Reizende Gäste: Roman (German Edition)
zurück.
»Zara«, mischte Gillian sich diplomatisch ins Gespräch. »Warum gehst du nicht in den Garten und pflückst mir ein paar Erdbeeren?« Kurze Zeit herrschte gespanntes Schweigen. Zara funkelte Fleur an.
»Okay«, sagte sie schließlich und erhob sich.
»Und vielleicht finde ich ja später Zeit, Johnny anzurufen«, sagte Fleur, während sie ihre Fingernägel begutachtete. »Aber nur vielleicht.«
Lambert näherte sich der Krisis. Er saß in seinem Büro, zerfetzte Papier und stierte aus dem Fenster, unfähig, sich zu konzentrieren. In den letzten Tagen hatte er sage und schreibe drei Nachrichten von Erica Fortescue von der First Bank erhalten, in denen er aufgefordert wurde, sie umgehend zu kontakten. Bislang hatte er es geschafft, ein Gespräch mit ihr zu vermeiden. Aber er konnte nicht ewig davonlaufen. Was, wenn sie in sein Büro kam? Was, wenn sie Richard anrief?
Mittlerweile belief sich seine Kontoüberziehung auf dreihundertunddreißigtausend Pfund. Lambert spürte, wie ihm bei dem Gedanken daran der kalte Schweiß ausbrach. Wie hatte es soviel werden können? Wie hatte er soviel ausgeben können? Was konnte er dafür vorzeigen? Er hatte ein Auto, ein paar Klamotten, ein paar Uhren. Er hatte ein paar Freunde; Kumpels und ihre Frauen, die er sich mit Brandyflaschen im Club, mit Eintrittskarten für die Oper oder fürs Kricket gekauft hatte. Er hatte immer vorgegeben, er würde Freikarten verteilen; seine Freunde hatten ihm das jedes Mal abgenommen. Wenn sie je erfahren hätten, daß er alles aus der eigenen Tasche zahlte, dann wären sie peinlich berührt gewesen; hätten ihn womöglich ausgelacht. Nun errötete Lambert vor zorniger Demütigung. Wer waren diese Freunde? Gedankenlose Idioten, an deren Namen er sich kaum erinnern konnte. Und nur, damit die sich amüsieren konnten, hatte er sich so in Schwierigkeiten gebracht.
Verdammt noch mal, was für ein Spiel hatte Emily mit ihm getrieben, als sie ihm sagte, aus ihm würde ein reicher Mann? In Lambert stieg kalte Wut auf, und er verfluchte sie dafür, daß sie tot war, verfluchte sie dafür, daß sie sich davongemacht hatte, ohne alles geklärt zu haben. Was stimmte nun? Würde Philippa einmal reich sein? Würde dieses Geld ihr gehören? Oder hatte Richard sich eines anderen besonnen? War die ganze Geschichte mit dem Treuhandvermögen ein Hirngespinst Emilys? Das traute er ihr durchaus zu, diesem manipulierenden Miststück. Sie hatte ihn in dem Glauben gewiegt, daß er reich würde; ihn ermutigt anzufangen, weit über seine Verhältnisse zu leben. Und nun war er verschuldet, und ihre Andeutungen und Versprechungen waren zu nichts zerronnen.
Die Sache war bloß – Lambert biß sich auf die Lippen –, daß er sich nicht sicher sein konnte, daß nicht doch noch etwas daraus würde. Nach wie vor bestand die verlockende Chance, daß Richard das Geld herausrücken würde. Vielleicht hatte er ja wirklich noch vor, etwas von diesem Geld für ein Treuhandvermögen für Philippa anzulegen. Möglicherweise würde sie mit ihrem dreißigsten Lebensjahr Millionärin werden, genauso, wie Emily es versprochen hatte. Oder womöglich hatte Richard nur beschlossen, etwas länger zu warten, bis sie fünfunddreißig war oder vielleicht vierzig.
Diese Ungewißheit war eine Qual. Und er hatte keine Möglichkeit, sich Klarheit zu verschaffen. Richard war ein heimlichtuerisches Schwein – er würde Lambert nie etwas verraten –, und Philippa wußte natürlich von nichts. Philippa hatte doch von rein gar nichts eine Ahnung. Unvermittelt stieg die Erinnerung von Philippas rotem, verzerrtem Gesicht vom Vorabend in ihm hoch. Als er aus dem Haus gestürmt war, hatte sie schluchzend auf dem Sofa gesessen; seitdem hatte er sie nicht mehr gesehen.
Auf ihre schwache Drohung hin, ihn zu verlassen, hatte er überreagiert; das begriff er nun. Natürlich hatte sie es nicht wirklich so gemeint; Philippa würde ihn nie verlassen. Aber in der Sekunde, als sie es sagte, hatte sie ihn außer Fassung gebracht. Eine Woge der Panik hatte ihn erfaßt und die Überzeugung, daß er sie aufhalten mußte, egal, was es kostete. Er mußte mit Philippa verheiratet bleiben; er mußte zusehen, daß alles normal weiterlief, zumindest, bis er wußte, was Sache war. Und so hatte er sie angegriffen. Vielleicht war er etwas zu weit gegangen, vielleicht hatte er sie ein bißchen zu sehr verletzt. Aber zumindest hatte er ihr damit eine Weile den Mund gestopft und hatte Zeit, seine Angelegenheiten auf
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