Reisestipendien
von Guadeloupe, das sagt alles. Der lange Secco dort… der mit dem hellblonden Haar… das muß Magnus Anders sein…
– Ganz recht, lieber Onkel, antwortete Louis Clodion, er ist es, der in Sankt-Barthelemy seine Heimatinsel nicht wiedergefunden hat, weil sie aufgehört hat, schwedischer Besitz zu sein.
– Ja, richtig, meinte Herr Barrand, das haben wir durch die Zeitungen erfahren. Schweden hat seine Kolonie an uns abgetreten. Nun nun, Anders, deshalb brauchen Sie nicht so bekümmert zu sein!… Wir nehmen Sie als Bruder auf, und Sie werden bald erkennen, daß Schweden keinen bessern Freund als Frankreich hat.«
Das war also Herr Henry Barrand, der Onkel Louis Clodions. Gleich nach der ersten Begegnung kannten sie ihn, als ob sie seit ihrer Geburt auf seinen Pflanzungen gelebt hätten.
Ehe er fortging, sagte Herr Barrand noch:
»Um elf Uhr steht das Frühstück bereit… ein ordentliches Frühstück für alle. Verstanden, Herr Patterson? Ich dulde keine zehn Minuten Verspätung.
– Rechnen Sie auf meine chronometrische Pünktlichkeit!« versicherte Patterson.
Herr Barrand nahm seinen Neffen gleich in dem Boote mit, das ihn beim Einlaufen des »Alert« nach diesem gebracht hatte.
Basse-Terre macht vielleicht einen hübschern Eindruck als Pointe-à-Pitre. Durch seine Lage an der Mündung des Flusses Aux-Herbes und nahe der äußersten Spitze der Insel, erregt es mehr die Aufmerksamkeit der Besucher ebenso durch seine amphitheatralisch einander überragenden Häuser, wie durch die schönen Hügel, die die Stadt einrahmen. Henry Barrand hätte dem vielleicht nicht völlig zugestimmt, denn so wie er Guadeloupe für die erste der französischen Antillen hielt, so erklärte er auch Pointe-à-Pitre für die erste Stadt Guadeloupes. Er erinnerte sich nur nicht gern daran, daß Guadeloupe 1759 vor den Engländern kapitulierte, daß es 1794 und noch einmal 1810 unter englische Oberhoheit kam und Frankreich endgültig erst durch den Friedensvertrag vom 30. Mai 1814 zurückgegeben wurde.
Pointe-à-Pitre verdiente jedoch ebenfalls den Besuch der jungen Reisenden, und Herr Barrand würde es gewiß nicht an Eifer fehlen lassen, dessen Schönheiten in eindringlichster Weise hervorzuheben. Das blieb einem spätern Spaziergange vorbehalten. Jetzt fuhren die Gäste des Kolonisten nur in mehreren, ihnen zur Verfügung gestellten Wagen quer durch die Stadt, und in einer Viertelstunde hatten sie den Landsitz Rose-Croix erreicht, wo Louis Clodion und sein Onkel sie erwarteten.
In dem großen Speisezimmer der prächtigen Villa stand für sie ein vortreffliches, mehr nahrhaftes als gewähltes Frühstück bereit. Die hungrigen jungen Leute taten ihm natürlich alle Ehre an und verzehrten mit Vergnügen das saftige frische Fleisch neben Fischen, Wildbret, Gemüsen aus der Pflanzung, Früchten aus den Baumgärten, ferner den Kaffee erster Güte, der, da man sich auf Guadeloupe befand, sogar für noch besser erklärt wurde als der von Martinique, vorzüglich weil er noch obendrein aus den Kaffeeplantagen von Rose-Croix herstammte. Dabei regnete es Lobsprüche auf Guadeloupe, vor allem auf Pointe-und eine Menge Toaste, die der darin unerschöpfliche Amphitryo ausbrachte.
Jedenfalls hat die Natur übrigens für Basse-Terre mehr getan als für Grande-Terre. Hier zeigt sich eine bergerfüllte Gegend, der plutonische Kräfte ein malerisches Relief verliehen haben; hier steigt die Grosse-Montagne siebenhundert Meter hoch hinauf und erheben sich die drei Manilles, die ihn noch um fünfzig Meter überragen, ebenso wie der fast gleich hohe Caraibe; ferner, mehr in der Mitte der Insel, die berühmte Soufrière, deren höchster Gipfel fast fünfzehnhundert Meter über dem Meere liegen soll.
Wie könnte sich wohl, außer in der lebhaften Phantasie des Herrn Barrand, Grande-Terre mit dieser an Schönheiten so reichen Gegend, dieser kleinen antillanischen Schweiz vergleichen wollen! Grande-Terre ist fast ein Flachland mit niedrigen, mehr ebenen Erhöhungen, die sich bis über Sehweite hinaus hinziehen. An Ergiebigkeit des Landbaues steht es seiner Nachbarinsel dagegen nicht nach.
Horatio Patterson machte auch die recht treffende Bemerkung:
»Was ich nicht begreife, Herr Barrand, ist, daß der furchtbare Schmied Vulkan gerade nur Basse-Terre auf seinem mythologischen Amboß mit solcher Vorliebe bearbeitet hat… wenn diese Metapher zulässig ist.
– Bei einem Glase Wein ist alles zulässig, Herr Patterson! antwortete der Pflanzer, sein
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