Reizende Gäste: Roman (German Edition)
Geburtstag«, echote Zara und blieb auf der Türschwelle stehen. Ihr Blick wanderte vorsichtig durch den Raum und blieb an der Gold Card hängen, die zwischen dem Einpackpapier auf dem Tisch glitzerte. Ihre Augen schweiften zu Fleur, dann wieder zur Gold Card. »Logisch«, sagte sie. »Mein Geburtstag!«
»Schatz, wir möchten, daß der Mittwoch ein ganz besonderer Tag für dich ist«, erklärte Fleur. »Mit einem Kuchen und Kerzen und …« Vage breitete sie die Hände aus.
»Knallbonbons«, meinte Zara tonlos.
»Knallbonbons! Was für eine gute Idee!«
»Tja, dann ist ja alles klar«, meinte Richard. »Ich muß jetzt noch ein paar Telefonate führen.« Er erhob sich.
»Wenn du eine Fahrgelegenheit nach Guildford brauchst, dann sag’s«, meinte Gillian zu Fleur. »Ich hätte da auch so einiges zu erledigen.«
»Das wäre nett.«
»Und was habt ihr zwei vor?« wandte sich Richard an Antony.
»Keine Ahnung«, meinte Antony. Zara zuckte die Achseln und hatte die Lider gesenkt.
»Nun«, meinte Richard. »Bestimmt fällt euch etwas Schönes ein.«
Während Zara ihr Frühstück aß, starrte sie direkt nach unten und mied Antonys Blick. In ihrer Brust brannte eine wütende Enttäuschung; sie war sich nicht sicher, ob sie nicht jeden Moment in Tränen ausbrach. Fleur hatte eine Gold Card bekommen. Was hieß, daß sie weiterziehen würden. Sobald Fleur abgesahnt hatte, waren sie fort.
Es war, wie wenn man einen Ball aufprallen ließ, hatte Fleur ihr vor ein paar Jahren erklärt, als sie in einem Flughafenrestaurant saßen und auf ihr Flugzeug warteten.
»Du nimmst die Gold Card, und du hebst etwas Geld ab. Am nächsten Tag tust du es zurück. Dann hebst du etwas mehr ab und bringst das wieder zurück. Und so machst du immer weiter, läßt den Ball höher und höher springen, bis es nicht mehr höher geht – und dann raffst du das ganze Geld zusammen und verschwindest!« Sie hatte gelacht, und Zara hatte in ihr Gelächter mit eingestimmt.
»Warum raffst du es nicht gleich am Anfang zusammen?« hatte sie wissen wollen.
»Zu verdächtig, Schätzchen«, hatte Fleur geantwortet. »Du mußt dich allmählich hocharbeiten, damit keiner etwas merkt.«
»Und woher weißt du, wann du nicht mehr höher gehen kannst?«
»Das weiß man nicht. Das versucht man herauszufinden, bevor man anfängt. Ist er reich? Ist er arm? Wieviel an Verlust kann er sich leisten? Aber da muß man einfach raten. Und das ist Teil des Spiels. Zweitausend? Zehntausend? Fünfzigtausend? Wer weiß schon, wo die Grenze liegt?«
Fleur hatte wieder gelacht, und Zara auch. Damals hatte sie das lustig gefunden. Ein gutes Spiel. Doch jetzt wurde Zara allein bei der Idee daran schon übel.
»Möchtest du schwimmen gehen?« Antonys Stimme riß sie aus ihren Grübeleien.
»Oh.« Unter großen Mühen hob Zara den Kopf und erwiderte seinen Blick. Er sah sie mit einem eigenartigen Ausdruck an, fast so, als wüßte er, was gespielt würde.
Unvermittelt wurde Zara von Panik ergriffen. Ihre Miene wurde wachsam. In all den Jahren der Heuchelei hatte sie sich noch nie einen Schnitzer geleistet. Sie durfte nun nicht leichtsinnig werden. Wenn sie Antony die Wahrheit sagte, dann würde Fleur ihr das nie verzeihen, und deshalb würde es nie dazu kommen, daß sie ihren Vater kennenlernte.
»Logisch.« Sie zwang sich zu einem lässigen Ton und zuckte die Achseln. »Warum nicht.«
»Okay.« Noch immer sah er sie seltsam an. »Ich hole meine Sachen.«
»Okay«, sagte sie. Und sie blickte auf ihre Schüssel mit den Honey Nut Loops und sah erst wieder auf, als er fort war.
Oliver Stendale sei zwar in seiner Kanzlei, informierte seine Sekretärin Richard am Telefon, aber er wolle jeden Moment in den Urlaub aufbrechen.
»Ich brauche nicht lange«, erwiderte Richard fröhlich. Während er darauf wartete, daß Oliver an den Apparat ging, sah er sich in seinem langweiligen, ordentlichen Arbeitszimmer um und wunderte sich, daß er nie einmal auf den Einfall gekommen war, es neu einrichten zu lassen. Die Wände waren in schlichtem Weiß gehalten, durch keine Bilder verschönert, der Teppich von einem funktionalen Schiefergrau. Keinen einzigen Gegenstand im Raum hätte man als schön bezeichnen können.
Dinge wie die Farbe einer Wand waren ihm zuvor einerlei gewesen. Doch nun sah er die Welt mit Fleurs Augen. Nun entdeckte er Möglichkeiten, wo es zuvor nur Tatsachen gegeben hatte. Er würde nicht länger in dieser öden Kiste sitzen. Er würde Fleur bitten, das Büro
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