Reispudding mit Zimt (German Edition)
einer Stunde in der Bude und bereite alles vor. Ich muss den Backteig anrühren. Der Fisch muss gespült und eventuell noch von größeren Gräten befreit werden. Die Fritteuse muss in Betrieb gesetzt werden. Und dann geht es los: im Sekundentakt ziehe ich den Fisch durch den Teig, lege ihn in die Fritteuse, brate Pommes, mache Portionen, reiche sie über die Theke, kassiere. Ich habe keine Zeit, mich hinzusetzten. Ich merke, dass ich noch nicht einmal Zeit habe, aufs Klo zu gehen und halte mich mit dem Trinken zurück. Wenn ich doch mal „muss“, schließe ich kurz ab, renne wie ein geölter Blitz zur öffentlichen Toilette und bin nach einer Minute wieder auf meinem Posten.
Zum Feierabend bin ich völlig erschossen. Da gilt es jedoch, die Bude sauber zu machen, die Fritteuse zu reinigen. Die Theke zu schrubben. Erst dann kann ich abschließen und zu Gladys und Len heimkehren.
Am Strand schlendern, lagern und lachen noch die entspannten Touristen. Die Sonne fällt in einem flachen Winkel auf das Meer. Da liege ich schon in meinem Bett und schlafe.
In den folgenden Tagen und gewöhne ich mich allmählich an diese Routine. Abends bin ich nach einem kurzen Schlummer dann meistens doch wieder so fit, dass ich zu Gladys in die Küche schlendern kann, um ihr beim Kochen über die Schulter zu schauen. Das Fischbraten erscheint mir dagegen furchtbar monoton und langweilig. Gladys' Küche ist für mich wie das Paradies. Anders als Clara hat sie gar kein Problem damit, mich auch mal an den Herd zu lassen. Dann steht sie neben mir, den Kopf auf eine Seite gelegt und sieht mir stumm zu. Wo die blöde Frau Thelen mir herein gepfuscht hätte, überlässt sie mich ziemlich mir selbst und bemerkt nur gelegentlich, in äußerst freundlichem Tonfall, ob ich nicht meinte, dass man es so-oder-so besser machen könne, oder ob ich schon mal daran gedacht hätte, dies-oder-das an die bestimmte Speise als Gewürz hinzuzutun. Wir stehen nebeneinander, kosten, rühren, salzen. Dabei herrscht so eine heitere, harmonische Stimmung, dass der ganze Stress des Tages wie von Zauberhand von mir abgleitet.
Len, als unser „Versuchskaninchen“, verfolgt alles sehr wohlwollend. Ab und zu sieht er in die Küche hinein, schnuppert und verlässt sie wieder schmunzelnd.
Oft betritt er die Küche von außen, durch die Gartentür. Len ist ein begeisterter Gärtner und zieht sein eigenes Gemüse. Dann legt er uns wortlos ein Bündel knackiger Möhren auf die Theke, oder ein Körbchen mit saftigen, süßen Tomaten. Gelegentlich schickt Gladys ihn gezielt hinaus, um ein Sträußchen Dill oder Kerbel oder Schnittlauch zu holen, was er sehr bereitwillig tut.
Ich bespreche mit Gladys mein Vorhaben, das Bratfischrezept „aufzuwerten“. Anders als Freddy, schlägt sie nicht die Hände über dem Kopf zusammen, sondern meint, dass wir es erst einmal in ihrer Küche ausprobieren sollten.
Ron Grimstone ist nicht umsonst so ein gefeierter Koch. Das Ergebnis ist einfach umwerfend. Nächste Woche werde ich es an den Touristen ausprobieren, das ist sicher.
„Und weißt du, wozu ich auch Lust hätte?“, frage ich Gladys am Sonntagabend, „ich würde liebend gerne den Fisch ein wenig garnieren, vielleicht mit etwas frischem Salat, oder so.“
Gladys und ich stehen Schulter an Schulter an ihrer Küchentheke. Das heißt, eigentlich sind ihre Schultern eine Handbreit unter meinen. Aber mittlerweile sehe ich trotzdem zu ihr auf, wenn auch im übertragenen Sinne, denn ich habe viel Achtung vor ihren Fähigkeiten.
Sie greift nach einem Bund Möhren, das Len früh aus dem Garten herein gebracht hat, schält sie und schnitzt mit einem scharfen Messer daran herum. Dann legt sie sie flach auf ein Schneidebrett und schneidet sie in regelmäßige Scheiben.
Ich staune wie ein Kind. Jede einzelne Scheibe hat die Form eines kleinen Fisches. Von der Farbe her könnte man meinen, es seien Goldfische.
„Ist das toll“, sage ich. „ich wünschte ich könnte das auch.“
Gladys lacht: „Genau so wie du gerade, haben die kleinen Amberlys auch immer gestaunt. Für die musste ich sie auch immer machen.“
Jetzt ist mein Ehrgeiz geweckt. Ich schnappe mir eine Salatgurke, schneide vier gleichmäßige Kerben längs hinein, lege sie auch hin und schneide auch Scheiben. Wie ich es mir erhofft habe, fallen grüne Sterne von der Klinge auf das Brett.
Gladys grinst mich von der Seite an.
„He“, sage sie, „du lernst schnell.“
„Hm“, ich mache ein Gesicht,
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