Reiterhof Birkenhain 03 - SOS Pferd verschwunden
solche Probleme.
Aber für Jule war das natürlich kein Grund aufzugeben. Da hatte sie schon ganz andere Sachen gemeistert! Fieberhaft dachte sie nach. Und tatsächlich! Auf den letzten Metern vor dem Unterstand kam ihr die zündende Idee. »Lass mich schnell rein, Mäuschen«, begrüßte sie Sally, öffnete das Absperrseil und führte sie auf die Wiese.
Rasch schüttete sie den Rest des Wassers in die anderen Eimer und schob sie in den Verschlag.
Wo war ihre Taschenlampe? Ungeduldig kramte Jule in ihrem Rucksack herum. Da. Sie schaltete die Lampe an und suchte jetzt in dem Beutel nach einem kleinen, grünen Päckchen.
Hastig riss Jule die Folie auf und stopfte sich den Inhalt in den Mund. Sally war zurückgekommen und legte neugierig den Kopf auf Jules Schulter. Wie immer wollte die Stute etwas abhaben.
»Kaugummi ist doch nichts für Pferdemägen«, wehrte Jule das stürmische Betteln ab. Nach drei Minuten nahm sie das Kaugummi aus dem Mund und drückte es von innen in die Löcher der grauen Eimer. Dann goss sie etwas Mineralwasser hinein und hielt die Böden in das Licht der Taschenlampe.
Dicht! Na bitte!
Jule hatte gleich noch eine gute Idee. Um diese Zeit war garantiert niemand mehr im Golfclub. Warum sollte sie Sally nicht mitnehmen? Und zwar mit Sattel? Das hatte zwei Vorteile. Erstens: Sally konnte sich gleich an Ort und Stelle satt trinken. Zweitens: Sie konnte auf dem Rückweg zwei volle Eimer rechts und links an Sallys Steigbügel hängen.
Im Geiste klopfte Jule sich selbst auf die Schulter.
»Du bist ein kluges Mädchen, Jule Ahrend«, lobte sie sich und holte den Sattel.
Sally hatte überhaupt keine Angst über die niedrige Böschung zum Golfplatz hinüberzuklettern. Jule passte sorgfältig auf, dass sie in der Anlage nur über gepflasterte Wege gingen. Bloß keine Hufspuren hinterlassen. Der Teich hinterm Golf-Shop zog Sallys Aufmerksamkeit auf sich. Zielstrebig wollte sie auf das Wasser zugehen. Sie liebte es, aus Seen zu trinken.
»Halt, Mäuschen«, flüsterte Jule streng und ruckte kurz am Zügel. »Das geht heute nicht.«
Im Ufersand würde man jeden Hufabdruck deutlich sehen! Sie dirigierte das Pferd nach rechts um das Clubhaus herum zum Wasserhahn.
Sally trank etwa zwanzig Liter Wasser direkt auf der Anlage. Jule füllte die Eimer erneut, öffnete die Schnallen der Steigbügelriemen und hängte rechts und links einen vollen Eimer ein.
Als sie die Böschung hinter sich gelassen hatten, ließ Jule Sally stehen, ging ein paar Schritte zurück und verwischte mit den Sohlen die Hufspuren auf dem Wall. Leider erwies sich Jules großartige Steigbügel-Idee als Flop. Selbst im langsamen Schritt schaukelten die Eimer so stark hin und her, dass das meiste Wasser herausschwappte. Außerdem schlugen die Eimer seitlich gegen Sallys Bauch. Also auch nichts.
Noch zweimal in dieser Nacht stattete Jule dem Golfclub einen Besuch ab. Nun wieder ohne Pferd.
Erst weit nach Mitternacht kroch sie total erschöpft in ihren Schlafsack. Sie war heilfroh, dass sie so lange beschäftigt war. So konnte sie wenigstens die Gedanken an Herrn Jensen verdrängen. Und an ihre Eltern und Dr. Träger.
Obwohl sie hundemüde war, konnte sie nicht einschlafen. Unheimlich, wie laut nachts Blätter raschelten. Die Holzbretter unter ihr knarrten, wenn sie sich umdrehte. Und dass Grillen nachts Lärm machen, hatte sie auch nicht gewusst.
Und sie mutterseelenallein hier in der freien Natur. Niemand wusste, wo sie war. Wenn nun etwas passierte? Ein Überfall?
Ach was. Schnell wischte Jule den Gedanken weg. Schließlich konnte sie jederzeit zurückreiten, wenn sie wollte. Außerdem - Sally stand ja ganz nah und passte auf.
»Schlaf gut, Mäuschen«, flüsterte Jule noch, dann fielen ihr doch die Augen zu.
In dieser Nacht hatte Jule einen total verrückten Traum.
Sie sitzt auf Sally und trabt mit ihr durch ein endloses Blumenfeld, das bevölkert ist von zirpenden Riesengrillen. Jule trägt ein weißes, flatterndes Kleid. Sie sieht so schön auf Sally aus, dass von allen Seiten Tiere herbeikommen, die sie sehen wollen.
Elche senken ihre mächtigen Geweihschaufeln zum Gruß, Weißstörche klappern mit den Schnäbeln, Igel winken mit ihren Stacheln. Glücklich lachend grüßt Jule zurück - hier ein Scherz mit einem Kranich, da ein paar Worte mit Meister Lampe.
plötzlich tauchen hinter ihr zwei riesige Wesen auf -^raue, pferdeähnliche Gestalten mit Beinen aus Golfschlägern. Die Köpfe sehen aus wie Zinkeimer, die Ohren
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