Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras
ziemlich niedrigen und felsigen Küste an’s Land.
»Führen Sie uns, Johnson, sagte Hatteras. Sie finden sich hier zu Hause?
– Vollständig, Kapitän; doch sehe ich ein Monument, welches ich an dieser Stelle nicht zu treffen vermuthete!
– Dies! rief der Doctor aus, ich weiß, was es ist. Treten wir näher; dieser Stein wird uns selbst sagen, was er bisher hier zu thun hatte.«
Die vier Mann schritten voran, und der Doctor sprach, indem er den Hut zog:
»Dies, meine Herren, ist ein zum Ehrengedächtniß Franklin’s und seiner Gefährten errichtetes Monument.«
In der That hatte Lady Franklin, welche bereits 1855 dem Doctor Kane eine schwarze Marmortafel zugestellt, eine zweite im Jahre 1858 Mac Clintock anvertraut, um sie auf der Insel Beechey aufzustellen. Mac Clintock entledigte sich gewissenhaft dieser Pflicht, und stellte diese Tafel nicht weit von einem bereits zum Andenken Bellot’s durch Sir John Barrow errichteten Leichendenkstein auf.
Die Tafel hatte folgende Inschrift:
Zum Angedenken an
Franklin, Crozier, Fitz-James
und all’ ihrer tapferen Brüder.
Officiere und treue Kameraden, welche für die Wissenschaft und den Ruhm ihres Vaterlandes gelitten haben und gestorben sind, ist dieser Stein errichtet nahe der Stelle, wo sie ihren ersten Winter im Norden zugebracht, und von wo aus sie abfuhren, und über die Hindernisse zu triumphiren oder zu sterben. Er bezeugt die Erinnerung und Bewunderung ihrer Landsleute und Freunde, und den im Glauben versöhnten Schmerz der Frau, die in dem Haupt der Unternehmung den liebevollsten Gemahl verloren hat.
Also hat ER sie zum letzten Hafen geleitet, wo Alle die Ruhe finden.
1855
Dieser Stein, auf einer entlegenen Küste dieser fernen Regionen, sprach schmerzvoll zum Gemüth; dem Doctor traten bei dieser rührenden Leidbezeugung Thränen in die Augen. Und trotz dieser düstern Warnung des Verhängnisses war der Forward im Begriff, den Weg des Erebus und Terror zu verfolgen.
Dieser gefährlichen Betrachtung entzog sich zuerst Hatteras, und erstieg rasch einen ziemlich hohen, fast ganz schneefreien Hügel.
»Kapitän, sagte Johnson, der ihm folgte, von da herab werden wir die Magazine sehen.«
Shandon und der Doctor holten sie in dem Augenblick ein, als sie auf dem Gipfel ankamen.
Aber von hier aus verloren sich ihre Blicke über ungeheure Ebenen, welche keine Spur einer Wohnung zeigten.
»Das ist aber doch sonderbar, sagte der Rüstmeister.
– Nun! und jene Magazine? sagte Hatteras lebhaft.
– Ich weiß nicht … Ich sehe nicht … stotterte Johnson.
– Sie werden sich im Weg geirrt haben, sagte der Doctor.
– Es scheint mir aber doch, versetzte Johnson nachdenklich, an eben dieser Stelle …
– Kurz, sagte Hatteras ungeduldig, wohin sollen wir gehen?
– Hinab, sprach der Rüstmeister, denn es wäre möglich, daß ich mich irre; seit sieben Jahren habe ich die Erinnerung an diese Oertlichkeiten verloren.
– Besonders, erwiderte der Doctor, wenn das Land so einförmig und monoton ist.
– Und dennoch …« murmelte Johnson.
Shandon hatte keine Bemerkung geäußert.
Nachdem sie einige Minuten gegangen, blieb Johnson stehen.
»Aber nein, rief er aus, nein, ich irre mich nicht!
– Nun denn? sagte Hatteras, und blickte umher.
– Was hat Sie zu dieser Aeußerung veranlaßt, Johnson? fragte der Doctor.
– Sie sehen diese Erhöhung des Bodens? sagte der Rüstmeister, und deutete zu seinen Füßen auf eine Bodenerhebung, worauf drei Stellen etwas erhöht vortraten.
– Was schließen Sie daraus? fragte der Doctor.
– Hier befinden sich, erwiderte Johnson, die drei Gräber der französischen Bootsleute! Jetzt bin ich sicher, ich irre nicht, und hundert Schritte von uns sollten sich die Wohnungen befinden, und wenn sie nicht da sind … so ist …«
Er wagte nicht, seinen Gedanken völlig auszusprechen; Hatteras war voran geeilt, und ein Sturm der Verzweiflung erfaßte ihn. Hier hätten in der That die so sehnlich erstrebten Magazine mit den Vorräthen aller Art, worauf er rechnete, sich befinden müssen; aber Verderben, Plünderung, Zerstörung, Verwüstung waren darüber hergegangen, wo civilisirte Hände reiche Hilfsquellen für die erschöpften Seefahrer geschaffen hatten. Wer hatte solche Plünderung verübt? Die reißenden Thiere, Wölfe, Füchse, Bären? Nein, denn sie hätten nur die Lebensmittel vernichtet, und es war kein Fetzen von einem Zeltobdach geblieben, kein Stückchen Holz, Eisen oder anderes
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