Reispudding mit Zimt (German Edition)
Fischerboote an und verkaufen ihre Fracht direkt vom Schiff.
Aha. Das erklärt, warum Freddys Fisch so unwiderstehlich schmeckt. Es gibt nichts besseres als frische Ware. Ach, jetzt freue ich mich schon so richtig auf meine neue Aufgabe. Ich kann es kaum bis zum Montag aushalten. Dann soll Freddy unter das Messer, und meine Vertretung wird losgehen.
Als ich bei Clara verschwitzt, müde aber irgendwie auch glücklich ins Haus trete, eilt sie mir schon entgegen. Die Sorge steht ihr ins Gesicht geschrieben.
„Wo bist du nur den ganzen Tag gewesen? So lange warst du noch nie weg“, dann schnüffelt sie an mir und verzieht das Gesicht, „und warum stinkst du so entsetzlich nach Bratfett? So setzt du dich nicht bei mir ins Sofa. Du gehst auf der Stelle duschen!“
Ich bin sofort weg, nur damit ich auf ihre Fragen keine Antworten geben muss.
Am Abend hoffe ich inständig, dass sie das Thema mit dem Bratfett nicht noch einmal anschneiden wird, und ich habe Glück. Clara hat es anscheinend vergessen und hat nun anderes im Sinn. Sie holt nach dem Essen das Scrabble-Brett heraus, klappt es auf dem niedrigen Couchtisch auf und klappert einladend mit den Buchstaben-Teilchen. Eigentlich bin ich so K.O., dass ich lieber nur schnell ins Bett will und vielleicht noch ein bisschen lesen, aber ich muss gestehen, dass ich wahnsinnig gerne Scrabble spiele.
Clara holt zu allem Überfluss eine nette Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank und zwei Gläser.
„Wir machen es uns heute Abend ein bisschen gemütlich“, sagt sie vergnügt. „Schließlich bist du so selten bei mir zu Besuch. Das muss man ausnutzen.“
Schon geht das Spiel los, und wir beide vertiefen uns in das Wörtersuchen. Clara braucht immer etwas länger, wenn sie „dran“ ist. Dann lehne ich mich zurück und genieße die friedliche Atmosphäre im Wohnzimmer. Das Licht scheint warm von der hübschen kleinen Lampe auf einem Beistelltisch. Das Gasfeuer macht ein sanftes, rauschendes Geräusch und strahlt wohlige Wärme aus. Mir fallen die vielen Abende ein, die wir in unserer Kindheit genauso verbracht haben. Harmonisch saßen wir damals beisammen, müde vom Tag am Strand, das Gesicht und der Nacken prickelnd und warm vom leichten Sonnenbrand. Ich nippe am Weinglas. Der Wein ist gut und verstärkt das Gefühl der Entspannung, das mich durchströmt.
„Dein Vater hat heute übrigens angerufen“, sagt Clara.
Sofort verfliegt das Gefühl. Ich setze mich aufrecht und frage: „Ach ja? Und was wollte er?“
„Er wollte eigentlich mit dir sprechen. Irgendetwas mit deiner Immatrikulation und der Wahl deines Studienortes, oder so.“
Argh.
Ich erwidere: „Na gut, dass ich nicht da war.“
„Du solltest dich lieber freuen, dass er soviel Anteil an dir nimmt. Es ist nicht selbstverständlich, dass Eltern sich so liebevoll um ihre Kinder sorgen.“
„Ich kann gut darauf verzichten. Er will mich nur dazu drängen, nach seiner Pfeife zu tanzen.“
Es entsteht eine Pause. Ich bin am Zug und legte ein schönes, langes Wort.
Clara seufzt: „Du willst mich wohl besiegen.“
„Sicher, und es wird mir auch gelingen“, sage ich selbstbewusst.
Fieberhaft schiebt Clara ihre Buchstaben hin und her. Ihre Punktzahl fällt immer weiter von meiner ab. Jetzt habe ich noch das „X“ und lege es so, dass es doppelt auf einem 3-fach Feld zählt.
„Verflucht!“, schimpft sie, „jetzt hast du so gut wie gewonnen.“
„Stimmt.“
Und so ist es auch. Ich habe mehr als vierhundert Punkte, als die Buchstaben alle aufgebraucht sind.
Clara, die beim Spielen immer recht ehrgeizig ist, stöhnt frustriert.
„Komm, wir spielen gleich noch eine Runde“, ruft sie.
„Okay“, sage ich, „ich bin dabei.“
Ich muss gestehen, dass ich dieses Spiel auch gewinne, sowie das nächste, obwohl ich dabei keine nennenswert guten Buchstaben gezogen habe.
Clara ist deutlich enttäuscht, dass sie kein einziges Spiel gewonnen hat, gratuliert mir aber liebenswürdig und gießt uns beiden noch Wein ein.
Dann räumt sie das Spiel in den Kasten und sagt mir: „Du siehst doch, Anna, du bist ganz schön clever.“
„Danke.“
„...und das geht mit einer Verpflichtung dir selber gegenüber einher.“
Oh nein, ich weiß, was jetzt kommt. Und es kommt tatsächlich.
„Du solltest etwas aus deinen geistigen Fähigkeiten machen. Man verschwendet solch ein Talent nicht, indem man das Studium verweigert und einen Lehrberuf ergreift.“
„Hat Papa dich etwa gegen mich aufgehetzt?“,
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