Reizende Gäste: Roman (German Edition)
Schreibtisch, um noch einen Kaffee zu bestellen.
»Tja, das ist ja schon mal was, nehme ich an.«
Das Geld gehörte ihm. Praktisch jedenfalls. Sobald Philippa dreißig wurde … Gereizt klammerte Lambert sich noch fester ans Steuer. Was war an dem Alter von dreißig so magisch? Was hätte sie im Alter von dreißig, was sie im Alter von achtundzwanzig nicht hatte?
Als Emily ihm zum erstenmal von Philippas Geld erzählt hatte, da hatte er gedacht, Philippa bekäme es gleich. Nächste Woche. Er hatte ein unbändiges Hochgefühl verspürt, das sich auch in seinem Gesicht gezeigt haben mußte, denn sie hatte gelächelt – ein zufriedenes Lächeln – und gesagt: »Natürlich kommt sie erst mit dreißig daran.« Und er hatte ihr Lächeln erwidert und gesagt: »Natürlich«, obgleich er sich eigentlich gedacht hatte: ›Warum nicht gleich?‹ Verdammt noch mal, warum nicht gleich?
Verfluchte Emily. Natürlich hatte sie das absichtlich so eingefädelt. Es ihm früh erzählt, so daß sie beobachten konnte, wie er wartete. Es war lediglich ein weiteres ihrer Machtspiele. Unwillkürlich mußte Lambert lächeln. Er vermißte Emily. Sie war die einzige in der verdammten Familie, mit der er sich auf Anhieb verstanden hatte, gleich von ihrer ersten Begegnung an. Das war bei einem Firmenempfang gewesen, kurz nachdem er als technischer Leiter eingestellt worden war. Sie hatte still neben Richard gestanden und den lustigen Anekdoten des Marketingdirektors gelauscht – eines Mannes, der sie, wie später ans Licht kam, anwiderte. Lambert hatte sie in einem Moment erwischt, als sie sich unbeobachtet glaubte – und sofort hatte er hinter der freundlichen, fügsamen Fassade die stählerne Verachtung erkannt. Er hatte die wahre Emily gesehen. Als sie seinen Blick auffing, war ihr eindeutig klar geworden, wieviel sie von sich preisgegeben hatte. »Stelle mich doch bitte diesem netten jungen Mann vor«, hatte sie Richard unverzüglich gebeten. Und als sie sich die Hände schüttelten, hatte sie den Mund unmerklich anerkennend verzogen.
Zwei Wochen darauf war er fürs Wochenende nach »The Maples« eingeladen worden. Er hatte sich einen neuen Blazer gekauft, mit Richard Golf gespielt und mit Emily Spaziergänge durch den Garten gemacht. Den Großteil des Gesprächs hatte sie bestritten. Sie hatte über eine Reihe unbestimmter, augenscheinlich unzusammenhängender Themen gesprochen. Ihr Abneigung gegen den Marketingdirektor; ihre Bewunderung für diejenigen, die etwas von Computern verstanden; über ihren Wunsch, daß Lambert die restliche Familie kennenlernte. Einige Wochen darauf war der Marketingdirektor gefeuert worden, weil er Computerwerbeschriften voller peinlicher Fehler versandt hatte. Das war ungefähr zur gleichen Zeit, erinnerte sich Lambert, zu der Richard Lamberts Firmenwagen durch einen höherwertigen ersetzt hatte. »Emily hat mich ausgescholten«, hatte er mit einem Lächeln gesagt. »Sie glaubt, wir verlieren Sie, wenn wir Sie nicht anständig behandeln!«
Und dann war er wieder nach »The Maples« eingeladen und mit Philippa bekanntgemacht worden. Auch Philippas Freund Jim war dagewesen, ein langer Lulatsch von zweiundzwanzig Jahren, der gerade sein Studium abgeschlossen hatte und sich über seine weiteren Pläne noch nicht im klaren war. Aber wie Emily später allen im Clubhaus erklärt hatte, war Philippas Herz Lambert förmlich zugeflogen. »Beim sechzehnten Loch!« hatte sie lachend hinzugesetzt. »Philippa verlor ihren Ball in diesem morastigen Abschnitt. Beim Suchen rutschte sie aus und flog in Lamberts Arme. Der hob sie einfach hoch und trug sie zurück zum Fairway!« Bei der Erinnerung runzelte Lambert nun die Stirn. Philippa war schwerer gewesen als erwartet; als er sie aus dem Morast herausschleppte, hatte er sich beinahe einen Muskel gezerrt. Andererseits war sie auch reicher gewesen als erwartet. Er hatte Philippa in der Meinung geheiratet, daß er sich dadurch finanzielle Sicherheiten erkaufte. Damit, daß er tatsächlich extrem vermögend sein würde, hatte er nicht gerechnet.
Er blickte aus dem Autofenster. Die trübseligen Vorstädte Londons gingen allmählich in die Landschaft Surreys über; in einer halben Stunde würden sie in Greyworth sein. Philippa neben ihm schwieg, sie war vertieft in einen ihrer romantischen Kitschromane. Seine Frau, die Millionärin. Die Millionärin, wenn Emily die Wahrheit gesagt hatte. Bloß daß sie keine Millionärin war, noch nicht. Ein vertrauter Unmut packte
Weitere Kostenlose Bücher