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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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anrichten.
    Vor der Umschiffung der Südostspitze von Grande-Terre sahen die Passagiere noch la Désirade, eine andere französische Antille, die den von Europa eintreffenden Schiffen zuerst in Sicht kommt, und von der ein zweihundertachtundsiebzig Meter hoher Berg schon aus großer Entfernung wahrnehmbar ist.
    La Désirade an Backbord liegen lassend, steuerte der »Alert« am Vorgebirge des Châteaux vorüber, und von hier aus konnte man im Süden kurze Zeit Petite-Terre, eine weitere Insel, erblicken, die ebenfalls zu der Gruppe von Guadeloupe gehört.
    Um einen Überblick über die ganze Inselgruppe zu bieten, hätte das Schiff noch weiter südlich gehen müssen, und zwar bis Marie-Galante, das bei einer Bevölkerung von vierzehntausend Seelen einen Umfang von hundertdreiundsechzig Quadratkilometern hat, und hier wären die bedeutendsten Städte der Insel, Gros-Bourg, Saint-Louis und Vieux-Fort, zu besuchen gewesen.
    Mit einem Kurse nach Westen und ziemlich in derselben geographischen Breite, wäre man dagegen auf den kleinen Archipel der Saintes gestoßen, der gegen zweitausend Einwohner und eine Bodenfläche von vierzehn Quadratkilometern hat. Aus sieben Inseln oder Eilanden bestehend und von dem dreihundertsechzehn Meter hohen Chameau überragt, gilt die Gruppe für das beste Sanatorium der Antillen.
    Administrativ ist Guadeloupe in drei Arrondissements verteilt. Dazu gehören der Teil von Sankt-Martin, der nicht im Besitz Hollands ist, die Insel Sankt-Barthelemy, die Schweden an Frankreich abgetreten hatte, und die Saintes, die zusammen das Arrondissement Basse-Terre bilden, ferner la Désirade mit der gleichnamigen Hauptstadt, zum Arrondissement Pointe-à-Pitre gehörig, und endlich Marie-Galante, der Hauptort des dritten Arrondissements.
    Dieses Kolonialgebiet wird in seinem Generalrat durch sechsunddreißig Räte und im Parlament durch einen Senator und zwei Abgeordnete vertreten. Sein Handelsumsatz erreicht in der Ausfuhr fünfzig, in der Einfuhr siebenunddreißig Millionen Francs, zum größten Teile im Verkehr mit Frankreich.
    Die örtlichen Bedürfnisse im Betrage von fünf Millionen Francs werden durch einen Ausfuhrzoll auf Kolonialwaren und einen Einfuhrzoll auf Spirituosen u. dgl. gedeckt.
    Der Onkel Louis Clodions, der Bruder seiner Mutter, ein Herr Henry Barrand, war einer der vermögendsten und einflußreichsten Pflanzer von Guadeloupe. Er wohnte in Pointe-à-Pitre und hatte ausgedehnte Besitzungen in der Umgebung der Stadt. Sein Vermögen, seine Lebenserfahrung, neben einem offenherzigen Charakter, einnehmenden Wesen und einem nie versiegenden Humor gewannen ihm alle zu Freunden, mit denen er in Berührung kam. Sechsundvierzig Jahre alt, ein eifriger Jäger und warmer Freund jedes Sports, ritt er lustig durch seine weiten Pflanzungen, liebte gutes Essen und Trinken wie ein echter Landedelmann, wenn man einen Kolonisten der Antillen so nennen darf, und, obendrein unverheiratet, war er ein richtiger amerikanischer Erbonkel, auf den seine Nichten und Neffen zählen konnten.
    Man kann sich wohl leicht vorstellen, mit welch freudiger Rührung er Louis Clodion bei der Ankunft des »Alert« in die Arme schloß.
    »Willkommen… willkommen, mein liebster Louis! rief er. Welches Glück, dich nach fünfjähriger Trennung wiederzusehen! Wenn ich mich nicht ebensoviel wie du verändert habe, bin ich noch nicht zum alten Manne geworden, während du zum jungen Manne herangewachsen bist!
    – Mein lieber Onkel, antwortete Clodion, du bist ja noch immer derselbe!
    – Nun, desto besser! erwiderte Herr Barrand, der sich nun an die auf dem Deck versammelten Passagiere wendete. Seien auch Sie mir willkommen, Sie jungen Genossen meines Neffen, und halten Sie sich überzeugt, daß die Kolonie die Pensionäre der Antilian School mit freudiger Befriedigung empfängt!«
    Dann drückte der prächtige Mann alle ihm entgegengestreckten Hände und wendete sich hierauf wieder an Louis.
    »Und wie befinden sich Vater, Mutter, Kinder… kurz, alle da unten… in Nantes?
    – Gott sei Dank, alle befinden sich recht wohl, lieber Onkel. Über sie kann ich ja aber wohl etwas mehr durch dich erfahren…
    – Gewiß, ich habe erst vorgestern einen Brief von meiner Schwester erhalten. Die ganze Familie ist wohlauf. Die zärtliche Schwester legt mir ans Herz, dich gut aufzunehmen… als ob das nötig gewesen wäre! Na, nächsten Winter werd’ ich sie einmal besuchen, sie und die ganze Verwandtschaft…
    – Ach, das ist ja herrlich,

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