Reispudding mit Zimt (German Edition)
frage ich bitter.
„Nein. Aber ich, als deine Patentante, fühle mich schließlich auch ein wenig für deinen Werdegang verantwortlich. Ich finde, du solltest auf deinen Vater hören und deine intellektuellen Fähigkeiten nutzen.“
„Clara“, ich merke wie ich laut werde, „um eine gute Köchin zu sein braucht man gerade intellektuelle Fähigkeiten. Das solltest du eigentlich am besten wissen!“
Kaum sind die ärgerlichen Worte aus mir herausgeplatzt, da schlage ich meine Hand entsetzt vor meinen Mund. Habe ich das wirklich gerade gesagt? Wie konnte ich nur.
Vielleicht, nein, hoffentlich hat Clara gerade nicht hingehört.
Aber sie hat schon verstanden. Sie presst ihre Lippen fest auf einander. Dann stößt sie hervor: „Das war schäbig von dir. Ich gehe jetzt schlafen.“ Mit gesenktem Kopf greift sie nach den beiden leeren Gläsern und der Weinflasche. „Du machst dann bitte das Licht aus.“
Und weg ist sie. Sie lässt mir noch nicht einmal die Gelegenheit, mich bei ihr zu entschuldigen.
Ich springe schnell auf und renne die Treppe hinauf hinter ihr her, aber schon knallt ihre Schlafzimmertür zu. Ich klopfe sanft darauf, aber erhalte keine Antwort.
Müde und traurig kehre ich ins Wohnzimmer zurück, wo es noch nach ihrem Parfüm duftet und die heimelige Atmosphäre fast wie ein Vorwurf auf mich wartet.
Und doch rebelliert etwas in mir.
Wer hat denn mit dem blöden Thema angefangen? Bestimmt nicht ich. Clara ist eigentlich an dem Streit schuld. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass mein Vater mit ihr über mich diskutiert und sie aufgestachelt hat.
Ich lösche das Gasfeuer und knipse die Lampe aus. Dann steige ich zu meinem Zimmer hinauf. Eine Weile stehe ich im Dunkeln und starre durch das Fenster hinaus auf das Meer, das wie ein schwarzer Spiegel vor mir liegt. Ganz in der Ferne blinken die Lichter eines einsamen Schiffes. Ich fühle mich genau so einsam wie das Schiff. Gleichzeitig wünsche ich mir, ich könnte mich auf der Stelle wegzaubern. Vielleicht auf das Deck des Schiffes.
Am nächsten Morgen stehe ich bereits vor Clara auf und gehe joggen. Ich muss meine Gedanken sortieren. Wie soll es nur weitergehen?
Wenn ich den Sommer weiterhin bei Clara verbringe, werde ich immer wieder mit ihr im Streit liegen, soviel ist klar. Wer weiß, ob sie überhaupt noch ein Wort mit mir reden wird? Eigentlich bleibt mir nur übrig, wieder abzureisen. Aber wohin? Nach Hause? Niemals! Ich bin doch gerade von zu Hause weggereist, um einen ruhigen, konfliktfreien Sommer zu verbringen. Auf den kann ich aber bei Clara auch verzichten, so viel ist mir jetzt klar. Besonders nach dem Streit gestern Abend. Clara hat sich auch auf das „Du solltest eigentlich studieren“ eingefahren, das mein Vater sich auf die Fahne geheftet hat. Sie wird immer wieder davon anfangen. Dafür bin ich nicht extra nach England gekommen, dass die gleichen blöden Diskussionen wieder weitergehen.
Es ist aber auch alles zu vertrackt.
Meine Füße traben wie von selbst den Crag Path Richtung Norden entlang. Der Weg endet an einem großen Parkplatz. Meistens ist das der Punkt, wo ich umdrehe und den Pfad einfach zurücklaufe. Aber heute drehe ich zurück und renne in die Slaughden Road, die hinter den Strandhäusern verläuft, um mich durch die Abwechslung ein wenig abzulenken. So früh am Morgen sind noch nicht viele Autos unterwegs und man kommt hier auch gut voran. Aus einem Augenwinkel sehe ich ein Schild, das mich anhalten lässt. Ich gehe ein paar Schritte zurück und sehe es mir genauer an. Es hängt am Gartentor eines kleinen roten Backsteinhauses. Unmissverständlich steht darauf: „Room for Rent“.
Schon stehe ich vor der Haustür und drückte auf den Klingelknopf. Ich höre, wie langsame Schritte sich mühsam nähern. Die Tür wird aufgezogen und eine kleine, dickliche Frau sieht heraus. Ihr Mund ist sehr faltig.
„Ja bitte?“ lispelt sie mit dem faltigen Mund.
„Ich wollte mich nach dem Zimmer erkundigen.“
„Ein Moment.“
Sie verschwindet wieder und kehrt nach einer Minute zurück. Nun ist ihr Mund nicht mehr schrumpelig, sondern ein beeindruckendes Gebiss mit riesigen weißen Zähnen blitzt mich an.
Nun spricht die Frau ganz verständlich: „Am besten kommst du eben mal herein.“
„Ja, aber sollte ich nicht lieber heute Nachmittag wiederkommen?“, ich deute auf meine Joggingshose und mein verschwitztes Hemd, „ich bin nicht gerade besuchsfein.“
„Ach was“, sie winkt ab, „links geht es
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