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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Glück und Geschick die paar Schuß Pulver verwenden, welche uns noch blieben? Wenn wir einen Bären erlegten, wären wir für den ganzen Rest der Reise versorgt.
    – Ohne Zweifel, sagte der Doctor, aber diese Thiere sind selten und flüchtig. Und gerade, wenn man daran denkt, was von dem Erfolge eines Schusses Alles abhängt, zittert die Hand und versagt das Auge.
    – Sie sind doch ein tüchtiger Schütze, sagte Bell.
    – Ja, aber nur dann, wenn nicht die Beschaffung der Nahrung für vier Mann von meiner Fertigkeit abhängt; giebt es aber der Zufall, so will ich mein Bestes thun. Für jetzt, lieben Freunde, begnügen wir uns mit diesen dünnen Pemmicanschnitten und suchen zu schlafen. Morgen früh mag’s weiter gehen.«
    Schon nach kurzer Zeit lagen Alle, von übermäßiger Müdigkeit bewältigt, trotz aller Gedanken, die sie beschäftigten, in tiefem Schlafe.
    Am Sonnabend darauf weckte Johnson frühzeitig; die Hunde kamen an den Schlitten und fort ging’s nach Nordwesten.
     

    Der Himmel war prächtig, die Luft überaus rein, und die Temperatur sehr niedrig. Als die Sonne über dem Horizont erschien, hatte sie die Form einer langen Ellipse; ihr horizontaler Durchmesser erschien durch eine sonderbare Strahlenbrechung doppelt so groß als der verticale. Klar, aber kalt, schossen ihre Strahlenbündel über die ungeheure Eisebene. Schon diese Rückkehr zum Licht, wenn auch nicht zur Wärme, erfreute die Wanderer.
    Der Doctor schweifte, trotz Kälte und Verlassenheit, mit dem Gewehre eine bis zwei Meilen weit allein herum; vorher hatte er seine Munition sorgsam gemustert: er hatte nur noch vier Schuß Pulver und drei Kugeln, mehr nicht; und wie wenig war das, wenn man bedenkt, daß der starke und lebenszähe Eisbär oft erst auf den zehnten bis zwölften Schuß fällt.
    Der Ehrgeiz des Jägers war auch gar nicht auf ein so großes Wild gerichtet; nach einigen Hasen oder zwei bis drei Füchsen sehnte er sich aber doch, die dem Proviant einen erheblichen Zuwachs herbeigeführt hätten.
    Wenn er aber im Laufe dieses Tages ein derartiges Thier in Sicht bekam, konnte er ihm entweder nicht nahe genug kommen, oder es täuschte die Strahlenbrechung sein Auge, und er feuerte vergeblich; dieser Tag kostete ihm also eine vergeudete scharfe Ladung.
    Seine Gefährten, die schon voller Freude waren, als sie den Knall seines Gewehres hörten, sahen ihn gesenkten Kopfes zurückkehren; sie sprachen kein Wort darüber; man legte sich am Abend nieder wie gewöhnlich, nachdem noch die beiden letzten Viertelrationen sorgfältig zurückgelegt waren.
    Am folgenden Tage schien die Reise mehr und mehr beschwerlich zu werden. Man ging nicht mehr, man schleppte sich. Die Hunde hatten die Robbe bis auf die Eingeweide verzehrt und nagten schon wieder an dem Lederzeug.
    Einige Füchse trabten in ziemlich großer Entfernung vorbei, und nachdem der Doctor einmal, ohne zu treffen, darauf geschossen hatte, wagte er es nicht, seine letzte Kugel und vorletzte Pulverladung an dieses unsichere Ziel zu setzen.
    Abends machte man bei Zeiten Halt. Die Reisenden konnten kaum noch einen Fuß vor den andern setzen, und obschon der Weg durch ein prachtvolles Nordlicht erhellt war, mußten sie doch rasten.
    Die letzte Mahlzeit am Sonntag Abend wurde in trauriger Stimmung eingenommen. Wenn der Himmel ihnen jetzt nicht beistand, waren sie verloren. Hatteras sprach nicht; Bell dachte wohl gar nicht mehr; Johnson brütete still vor sich hin; nur der Doctor verzweifelte noch nicht.
    Johnson hatte den Einfall, für die Nacht einige Fallgruben anzulegen, da er aber keine Lockspeise hineinzulegen hatte, versprach er sich selbst nicht viel davon; er täuschte sich darin nicht; denn als er am Morgen darauf nachsah, fand man wohl Spuren von Füchsen, aber keiner von den Schlauköpfen war in die leere Falle gegangen.
    Er kam sehr entmuthigt zurück, als er einen sehr großen Bären bemerkte, der den Schlitten in einer Entfernung von etwa hundertfünfzig Schritten witterte. Dem alten Seemann kam der Gedanke, es habe ihn die Vorsehung bestimmt, diese unerwartete Beute zu erlegen; ohne seine Gefährten zu wecken, bemächtigte er sich der Flinte des Doctors und war dem Thiere bald zur Seite.
    Als er in Schußweite war, legte er an, doch als er schon den Drücker berühren wollte, fühlte er seinen Arm zittern; seine großen Fellhandschuhe behinderten ihn auch; schnell zog er sie aus und ergriff das Gewehr mit sicherer Hand.
    Plötzlich entfuhr ihm ein Schmerzensschrei;

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