft auflösen, in letzter Minute vielleicht. So etwas wie ein Wunder geschehen!
    Und so schien es auch zunächst: Einige Tage nach unserer Ankunft klärte sich Glories Miene auf. Sie sah mich freundlich an. Doch dann hatte Glorie zu George und mir gesagt: Es durchfuhr mich, auf dieses Signal hatte ich gewartet, seit Wochen, seit Tagen, seit Stunden, nachdem das Wort gefallen war. und . Aus ihrem Mund. In der Nacht legte sie sich neben mich, drückte ihren Kopf fest an meine Schulter, ergriff meine Hand, so wie früher:
    >Warum weinst Du?<
    Meine Antwort:
    >Ich weiß es nicht.<
    Ich war feige, ich konnte nichts anderes herausbringen, war ohnmächtig, verzweifelt, gelähmt.
    >Also gut, morgen nicht. Morgen gehen wir nicht tauchen.<
    Ich dachte wieder, jetzt sind wir gerettet. Ich fragte nicht, wie lange und warum. Ich wusste nur: Jetzt sind wir gerettet, zumindest fürs Erste, und schlief sofort, am Ende meiner Kräfte angelangt, ein.
    Wir tauchten nicht am nächsten Tag, wir tauchten nicht am übernächsten Tag. Wir waren nur wenige Schritte von den Wellen des Meeres entfernt und berührten nicht das Wasser. Am dritten Tag sah ich, wie George mit verschlossener Miene wortlos unser Tauchzeug zusammenpackte und zum Boot trug. Ganz nebenbei sagte er zu mir:
    >Kommst Du mit?<
    Ich hatte keine Wahl. Natürlich musste ich mitkommen! Ich hockte wenige Minuten später neben den beiden in Georges Boot, wir tuckerten friedlich um die Westspitze der Insel herum, sahen ins Wasser hinunter, das sich am frühen Morgen still und klar zeigte. Der Blick fiel weit hinunter. Wir fuhren weiter und weiter, legten endlich an einer abgelegenen Boje an, weit und breit kein Mensch, kein

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