Reispudding mit Zimt (German Edition)
ich, wie meine Stimme fragt: „Und was soll es kosten?“
„Sechzig Pfund die Woche. Frühstück gibt’s auch dazu.“
Sechzig Pfund. Im Frittenstand verdiene ich fast so viel an einem Tag. Das lässt mir noch die Einnahmen der anderen Tage für mein Sparschwein.
Eine warnende innere Stimme will mich noch bremsen. Der Job am Strand ist nichts festes. Dann stehe ich da, ohne Einkommen. Muss reumütig zu Clara zurückkriechen. Oder – oh Himmel! – nach Hause, nach Hamburg. Das Zimmer ist klein. Der Komfort vernachlässigbar. Und doch höre ich, wie meine Stimme wieder von sich aus spricht:
„Wunderbar. Ich nehm's. Wann kann ich einziehen?“
Als ich - ja - nach einer Tasse Tee auf Gladys' Sofa und - ja - nach einem Treffen mit dem unwiderstehlichen Len, (klein, stämmig, mindestens eben so ein tolles falsches Gebiss, ehemaliger Lastwagenfahrer), wieder bei Claras Haus angejoggt komme, wird mir etwas mulmig.
Bin ich denn blöd? Warum habe ich mich nur um Himmels Willen entschieden, dieses schöne, repräsentative, komfortable Haus für Gladys' und Lens kleine Kate zu verlassen?
Ich halte inne und sehe die hübsche Hausfront von unten an. Das Ferienhaus meiner Kindheitstage. Die weißen Fensterrahmen. Das strahlende Blau der Fassade. Da bewegt sich die Gardine im Obergeschoss ganz sanft. Clara hält wohl Ausschau.
Mit sinkendem Herzen betrete ich die Diele.
Clara kommt die Treppe heruntergeschwebt, die Nase hoch, der Mund noch zusammengekniffen, als hätte sie die ganze Nacht im Bett so verbracht. Ohne zu grüßen, streicht sie an mir vorbei und verschwindet in der Küche.
Ich renne nach oben, dusche und beginne zu packen. Mein Magen knurrt. Da breche ich ab und suche die Küche auf. Clara sitzt am Tisch, vor ihr ein Teller und nur eine Tasse. Normalerweise hat sie immer für uns beide gedeckt.
„Guten Morgen, Clara“, wage ich zu sagen, „hast du gut geschlafen?“
„Nein“, lautet die barsche Antwort.
Ich nehme mir meinen eigenen Teller aus dem Schrank und schiebe eine Scheibe Gummibrot in den Toaster.
„Wenn es wegen gestern Abend ist und wegen meiner hässlichen Bemerkung, dann tut mir das sehr Leid. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.“
Clara funkelt mich böse an.
„HA! Versuche nur nicht, dich bei mir zu entschuldigen. Ich weiß schon, aus welcher Richtung der Wind weht. Du bist auch nicht besser als Helen. Die ist auch immer der Meinung, dass sie etwas Besseres ist als ich. Madam „Kontorengattin“ mit ihrem tollen Mann und den gelehrten Kindern. Mit ihrem motzigen Haus mit dem Alsterblick. Da kann ich mit meiner bescheidenen kaufmännischen Lehre nicht hinter her. Ich bin doch eh nur das Dummchen der Familie.“
Ich runzele meine Stirn. Da tun sich ja Abgründe auf, von denen ich nie etwas geahnt, geschweige denn mitbekommen hätte. Soll ich Clara darauf aufmerksam machen, dass ich persönlich gerade diejenige bin, die nicht den versnobbten Weg für sich einschlagen will, und dass ihre Vorwürfe wohl die Falsche treffen?
Betroffen ziehe ich es vor, einfach zu schweigen.
Mein Toast ist fertig. Ich lege ihn auf den Teller und streiche eine dünne Schicht Butter darauf.
Aber nun ist Clara in Fahrt. Sie knallt ihre Teetasse hart auf die Untertasse und sieht mich streng an.
„Wenn du den Sommer hier weiter verbringen willst, Fräulein, dann müssen wir hier mal etwas klären. Du stellst hier deine Füße unter meinen Tisch. Du bestreichst deinen Toast mit meiner Butter...“, (Ich lege meine Messer sofort weg, obwohl ich eigentlich vorhatte noch etwas Butter zu nehmen.), „...da ist es wohl doch mein gutes Recht, mich auch in deine Lebensführung einzuschalten...“, (zu mischen, denke ich), „..ohne, dass ich dafür mit frechen, patzigen Bemerkungen bestraft werde.“
Ich sehe sie nur ungläubig an. So ist das also. Ich bin definitiv vom Regen in die Traufe gekommen.
„Stimmt“, sage ich, „du hast Recht.“
Nun ist es Clara, die mich verdutzt ansieht. Damit hatte sie nicht gerechnet.
„Und weil das so ist“, fahre ich kühl fort, „gehe ich jetzt hinauf in mein Zimmer, packe und ziehe noch heute aus. Danke für deine liebenswürdige Gastfreundschaft, Clara. Es war sehr schön bei dir. Aber jetzt ist es Zeit für mich, weiter zu ziehen. Und das ist gut so.“
Dann verspeise ich flink meinen Toast, spüle ihn mit etwas Tee hinunter und verlasse die Küche.
Eine halbe Stunde später poltere ich mit meinem Rollenkoffer über den unregelmäßigen
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