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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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achtzehn Monate – gegen Mitte des 17. Jahrhunderts – im Besitze der schönen Insel gewesen.
    Als die Karaïben von ihnen aber, wie erwähnt, nach Dominique übergeführt worden waren, empörten sich die Nachbarinseln. 1640 überfielen die wütenden Eingebornen die junge Kolonie. Die meisten Ansiedler wurden schonungslos ermordet, und dem Gemetzel entgingen nur die wenigen, denen es noch gelungen war, auf Schiffen zu entfliehen.
    Zehn Jahre später ließen sich, unter Führung eines gewissen Rousselan, eines sehr entschlossenen Mannes, vierzig Franzosen auf Sankta-Lucia nieder. Rousselan heiratete sogar eine Indianerin; er verstand es, durch seine Intelligenz und Geschicklichkeit die Eingebornen an sich zu fesseln und sicherte bis zu seinem nach vierzig Jahren erfolgten Ableben die Ruhe und Sicherheit des Landes.
     

    Der botanische Garten von Saint-Pierre. – Palmenallee.
     
    Die ihm folgenden Kolonisten zeigten sich weniger geschickt. Durch unnütze Quälereien und manche Ungerechtigkeiten reizten sie die Karaïben zur Wiedervergeltung, und diese rächten sich durch Mordtaten und Plünderungen. Jetzt hielten die Engländer die Stunde für eine Einmischung für gekommen. Flibustier und Abenteurer aller Art überschwemmten Sankta-Lucia, das erst durch den Vertrag von Utrecht, durch den die Insel als neutral erklärt wurde, wieder Ruhe finden sollte.
    »Ist denn seit dieser Zeit, fragte Niels Harboe, Sankta-Lucia immer im Besitz der Engländer gewesen?
    – Ja und nein, antwortete Roger Hinsdale.
    – Ich sage nein, erklärte Louis Clodion, der alles gelesen hatte, was die Antilleninsel betraf, die der »Alert« jetzt anlaufen sollte. Nein, denn nach dem Vertrage von Utrecht wurde sie dem Marschall d’Estrées überlassen, der 1718 Truppen dahin sandte, um die französische Kolonie zu schützen.
    – Ganz recht, erwiderte Roger Hinsdale, doch auf den Einspruch Englands wurde diese Konzession zu Gunsten des Herzogs de Montagne zurückgezogen.
    – Jawohl, entgegnete Louis Clodion, doch auf den weitern Einspruch Frankreichs wurde auch diese Konzession bald widerrufen…
    – Aber ohne Wirkung, da die englischen Kolonisten doch am Platze blieben.
    – Und wenn sie da blieben, ist es doch nicht minder wahr, daß die unbeschränkte Oberherrschaft über die Kolonie durch den Pariser Vertrag von 1763 nun Frankreich zugesprochen wurde.«
    So war es in der Tat, und Roger Hinsdale mußte das, trotz des Eifers bei Verfechtung seiner Sache, auch unumwunden zugeben. In der nun folgenden Zeit sah Sankta-Lucia seine Entwicklung mit der Zahl der durch die benachbarten Kolonisten von Grenada, Sankt-Vincent und Martinique begründeten Ansiedlungen im gleichen Verhältnis zunehmen. Im Jahre 1709 hatte die Insel mit Einschluß der Sklaven dreizehnhundert Einwohner gehabt, 1772 zählte sie deren aber fünfzehntausend.
    Leider blieb Sankta-Lucia aber immer noch ein Gegenstand des Streites zwischen den Mächten, die es zu besitzen trachteten, und Roger Hinsdale konnte hinzufügen:
    »Im Jahre 1779 wurde die Insel dann von dem General Abercrombie eingenommen und fiel damit in den Besitz Englands zurück.
    – Das weiß ich, antwortete Louis Clodion, der nun auch etwas wärmer wurde, der Vertrag von 1783 überließ sie aber Frankreich von neuem.
    – Um 1794 wieder englisch zu werden, erklärte Roger Hinsdale, der auf jedes Datum schnell eine Antwort zur Hand hatte.
    – Nicht dich werfen lassen, Louis, fiel jetzt Tony Renault ein, sag’ uns, daß Sankta-Lucia die französische Flagge nochmals über sich wehen gesehen hat…
    – Gewiß, Tony, da es 1802 wiederum französische Kolonie wurde.
    – Doch nicht für lange Zeit, erklärte Roger Hinsdale. Beim Bruche des Friedens von Amiens im Jahre 1803 wurde es an England zurückgegeben, und diesmal endgültig, das dürft ihr glauben…
    – Oho… endgültig! rief Tony Renault mit etwas höhnischer Gebärde.
    – Jawohl… endgültig, Tony, antwortete Roger Hinsdale, bemüht, alle mögliche Ironie in seine Worte zu legen, oder hättest du vielleicht die Kühnheit, sie für dich allein zu beanspruchen?
    – Warum denn nicht?« erwiderte Tony Renault, wobei er sich mit angenommenem Siegerstolz emporrichtete.
    Niels Harboe, Axel Wickborn und Albertus Leuwen hatten natürlich gar kein besonderes Interesse an diesem Wortgeplänkel zwischen Engländern und Franzosen. Weder Dänemark noch Holland hatte je einen Teil der vielumstrittenen Insel beansprucht. Vielleicht hätte Magnus Anders diese

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