Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reitclub Wedenbruck

Reitclub Wedenbruck

Titel: Reitclub Wedenbruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
Vom Netzwerk:
Reitunterricht.“
    „Also nichts Halbes und nichts Ganzes“, brummte Mutsch. „Ein Jammer ist das. Daß Hubert sich da aber auch so hat reinlegen lassen, er ist doch ein guter Junge.
    Man möchte ihm schließlich nur das Beste wünschen.“
    „Der gute Junge, wie du ihn nennst, ist immerhin Mitte dreißig“, brachte Onkel Paul hinter einem riesigen Stück Pizza hervor, das er sich gerade in den Mund geschoben hatte. „Sind die Kräuter da drauf selbst gezogen? Erste Klasse, wirklich. Zu so etwas brauche ich jetzt einen guten Rotwein, schließlich sind wir heute italienisch.“ Mutsch lachte.
    „Lieber Gott, mach, daß mir meine guten Ausreden nicht ausgehen. Na schön, Bille, gib mal eine Flasche aus dem Regal rüber.“
    Bille holte eine Flasche von dem Südtiroler Landwein aus dem Fach und öffnete sie fachmännisch. Onkel Paul brummte anerkennend, als sie ihm zunächst einen Probeschluck einschenkte und sein zustimmendes Kopfnicken abwartete, bevor sie die Gläser füllte.
    „Ich habe ihn übrigens gestern im Krug getroffen“, berichtete Onkel Paul. „Er war nicht mehr ganz nüchtern. Überhaupt scheint er mir in letzter Zeit öfter einen zu heben.“
    „Das hat er früher nie getan“, sagte Bille ernst. „Komisch, daß er in den Krug geht, wo er doch jede Menge feine Kneipen vor der Nase hat, da drüben im Ferienpark.“
    „Das wundert mich überhaut nicht“, widersprach die Mutter. „Der Krug - das ist so etwas wie eine Heimat für ihn. Erinnerung an die Zeiten, als sein Leben noch normal verlief. Wer möchte noch ein Stück Pizza?“
    „Du!“ Onkel Paul grinste unverhohlen.
    „Ich mache Diät!“ beteuerte Mutsch.
    „Eben. Deshalb möchtest du ja auch so gern dieses letzte Stück Pizza verdrücken. Nun mach schon. Morgen gibt’s dann wieder nur Rohkost.“
    „Ihr seid gemein“, murmelte Mutsch und nahm sich das Stück. „Mich immer so in Versuchung zu führen!“
    „Hat Hubert irgend etwas gesagt?“ Bille kam noch einmal auf das Thema zurück.
    „Kein Wort. Er wird immer schweigsamer. Hat dagesessen, ein Bier und einen Korn nach dem anderen gekippt und vor sich hingestarrt.“
    „ Mannomann , wenn ich bloß wüßte, wie man ihm helfen könnte!“ seufzte Bille. „Onkel Paul, kannst du nicht irgend etwas machen?“
    „Dazu müßte er erst mal mit mir reden. Ungefragt kann ich mich da nicht einmischen. Aber ich werde mal darüber nachdenken.“
    Damit war Bille zunächst beruhigt. Sie hatte ohnehin zur Zeit mehr als genug zu tun. In der Schule mußte sie jetzt hart arbeiten, und jede weitere Stunde des Tages gehörte dem Training der Pferde. An den Wochenenden gab es Turniere, die oft - da es weite Strecken zu fahren galt - die gesamte Zeit beanspruchten. Und dann waren da noch die jungen Pferde, die zugeritten werden mußten, ein Gebiet, auf dem Bille Lehrling war, das sie aber besonders interessierte.
    Hier hatte sie außer Hans Tiedjen jetzt einen weiteren Lehrmeister: Mirko, der sich als geschickter und geduldiger Pferdeausbilder zeigte. Von Tag zu Tag freundete sich Bille mehr mit dem schweigsamen Mann an. Wenn er es auch nicht zeigte, er mochte Bille, das spürte sie, ihre Disziplin, ihre Offenheit Kritik gegenüber. Ihr Wunsch zu lernen, sich weiterzubilden und nicht zuletzt ihre Bescheidenheit gefielen ihm, der auf den großen Rennplätzen genug exaltierte und überhebliche junge Frauen kennengelernt hatte, die glaubten, mit ihrem Geld alles und jeden kaufen zu können. So weihte er Bille gern in die Geheimnisse des Umgangs mit rohen Pferden - wie man die noch nicht ausgebildeten nannte - ein.
    „Ich glaube“, sagte Bille nach einem Nachmittag intensiver Arbeit zu Mirko, „eines Tages werde ich gar keine Turniere mehr geben, sondern mich nur noch der Ausbildung von Pferden widmen. Es macht mir viel mehr Spaß!“
    Mirko nickte bedächtig. „Ja, so denke ich auch. Deshalb bin ich hergekommen.“
    Bille sah ihn fragend von der Seite an, wie er liebevoll den schweißnassen Braunen abschwammte und ihm dabei kräftig Rücken und Beine massierte. Sechs Jungpferde hatten sie in letzter Zeit nach Groß-Willmsdorf zur Ausbildung überstellt bekommen, und Mirko kümmerte sich um alle mit der gleichen Liebe und Sorgfalt.
    „Darf ich dich mal was fragen? Aber nicht böse sein, du mußt nicht antworten, wenn du nicht willst.“
    Mirko richtete sich auf. „Ich weiß schon, was kommt. Du willst wissen, warum ich nur als Pferdepfleger arbeite. Warum ich nicht Bereiter bin, stimmt’s?

Weitere Kostenlose Bücher