Reitclub Wedenbruck
geschah etwas, das ihn völlig aus dem Gleichgewicht brachte: ein heftiger Stich, dem ein brennender Schmerz folgte! Der Wallach bäumte sich auf und floh in rasendem Galopp vor weiteren Angriffen. Kaum einer im Internat saß so sicher auf dem Pferd wie Mini. Doch gegen diesen unerwarteten Blitzstart war sogar sie machtlos. In einem unfreiwilligen Salto wurde sie in den Baum katapultiert, dort hing sie zappelnd, während der mächtige Rappe in einer Staubwolke in der Ferne verschwand.
Caroline hatte wie in einem Reflex vor Schreck mehrmals auf den Auslöser gedrückt, jetzt warf sie die Kamera neben sich ins Gras und versuchte Mini zu helfen, die kläglich jammernd über ihr in den Zweigen hing.
„Nun hilf doch schon! Nein, nicht mir, Skyscraper sollst du zurückholen! Aua, oh, meine Schulter! Verdammt, nun lauf doch schon hinter ihm her!“
Caroline war sich darüber im klaren, daß das wenig Sinn hatte; zu Fuß würde sie den Wallach niemals einholen, es sei denn, er blieb stehen und wartete auf sie. Wichtiger schien es ihr, die Freundin, deren leichenblasses Gesicht verriet, daß sie Schmerzen hatte, aus ihrer gefährlichen Lage zu befreien.
Zum Glück nahte bereits Hilfe. Vom Wald her kamen zwei Reiter auf Schimmeln, die den Wallach als Handpferd zwischen sich genommen hatten. Skyscraper schien sich vollkommen beruhigt zu haben, friedlich lief er neben den anderen her.
„Daniel und Joy! Gott sei Dank, die werden uns nicht verraten!“ seufzte Caroline erleichtert auf. „Und Daniel kann dich da runterholen.“
Die beiden Reiter kamen heran und hielten vor Caroline, die stumm zum Baum hinauf zeigte.
„Kann mir mal einer verraten, was hier los ist?“ fragte Joy kopfschüttelnd. „Das ist doch Herrn Alberts Pferd, oder?“
Caroline war den Tränen nahe. „Ich weiß, es war blöd von uns, es tut uns ja auch leid! Aber wir wollten nur ein Foto für den Wettbewerb machen! Und dann kam die blöde Wespe, Skyscraper wurde wild und hat Mini in den Baum raufgeschleudert.“
„Ja, wie heißt es so schön? Die kleinen Vergehen straft der liebe Gott sofort“, bemerkte Daniel grinsend. „Warte, Mini, ich komme. Und ihr bringt inzwischen den Rappen in seine Box zurück. Kühlt den Wespenstich!“
Joy und Caroline entfernten sich mit Skyscraper, und Daniel ritt nahe an den Baum heran, in dem Mini inzwischen halb ohnmächtig vor Schmerzen hing. Daniel streckte die Arme aus und umfing die Kleine vorsichtig mit beiden Händen.
„Jetzt laß dich fallen.“
Mini sank kraftlos vor ihm aufs Pferd. „Meine Schulter! Meine Schulter tut so weh!“
„Keine Sorge, ich verfrachte dich so schnell wie möglich auf die Krankenstation.“
„Aber es soll doch niemand erfahren!“
„Das wird sich leider nicht vermeiden lassen. Wenn man etwas angestellt hat, muß man auch dazu stehen. Stell dir vor, Skyscraper wäre auf die Landstraße gerannt und mit einem Lastwagen zusammengestoßen! Es war ganz schön leichtsinnig von euch!“
„O Mann, weißt du, was du bist? Ein richtiger Opa!“ Mini liefen dicke Tränen übers Gesicht.
Daniel lachte. „Schimpf nur, das erleichtert. Hast recht, ich fühle mich auch schon total opamäßig . Trotzdem glaube ich nicht, daß du Skyscraper noch einmal ungefragt aus der Box holst. So, wir sind da.“
Daniel sprang aus dem Sattel und hob Mini vorsichtig herunter. Als er mit der Kleinen in der Krankenstation ankam, war sie ohnmächtig geworden. Wenig später fuhr sie ein Krankenwagen mit Blaulicht nach Neukirchen ins Kreiskrankenhaus. Die Schulter wurde geröngt und ein angebrochener Knochen festgestellt. Aus war es mit Reiten und Voltigieren für die nächsten Wochen, aus mit Turnieren und Training. Da war es nur ein geringer Trost, daß Caroline Mini nach ein paar Tagen das preisgekrönte Foto aufs Bett legte: ein fliehendes Pferd und darüber ein im Baum hängendes Mädchen.
Hubert hat Sorgen
„Wer gibt eigentlich Reitunterricht da drüben im Ferienpark?“ erkundigte sich Mutsch und stellte die Platte mit der Pizza auf den Tisch.
„Hm, das duftet ja traumhaft!“ Bille sog gierig den Duft nach frischem Oregano und Knoblauch ein. „Du mußt in deinem vorigen Leben mal italienischer Bäcker gewesen sein. Den Reitunterricht im Ferienpark, fragtest du? Den gibt vorerst auch Hubert. Und ein Mädchen, das irgendwo mal eine Bereiterlehre gemacht hat und dann ins Büro übergewechselt ist. Jetzt arbeitet sie halbtags an der Rezeption des Ferienparks, und die übrige Zeit gibt sie
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