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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Renault erfreut, eine Bemerkung, die Roger Hinsdale freilich mit einer gewissen Mißachtung hinnahm.
    Die Passagiere waren an der Landungsstelle von dem Agenten empfangen worden, der sie bei ihren Ausflügen führen sollte. Edward Falkes unterließ es gewiß nicht, ihnen die prächtigen Besitzungen der Familie im besten Lichte zu zeigen, vorzüglich die weitberühmten Zuckerrohrfelder von Sankta-Lucia, deren Erzeugnis sich recht gut mit dem von Saint-Christophe messen kann, wo der beste Zucker von ganz Antillen gewonnen wird.
     

    Sankta-Lucia. – Die zwei Bergspitzen der Soufrière.
     
    In der Kolonie sind die Weißen nur schwach, kaum durch tausend Köpfe vertreten. Die Farbigen und die Neger bilden die große Mehrheit, und ihre Zahl ist nach der Auflassung des Panamakanals, wodurch sie arbeitslos wurden, ganz besonders angeschwollen.
    Die frühere Wohnstätte der Hinsdaleschen Familie, die auch Herr Falkes jetzt inne hatte, war groß und bequem eingerichtet. Am Ende der Stadt gelegen, konnte sie die Passagiere des »Alert« recht gut aufnehmen. Roger, der darauf bestand, hier den Wirt zu spielen, lud diese denn auch ein, sich für die Dauer des Aufenthalts daselbst einzuquartieren. Jeder würde dort sein eigenes, Herr Patterson natürlich das beste Zimmer erhalten. Selbstverständlich sollten die Mahlzeiten gemeinschaftlich im großen Speisesaale eingenommen werden und die Equipagen des Hauses den Touristen zur Verfügung stehen.
    Roger Hinsdales Anerbieten wurde freudigst angenommen, denn trotz seines originellen Hochmutes war der junge Engländer freundlich und dienstwillig, wenn er auch seinen Kameraden gegenüber immer mit einer gewissen Prahlerei austrat.
    Eine Empfindung von Eifersucht erfüllte ihn eigentlich nur gegen Louis Clodion. Auch in der Antilian School suchten sich die beiden die ersten Plätze streitig zu machen. Bekanntlich nahmen sie ja auch bei dem Wettbewerb um die Reisestipendien die Spitze ein in einem »toten Rennen«, wie man auf den Rennplätzen sagt,
ex äquo
– sagte Tony Renault – was er mit den Worten »dasselbe Pferd« übersetzte, indem er ein gewagtes Wortspiel mit
equus
und
æquus
zum Entsetzen des empfindsamen Mentors bildete.
    Gleich am ersten Tage begannen schon die Ausflüge quer durch die Pflanzungen. Die prächtigen Wälder der Insel – einer der gesündesten der Antillen – bedecken nicht weniger als vier Fünftel ihrer Oberfläche. Zunächst wurde der zweihundertvierunddreißig Meter hohe Berg Fortuné bestiegen, auf dessen Gipfel man Kasernen erbaut hat, dann die Hügel Asabot und Chazeau – offenbar französische Namen – worauf das Sanatorium sich erhebt. Weiter im Landesinnern besuchten die Touristen die Aiguilles de Sainte-Alousie, die Krater erloschener Vulkane, die aber doch noch wieder tätig werden könnten denn das Wasser mehrerer nahe gelegener Teiche bleibt immer siedend heiß.
    Am Abend nach der Rückkehr in die Wohnung wandte sich Roger Hinsdale an Herrn Patterson.
    »Auf Sankta-Lucia, sagte er, muß man sich ebenso wie auf Martinique vor den Trigonocephalen hüten. Unsere Insel beherbergt auch Schlangen, und darunter recht gefährliche….
    – O, ich fürchte mich vor keiner mehr, erklärte Patterson, sich stolz aufrichtend, und ich werde die meinige während unseres hiesigen Aufenthaltes noch ausstopfen lassen.
    – Ganz recht… tun Sie das!« antwortete Louis Clodion, der nur mit Mühe den nötigen Ernst bewahren konnte.
    Am nächsten Tage ließ er Falkes auch das schreckliche Reptil zu einem Naturalienhändler schaffen, dem Tony Renault lachend auseinandersetzte, um was es sich bei der Sache handle. Die Schlange wäre ja bereits, wahrscheinlich schon seit Jahren, ausgestopft gewesen, man habe das Herrn Patterson nur nicht verraten wollen. Am Tage vor der Abfahrt sollte der Händler die Schlange nur im gleichen Zustande wieder an Bord des »Alert« abliefern.
    Ehe sich Patterson an demselben Abend niederlegte, schrieb er noch einen Brief an seine Gattin. Daß ihm dabei sehr zahlreiche Citate von Horaz, Virgil oder Ovid aus der Feder flossen, wird wohl niemand wundernehmen; die vortreffliche Frau war ja an dergleichen schon gewöhnt.
    Der Brief, der am nächsten Tage mit dem Postdampfer nach Europa abgehen sollte, enthielt eine peinlich genaue Schilderung aller Einzelheiten dieser wunderbaren Reise. Patterson berichtete darin, eingehender als in seinem frühern Schreiben, über die geringfügigsten Vorfälle, die er mit seinen eigenen Gedanken

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