Reizende Gäste: Roman (German Edition)
Lambert, und unwillkürlich knirschte er mit den Zähnen. Wie unsinnig, Philippa wie ein Kind zu behandeln, dem man nicht trauen konnte. Wenn sie das Geld ohnehin bekommen sollte, warum dann nicht gleich? Und warum vor ihr ein Geheimnis daraus machen? Weder sie noch Antony schienen auch nur die blasseste Ahnung zu haben, daß sie über kurz oder lang sehr vermögend sein würden; daß sie nie zu arbeiten bräuchten, wenn sie es nicht wollten; daß das Leben für sie einfach sein würde. Wenn Philippa seufzte und sich über den Preis eines neuen Schuhpaares ärgerte, dann hätte Lambert am liebsten geschrien: »Mein Gott, du könntest dir zwanzig solcher Paare leisten, wenn du wolltest!« Aber er beherrschte sich. Er wollte nicht, daß seine Frau plante, was sie mit dem Geld machen würde. Er hatte genügend eigene Pläne damit.
Er spähte im Rückspiegel auf einen Lagonda, der auf der Überholspur angerast kam, und sein Griff umschloß begehrlich das Lenkrad. Zwei Jahre, dachte er. Nur noch zwei Jahre. Momentan war sein einziges Problem die Bank. Lambert runzelte die Stirn. Für das Problem mit der Bank mußte er sich eine Lösung einfallen lassen. Blöde Trottel. Wollten die sich eine bald schon sehr reiche Person warmhalten oder nicht? In den letzten Wochen hatte ihn ein Idiot nach dem anderen angerufen, ihn um ein Treffen gebeten, wiederholt seine Kontoüberziehung beanstandet. Er würde etwas unternehmen müssen, bevor sie es sich in ihren beschränkten Kopf setzten, Philippa anzurufen. Sie hatte keine Ahnung von alledem. Sie wußte ja nicht einmal, daß er dieses dritte Konto hatte.
Wieder ging Lambert im Geiste die Möglichkeiten durch. Die erste war, sich mit den Bankleuten zu treffen, zuzugeben, daß er nicht das Geld hatte, den überzogenen Betrag zu zahlen, und eine Fristverlängerung zu erwirken, bis Philippa zu ihrem Geld kam. Eine Verlängerung von zwei Jahren? Undenkbar war das nicht. Sehr wahrscheinlich allerdings auch nicht. Sie könnten beschließen, daß sie eine größere Absicherung bräuchten. Vielleicht würden sie zur Sicherheit seinen Arbeitgeber anrufen wollen. Ein Schatten fiel über Lamberts Gesicht. Sie würden Richard anrufen. Dessen scheinheilige Einstellung dazu konnte er sich lebhaft vorstellen. Der vollkommene, organisierte Richard, der nie auch nur eine Gasrechnung ausstehen hatte. Er würde Lambert in sein Büro rufen. Er würde ihm einen Vortrag halten, wie man seinen Verhältnissen gemäß lebte. Er würde den verflixten Dickens zitieren.
Nein. Das kam nicht in Frage. Lambert hielt inne und holte tief Luft. Die dritte Möglichkeit bestand darin, die Piranjas in der Bank irgendwie bei Laune zu halten. Ihnen einen kräftigen Brocken Geld hinzuwerfen. Fünfzigtausend Pfund oder so. Gleichzeitig könnte er durchblicken lassen, daß er ihren Mangel an Vertrauen in ihn angesichts seiner zukünftigen Aussichten äußerst überraschend fand. Er könnte andeuten, daß er sein Geld auch anderswo hintragen konnte. Ihnen so richtig Schiß machen, dachte Lambert grimmig. Das war die beste der drei Möglichkeiten. Bei weitem die beste. Sie hatte nahezu keinen Nachteil – bis auf einen. Und zwar, daß er keine fünfzigtausend Pfund hatte. Noch nicht.
7
Als sie in die Einfahrt von »The Maples« einbogen, sah Philippa mit verschwommenem Blick von ihrem Kitschroman auf.
»Sind wir schon da?«
»Nein, wir sind auf dem verdammten Mars.«
»Ich bin noch nicht fertig! Gib mir zwei Minuten. Ich muß bloß noch schauen, wie es weitergeht. Ich meine, ich weiß, was geschehen wird, aber ich muß sehen …« Sie verstummte. Schon hatte sie ihre Augen wieder auf die Seite geheftet und verschlang den Text wie ein Junge sein Milky Way.
»Himmel noch mal!« sagte Lambert. »Also ich bleibe nicht hier sitzen!« Er stieg aus dem Wagen und schlug die Tür hinter sich zu. Philippa zuckte mit keiner Wimper.
Die Haustür stand offen, aber das Haus wirkte verlassen. Lambert stand in der Diele und blickte sich vorsichtig um. Keine Spur von Gillian. Richards Auto stand nicht da; vielleicht gingen er und sein Rotschopf zusammen spazieren. Vielleicht war gar niemand zu Hause. Womöglich hatte er das Haus für sich allein.
Lambert lachte sich heimlich ins Fäustchen. Das hatte er nicht erwartet. Er hatte gedacht, er müßte sich nachts hinausschleichen oder vielleicht sogar auf ein anderes Mal warten. Aber besser konnte es ja gar nicht sein. Er konnte seinen Plan unverzüglich in die Tat umsetzen.
Rasch
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