Reisestipendien
zu essen?… Gewiß, ebenso wie das Gegenteil, d. h. überhaupt nichts zu essen.
Die jungen Leute wußten keine Hilfe mehr für ihren wackeren Patterson, der in höchster Erschöpfung dalag. Dennoch blieben sie so viel wie möglich bei ihm, sie wollten ihn nicht sich allein überlassen, wußten sie doch, daß vielfach empfohlen war, den Kranken zu zerstreuen, ihn seiner Niedergeschlagenheit zu entreißen… leider hätte hier nur auch eine Vorlesung aus dessen Lieblingsschriftstellern nicht den gewünschten Erfolg gehabt.
Da er aber vor allem der frischen Luft bedurfte, woran es ihm in seiner Kabine gefehlt hatte, machte Wagah dem Leidenden ein Matratzenlager auf dem Verdeck vor dem Deckhause zurecht.
Darauf streckte sich Patterson stöhnend aus. jetzt auch überzeugt, daß Energie und guter Wille gegen die Seekrankheit ebensowenig ausrichteten, wie die zahlreichen Vorschriften, deren Befolgung ihm auch nichts genützt hatte.
»Wie steht es denn jetzt mit unserem armen Schulverwalter? fragte Roger Hinsdale.
– Na, es scheint, er hat gut daran getan, sein Testament zu machen,« antwortete John Howard.
Das war freilich eine Übertreibung, denn an der Seekrankheit ist noch kein Mensch gestorben.
Am Nachmittage, als es dem Kranken ganz jämmerlich übel zu Mute war, stellte sich der hilfswillige Steward wieder bei diesem ein.
»Ein Mittel weiß ich noch, werter Herr, sagte er, ein Mittel, das zuweilen entschieden geholfen hat…
– Ach, wenn das doch auch diesmal zuträfe, jammerte Patterson; nennen Sie es, wenn noch Zeit dazu ist!
– Es kommt darauf hinaus, während der ganzen Reise eine Zitrone… Tag und Nacht… in der Hand zu halten.
– Gebt mir eine Zitrone,« flüsterte Patterson mit von Krämpfen unterbrochener Stimme.
Wagah hatte das nicht erfunden und scherzte jetzt auch nicht. Die Zitrone findet sich angeführt in der Reihe von Heilmitteln, die Spezialisten gegen die Seekrankheit empfohlen haben.
Leider erwies sich dieses Mittel nicht wirksamer als die andern. Im Gesichte noch gelber als die erfrischende Frucht aus der Familie der Arrantiaceen, hielt Patterson die Zitrone krampfhaft in der Hand, drückte sie zusammen, daß der Saft herausspritzte; eine Erleichterung empfand er deshalb aber nicht und das Herz pendelte ihm in der Brust ebenso hin und her wie früher.
Nach dieser Probe versuchte Patterson schließlich noch eine Brille mit roten Gläsern. Das nützte jedoch ebensowenig und damit schien die Schiffsapotheke nun erschöpft zu sein. Solange Patterson die Kraft dazu nicht ausging, würde er jedenfalls krank bleiben, und nur von der Natur selbst hatte er noch Heilung zu erhoffen.
Nach dem Steward brachte Corty indes noch ein allerletztes Mittel in Vorschlag.
»Haben Sie Courage, Herr Patterson?« fragte er.
Der Verwalter verriet durch ein Zeichen mit dem Kopfe, daß er das selbst nicht wüßte.
»Um was handelt es sich denn? erkundigte sich Louis Clodion, der der ganzen Seefahrer-Therapie nicht recht traute.
– Sehr einfach darum, ein Glas Meerwasser hinunterzustürzen, antwortete Corty. Das bringt nicht selten die außerordentlichsten Wirkungen hervor.
– Wollen Sie’s denn versuchen, Herr Patterson? ließ sich Hubert Perkins vernehmen.
– Alles, was man verlangt! seufzte der Unglückliche.
– Schön, schön, bemerkte Tony Renault, es gilt ja nicht, das ganze Meer auszutrinken…
– Nein, nur ein Glas voll!« erklärte Corty, der schon einen Eimer über Bord hinuntergleiten ließ und ihn gefüllt mit Wasser von tadelloser Klarheit wieder herauszog.
Patterson erhob sich mit entschieden lobenswerter Energie – er wollte sich ja nicht dem Vorwurf aussetzen, irgend etwas unversucht gelassen zu haben – zur Hälfte von seiner Matratze, ergriff das Glas mit zitternder Hand, führte es zum Munde und würgte einen tüchtigen Schluck daraus hinunter.
Das war aber der Gnadenstoß! Ihm folgten Übelkeiten mit Krämpfen ohne gleichen, Konvulsionen, Verdrehungen des Körpers und massenhaftes Erbrechen, und wenn das alles auch verschiedenerlei ist, so vereinigte es sich hier doch so innig, daß der Leidende zuletzt gar nicht mehr wußte, was um ihn vorging.
»In diesem Zustande dürfen wir ihn nicht lassen, sagte Louis Clodion, er wird in seiner Kabine besser aufgehoben sein…
– Ja ja, fiel John Carpenter ein, das ist einer, der sein Lager drücken wird, bis man ihn in Sankt-Thomas davon wegschleppt!«
Vielleicht dachte der Obersteuermann jetzt auch daran, daß er mit
Weitere Kostenlose Bücher