Relaistation Venus
langsame Neutronen umstellen. Das würde ihn sicherlich überzeugen, seine Verbrecherlaufbahn aufzugeben.«
»Ah, er legt Wert auf Abwechslung«, spöttelte Arden. »Du willst also ein Schiff auf einen Elektronenstrahl aufspießen, das zweite auf einen Strahl aus U-235-Ionen – und was machst du mit dem dritten?«
»Ich werde mir noch was einfallen lassen«, versicherte ihr Channing grinsend. »Einige hundert Kilo U-235 sollten die Dinge jedenfalls ins Rollen bringen.«
»Oder vielleicht sie verschwinden lassen«, sagte Franks. » Puff! Kein Schiff mehr, nur noch eine weißglühende Masse, die in die Sonne fällt. Nur gut, daß wir hier kein reines U-235 oder ein größeres Quantum an Plutonium haben. Wir brauchten nur hin und wieder ein paar Neutronen einzufangen, und ich könnte keine Nacht mehr schlafen.«
»Jetzt kennen wir uns jedenfalls aus. Also, ans Werk! Wir haben mehr als genug zu tun für die nächsten dreieinhalb Tage.«
Während dieser Tage schufteten alle wie die Irren. Es war nicht einfach, die schweren Bauteile zum Drehturm hinunterzuschaffen, aber schließlich waren sie an der Außenhülle installiert und man konnte die gähnenden Löcher in den Wänden und Böden wieder schließen. Die Ingenieure saßen stumm über ihren Berechnungen, von ihnen war nur das Kratzen der Stifte auf Papier und manchmal das der Fingernägel am Kopf zu hören. Das am meisten konsultierte Buch war ein dicker Wälzer über Atomphysik; gleich danach kam eine Tabelle von Integralen. Das Büropersonal hatte die dankbare Aufgabe, die Bibliothek nach Nachschlagwerken über hochbeschleunigte Elektronen auf den Kopf zu stellen. Kilometer von Kabeln wurden hinunter zum Drehturm gelegt, und die Techniker brannten bei ihren Versuchen eine Sicherung nach der anderen durch. Glücklicherweise blieb das Ganze von außen völlig unauffällig, sonst hätte Murdoch sich vielleicht Gedanken gemacht. Die Arbeitsmannschaften machten provisorische Verdrahtungen unter großzügiger Auslegung von Belastbarkeiten und erklärten schließlich, daß die Strahlablenkung funktionieren würde – wenn die Berechnungen stimmten.
»Das will ich schwer hoffen«, brummte Channing. Er war hundemüde, hatte Ringe um die Augen und war drei Tage nicht mehr aus seinem Kittel gekommen.
»Sie werden schon stimmen«, murmelte Franks, der in keinem besseren Zustand als Don war.
»Na hoffentlich«, brummte Channing düster. »Der erste Strahl aus dem Geschütz wird schon allein durch seine elektrostatische Kraft Murdochs Meteordetektor aktivieren. Seine Lafetten, die, wie du gesagt hast, mit dem Detektor gekoppelt sind, schwenken sich dann auf unseren Drehturm ein und so kann er es uns geradewegs ins Betatron geben. Also müssen wir ihn vorher erwischen.«
»Don«, fragte Walt besorgt, »wie können wir die Ladung für die Station ersetzen? Nicht, daß es uns geht wie dem Ballspieler, der aufhören mußte, weil er alle Bälle verschossen hatte. Unsere Dicke Berta wird sich zur Ruhe setzen, sobald uns die Elektronen ausgehen – oder wenn die positive Aufladung so hoch wird, daß das Betatron die elektrostatische Anziehung nicht mehr überwinden kann.«
»Die Station ist wie ein freies Gitter in einer Elektronenröhre«, erinnerte ihn Channing lächelnd. »Sobald wir Elektronen verschießen, wird die gute alte Sonne zur heißen Kathode, und wir sammeln die Elektronen wieder ein, bis die Ladung ausgeglichen ist.«
»Und was passiert mit dem Burschen, der sich gerade versehentlich wo festhält, wenn wir die Millionenspannung durchjagen? Kann er sich nach einer Woche – wenn er wieder zu sich kommt – von der Wand kratzen, oder können wir ihn zum Gefrieren von Eiswürfeln hernehmen?«
»Daran habe ich noch nicht gedacht«, gestand Channing. »Eines steht jedenfalls fest: Ihre persönliche Aufladung darf nicht sehr hoch werden. Wenn wir sie isolieren und in ihre Raumanzüge stecken, dürfte ihnen eigentlich nichts passieren, solange sie nicht so dumm sind, etwas anlangen zu wollen. Der elektrische Widerstand des Raumanzugs ist groß genug, um zu verhindern, daß alle ihre Elektronen auf einmal abgezogen werden. Ich erinnere mich an die Experimente mit den ersten Van-de-Graaff-Generatoren mit ein paar Millionen Volt – der Techniker saß im Innern der aufgeladenen Kugel, weil es der einzige Platz war, wo er nicht von einem künstlichen Blitz getroffen werden konnte. Es wird nicht ausgesprochen angenehm für uns sein, aber es bringt uns nicht um. Also:
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